Bereits zwei Mal hatte ich die Gelegenheit, diese Truppe aus dem belgischen Hasselt live erleben zu können und beim soundmäßig besseren
zweiten Mal hörte ich, dass da auch bald eine runde Scheibe erscheinen sollte, um dieses Treiben für die Nachwelt festzuhalten. Und nun kam er mir unlängst in die Hände geflattert, dieser Debüt-Silberling mit dem schönen Titel "Wake-up Call". Durch die Shows, bei denen
Civilian aufgetreten war, konnte ich ja schon ein wenig zu einzelnen Songs sagen, war aber sehr gespannt, wie das alles richtig abgemischt und gemastert klingen würde. Zudem sind auf der CD auch ein paar mir bis dato völlig unbekannte Tracks enthalten, die mich ebenfalls neugierig machten.
Mit einem etwas gequält klingenden
»Say goodbye to the things you love…« startet der Opener "Everything Must Die" fast schon bedrohlich und geht nach der dieser Ansage sofort in ein hartes Riff über. Das runde Dutzend wird standesgemäß eröffnet und ich denke sofort daran, den Durchlauf dieses eingängigen Tracks zu wiederholen - kommt selten genug vor. Fette Gitarren von
David Dejeneffe und
Peter Vrancken hangeln sich an der treibenden, rhythmusgebenden Abteilung hoch und dazu bringt der Sänger
Mark van Luijk seine Einsätze klar und auf den Punkt. Wie auch im weiteren Verlauf der Produktion wechseln Tempo und Rhythmus galant und manchmal auch unverhofft. Mal werden wir von den dröhnenden Bassläufen
Christophe Beliëns mit einem flauen Gefühl in der Magengrube versorgt, mal sind die Double Bass-Salven
Johan van den Berghes dafür verantwortlich. Wer aber meint, hier ginge es nur um schnelles und lautes Geknüppel, der ist vollkommen auf dem Holzweg. Zwar hat sich die Band dem Rock der härteren Sorte verschrieben, aber sie schafft es, einen sehr interessanten Bogen von simplem, klassischem Hard Rock über modernere Einflüsse (um das böse Wort Grunge nicht benutzen zu müssen) bis hin zu klarem Metal zu spannen.
Logischerweise finden sich auch noch weitere Elemente der ja immer zerfahrener wirkenden Rock-Landschaft in der Musik
Civilians. Trotzdem wirkt das alles andere als unausgegoren und ziellos, die Jungs wissen genau, was sie wollen. Es ist etwas müßig, hier jeden Song einzeln vorzustellen, dennoch möchte ich einige Highlights hervorheben und mit dem Anspieltipp Nummer 2 (neben dem Opener) "High School Loser" weitermachen - achtziger Jahre Rock'n'Roll, eingängiger Refrain, beste Live-Qualitäten. "Hellwoman" zeichnet sich durch wirklich gelungene Gitarrenpassagen aus und dazu erklingen Töne, die man eher in Songs aus den Siebzigern erwartet hätte - heute gern auch mal als Stoner Rock bezeichnet. Wenn ich etwas später den Chorus von "No Respect" mit seinen Backings höre, muss ich unweigerlich an Passagen von
Uriah Heep denken, auch einer der besseren Tracks. Ebenso wie das danach folgende "Hallelujahland", das erst fast sanft begonnen wird, Spannung aufbaut und zur Metal-Exposion führt - und trotzdem sind da wieder melodische Gitarrenläufe in die harten Parts gebaut (wenn da mal jemand nicht bei den
Outlaws gehorcht hat…) - clever umgesetzt.
Mit dem regulären Durchlauf am Ende, ertappe ich mich dabei, fast schon voreilig auf die bereits angesprochene Taste zu drücken, da kommen noch weitere Töne aus den Speakern, bekannte Töne sogar. Und die ließen mich sofort in Gedanken an die
Heavy Metal-Cruise zu Beginn des Jahres denken, zu deren Anlass eben diese Band hier den Song "2000 Tons Of Metal" erdacht hatte. Schönes kleines Extra auf einer ohnehin schon tollen Scheibe, besonders für all diejenigen, die seinerzeit das Glück hatten, eine Eintrittskarte für die Cruise ergattern zu können.
Ich muss gestehen, alle Kleinigkeiten mal beiseite geschoben, ach, es sind ja fast nur Kleinlichkeiten, selten ein so gelungenes Debüt einer verhältnismäßig jungen Band aus diesem Genre vor die Nase gesetzt bekommen zu haben. Das ist eine äußert kurzweilige Angelegenheit geworden, der sich die Herren von Civilian da angenommen haben, denn kaum ein Song klingt wie der nächste. Jeder bietet unterschiedliche interessante Komponenten, manchmal auch etwas unerwartete. Mit den bereits aus früheren Bandmitgliedschaften vorhandenen Erfahrungen in puncto Plattenfirmen sind sie bewusst den Schritt der unabhängigen Produktion gegangen, um eben diese Finessen ihrer eigenen Kreationen umsetzen zu können. Respekt ist ja immer angebracht, wenn jemand auszieht, sein Ding zu machen. Kommt dieses Ding dann aber so fett rüber wie unser Weckruf hier, ist das schon eine feine und bemerkenswerte Sache. Hut ab, Kollegen, chapeau!