Canned Heat / Stockholm 1973
Stockholm 1973 Spielzeit: 49:34
Medium: CD
Label: Cleopatra Records, 2015 (1973)
Stil: Blues'n'Boogie


Review vom 05.07.2015


Markus Kerren
Das in den Anfangsjahren so stabile Line-up von Canned Heat gehörte spätestens ab dem Herbst 1970 (und das ist bis zum heutigen Tag so) der Vergangenheit an. Zunächst war 1969 der Gitarrist Henry Vestine gefeuert (und von Harvey Mandel ersetzt) worden, im Jahr darauf nahm sich
Al Wilson das Leben und nur wenige Monate später stieg der Bassist Larry Taylor aus. Der gerade genannte Fakt führte zwar prompt dazu, dass Vestine ab sofort wieder dabei war, aber ansonsten war neben ihm, dem Sänger Bob 'The Bear' Hite und Schlagzeuger Fito de la Parra ein scheinbar ständiges Kommen und Gehen angesagt.
Im Jahr 1972 kam es dann zu einer Band-Zusammenstellung der bereits genannten Vestine, De la Parra und Hite, die durch Richard Hite (der jüngere Bruder des Bären) am Bass, Ed Beyer an den Tasten und James Shane an der zweiten Gitarre und Gesang ergänzt wurden. Eine Formation, die dem Verfasser dieser Zeilen besonders durch die Studioscheiben "The New Age" (1973) und "One More River To Cross" (1974) ans Herz gewachsen ist. Diese Ansicht wird ganz sicher nicht jeder Heat-Fan vertreten, aber zweifelsfrei brachten vor allem Ed Beyer und James Shane jede Menge frischen Wind (und einen Tritt in den Allerwertesten der Band) mit.
Zur Promotion von "The New Age" stand neben vielen weiteren Aktivitäten eine Europa-Tour auf dem Programm, die u. a. auch in RockTimes bereits sowohl hier als auch hier gewürdigt wurde. Aber auch im ein paar tausend Kilometer nördlich von Montreux liegenden Stockholm feierte die Band eine coole Party, die nun auf dem Album "Stockholm 1973" (wovon es ebenfalls Filmaufnahmen gibt) veröffentlicht wurde. Bezüglich des Sounds gebe ich hier auch gleich mal (verhaltene) Entwarnung. Dieser ist nämlich zwar immer noch nicht optimal, aber dennoch deutlich besser als der auf dem zeitgleich erschienenen Carnegie Hall 1971.
Hier geht Canned Heat gleich mit zwei ihrer größten Hits ("Let's Work Together" sowie "On The Road Again") an die Sache ran. Und zwar richtig, wie sich sehr schnell herausstellt, denn beide Nummern kochen von der ersten bis zur letzten Sekunde. Im direkten Anschluss dann der "Harley Davidson Blues" (gesungen von James Shane), in der Studioversion einer meiner absoluten Favoriten des gesamten Backkatalogs der Band. Shane stellt sich (nicht nur dabei) nämlich als ebenfalls hervorragender Sänger heraus und es ist mir bis heute schleierhaft, wieso über den Mann vor und nach seiner Zeit bei Canned Heat nullkommanix im weltweiten Netz zu finden ist...
Der folgende "Election Blues" (ebenfalls von "The New Age") ist ein ganz starker eben solcher, der auch herrlich die chaotisch-anarchistische Stimmung auf der Bühne einfängt, als Bob Hite die Band nach anderthalb gesungenen Zeilen anweist, die Nummer doch eine Tonlage tiefer anzustimmen (damit er sie dann auch singen kann). Logischerweise gibt es auch hier eine lange Version von "Shake'n'Boogie", die mit vielen Soli kaum was zu wünschen übrig lässt.
Nun soll es ja auch Leute geben, die der Meinung sind, dass die Band Canned Heat bereits 1973 am Ende war. Eine Sichtweise, die ich jedem zugestehe, allerdings für sehr gewagt (und persönlich schlichtweg arrogant) empfinde. Zweifelsfrei war Henry Vestine (*1944 - †1997) bereits zu diesem frühen Zeitpunkt ein Drogenwrack und auch der Frontmann Bob Hite (*1943 - †1981) ließ schon damals kein Glas mehr stehen und keine Droge liegen, die nicht schnell genug auf den Bäumen waren, aber die sechs Musiker lieferten nach wie vor starke Alben sowie Konzerte ab. Logischerweise anders, als das noch die Woodstock-Besetzung (oder eine davor) tat, aber deswegen noch lange nicht schlechter.
Wie immer sollte sich jeder sein eigenes Bild machen. "Stockholm 1973" ist auf jeden Fall ein sehr gutes Zeitdokument (und "Carnegie Hall 1971" deutlich voraus) und die Tracklist überschneidet sich zu "Live In Montreux 1973" um lediglich drei Tracks. Außerdem will ich euch auch die beiden anfangs genannten Studioalben noch einmal ans Herz legen. Denn wer (um nur mal ein Beispiel zu nennen) den darauf befindlichen "Harley Davidson Blues" nicht schweinegeil findet, der trinkt sein Bier wahrscheinlich bis zum heutigen Tag noch ohne Schaum ...
Antesten, hinhören, Spaß haben, einkaufen, noch mehr Spaß haben und sich langfristig daran erfreuen!
Line-up:
Bob 'The Bear' Hite (harmonica, lead vocals)
Henry 'Sunflower' Vestine (lead guitar)
Adolfo 'Fito' de la Parra (drums)
James Shane (guitar, lead vocals - #3,5)
Richard Hite (bass)
Ed Beyer (piano, organ)
Tracklist
01:Let's Work Together
02:On The Road Again
03:Harley Davidson Blues
04:Election Blues
05:So Long Wrong
06:Shake'n'Boogie
07:Goodbye For Now
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