Canned Heat / The Boogie House Tapes Volume 3
The Boogie House Tapes Volume 3 Spielzeit: 71:43 (CD 1), 70:22 (CD 2)
Medium: Do-CD
Label: Ruf Records, 2008 (1967-1978)
Stil: Blues, Blues Rock


Review vom 05.01.2009


Jürgen Bauerochse
Nun gibt es ihn doch noch, den dritten Teil der "Boogie House Tapes" mit Raritäten aus den frühen Zeiten der kalifornischen Blues- und Boogie-Band Canned Heat. Nachdem Drummer und Bandleader Fito de la Parra nach dem Erscheinen von "Volume Two" verlauten ließ, dass nun wohl alle brauchbaren Tapes abgearbeitet wären, ist es doch noch gelungen, einen weiteren Twofer zusammen zu stellen.
So bleibt festzustellen, dass sich die Zusammenarbeit des Schlagzeugers mit dem Hardcore-Fan und -Sammler 'Dr. Boogie' Walter de Paduwa ein weiteres Mal gelohnt hat. Fast alles, was auf den beiden Silberlingen enthalten ist, war bis dato unveröffentlicht und ist vom Sound her auch in einem brauchbaren Zustand. Natürlich darf man hier keine Vergleiche zu den regulären Alben ziehen, aber der Klang steht auch nicht so sehr im Fokus dieser Aufnahmen. Eine weit größere Bedeutung hat die historische Aufarbeitung der Songs.
So sind auf der ersten CD ausschließlich Live-Mitschnitte aus den Jahren 1967 bis 1970 zu hören, bei denen Alan Wilson noch dabei war. Bis heute ist sein Harp-Spiel unvergessen, doch auch die Gitarren-Arbeit konnte sich durchaus hören lassen. So steht seine 'Einleitung' beim Woodstock-Festival auf der Slide gleich am Anfang des Longplayers. Diese Töne gingen damals um die Welt und eröffneten die sensationelle Show von Canned Heat bei der 'Mutter aller Festivals'.
Auch die anderen Konzertaufnahmen zeigen die ganze Dynamik dieser Band in ihrer größten Phase. So sind mit "You Don't Have To Go" und "I'm Her Man" zwei Songs vom Fillmore West-Gig 1969 dabei, bei dem Henry Vestine mitten im Konzert gefeuert und durch Harvey Mandel ersetzt wurde, der sich dann auch gleich prächtig ins Bandgefüge einpasste. So ein Besetzungswechsel dürfte in der Geschichte der Rockmusik wohl auch so ziemlich einmalig gewesen sein.
Drei Titel stammen aus dem Jahr 1970. Nun war Tony de la Barreda für Larry Taylor am Bass und Henry Vestine (das erste Mal) wieder zurückgekehrt. "Too Much Drivers", "Future Blues" und "So Sad" sind mit ihrer ganzen Power nicht zu toppen. Vestines laute und aufdringliche Gitarre bestimmt die Songs und zeigt die rohe Seite von Canned Heat.
Die Höhepunkte der ersten Scheibe bilden aber der "Project Blues" und die mehr als 13-minütige Version von "On The Road Again". Beide Songs wurden 1968 im Kaleidoscope aufgenommen, beim gleichen Gig, bei dem auch der legendäre Refried Boogie in der 41-Minuten-Fassung, entstand. Was muss das nur für eine geile Show gewesen sein! Alans Bluesharp, der Wechsel bei den Vocals zwischen Wilson und Hite, diese ungeheuere Wucht in der Rhythmus-Abteilung de la Parra/Taylor, hier passte einfach alles zusammen. Dazu kommen noch die Solo-Einlagen von Henry Vestine und Larry Taylor und machen diese Version zu der stärksten, die ich von diesem Kult-Titel je gehört habe.
CD 2 enthält Aufnahmen aus den Jahren 1971 bis 1978 in verschiedenen Besetzungen. Die Tonqualität ist jetzt besser als auf der ersten Scheibe, allerdings befand sich nun die Band musikalisch auf dem absteigenden Ast. Los geht's gleich wieder mit "On The Road Again", diesmal aus dem Jahr 1973 und mitgeschnitten in Deutschland (leider ist nicht ersichtlich wo). Das Line-up ist dasselbe, wie auf der DVD Live At Montreux 1973, also mit James Shane und Richard Hite. Natürlich ist die Musik qualitätsmäßig nicht mehr ganz so hoch, denn 'Blind Owl' Wilson ist eben nicht zu ersetzen.
Von eben diesem Konzert in der Schweiz stammt auch "Midnight Special Boogie" und der "Election Blues", bei dem Canned Heat Clarence 'Gatemouth' Brown begleitet, der seine Violine sehr schön zum Einsatz bringt.
Mit "Black Jack Blues" und "She's Looking Good" sind zwei Studio-Tracks dabei, die als Outtakes bei den Sessions zum "Human Condition"-Album, übrigens dem letzten Studioalbum mit Bob Hite, übrig geblieben waren. Beide Aufnahmen zeigen nochmals, was für ein großer Shouter 'The Bear' doch war.
Canned Heat und die Chambers Brothers rockten 1978 zusammen auf dem Tribal Stomp Festival. Dieses Ereignis ist hier mit "Open Up Your Back Door" festgehalten, einem herrlich groovenden Boogie, bei dem Bob den Vorsänger gibt und die Chambers Brüder vokalistisch herrlich in den Refrain einsteigen.
Die "Boogie House Tapes Volume 3" werden abgeschlossen mit zwei Live-Songs, die 1971 in der New Yorker Carnegie Hall aufgezeichnet wurden. Zu Gast bei "Hey Babe" und "I Feel Good" war damals John Lee Hooker, mit dem Canned Heat ja gerade das Album "Hooker'n Heat" eingespielt hatten. Hier allerdings lässt die Tonqualität doch sehr zu wünschen übrig.
Die dritte Ausgabe der "Boogie House Tapes" enthält also wieder eine Menge hoch interessante Raritäten von Canned Heat, die für jeden eingefleischten Fan der Band unverzichtbar sind. Neueinsteiger sollten aber lieber zunächst einmal auf die offiziellen Alben der Band zurückgreifen, bevor sie sich mit diesen Feinheiten auseinander setzen.
Für mich persönlich könnte es ruhig noch so einige Fortsetzungen dieser Serie geben, wenn sie sich weiter auf diesem Niveau halten können. Also Dr. Boogie, grab noch einmal ganz tief in deinen Archiven!
Tracklist
CD 1:
01:Alan's Intro (1:26)
02:World In A Jug (3:06)
03:You Don't Have To Go (5:35)
04:Project Blues (4:22)
05:Mi Huautia (4:31)
06:I'm Her Man (8:23)
07:Too Many Drivers (4:27)
08:Catfish Blues (8:53)
09:Future Blues (5:19)
10:So Sad (9:13)
11:Turpentine Moan (2:34)
12:On The Road Again (13:23)
CD 2:
01:On The Road Again (5:24)
02:Hill's Stomp (3:26)
03:Let's Work Together (4:22)
04:Black Jack Blues (6:53)
05:She's Looking Good (3:07)
06:Struttin' That Stuff (2:43)
07:Open Up Your Back Door (3:46)
08:Election Blues (9:01)
09:Midnight Special Boogie (3:23)
10:Before Six (4:42)
11:Feel Allright (7:20)
12:Hey Babe (5:38)
13:I Feel Good (10:02)
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