Deep Roots Of The Ramones
Deep Roots Of The Ramones Spielzeit: 38:22
Medium: CD
Label: Sireena, 2012
Stil: Rockabilly, Garage Rock, Psychedelic, Punk

Review vom 07.01.2012


Moritz Alves
Dass die Ramones ihren einzigartigen Sound nicht aufgrund anderer Punk-Bands entwickelt haben konnten, dürfte jedem Musikhistoriker sofort einleuchten. Dass die New Yorker Pioniere ihrerseits aber natürlich - wie jeder andere Musiker auch - von anderen Bands und Künstlern beeinflusst wurden, ist ebenso sonnenklar.
Nun gab es in der Kindheit von Joey, Johnny, Dee Dee und Tommy Ramone so etwas wie Punk noch gar nicht. Und auch in den Gründungsjahren der Band selbst kannte man allerhöchstens wüsten Garage Rock und Proto-Punk à la MC5, Stooges oder New York Dolls. Hört man sich die frühen Scheiben der Ramones sowie ihr großartiges Coveralbum "Acid Eaters" (1993) an, stellt man daher auch ganz von selbst fest, dass sich die musikalischen Helden der vier New Yorker zu großen Teilen aus dem Rockabilly der Fünfziger und dem Garagensound der Sechziger zusammensetzten.
Bekannte Coverversionen von Songs wie Surfin' Bird, "California Sun", Palisades Park oder "Needles And Pins" bestätigen dies.
Und natürlich ist auch das Coveralbum selbst vollgepackt mit Stücken von The Who, den
Rolling Stones, Jefferson Airplane, Bob Dylan oder Creedence Clearwater Revival.
Wer die Ramones-Einflüsse nun lieber aus erster Hand, nicht in Form von Coverversionen kennen lernen möchte, dem sei 18 Jahre nach dem Split der Band und gut zehn Lenze nach dem Ableben von Basser und Songwriting-Genie Dee Dee die schmucke Sireena-Veröffentlichung "Deep Roots Of The Ramones" ans Herz gelegt. Hier erhalten Fans wie Historiker 13 Titel plus zwei Bonustracks, die man gut und gerne als Ursuppe des typischen Band-Sounds bezeichnen kann. Ein bunter Reigen von Künstlern ist hier vertreten, der eine Gruppe prägte, die ihrerseits - trotz mangelnden kommerziellen Erfolgs - seither einen ungebrochenen Einfluss auf die Punk- und Indie-Szene hat.
Nahezu jedes der hier versammelten Stücke hätte auch auf dem genialen "Acid Eaters"-Album landen können, so dass man sich beim Hören dann und wann wehmütig einen zweiten Teil dieses Coverwerkes herbeiwünscht. Und der Johnny Thunders-Titel "I Love You" ist tatsächlich von den Ramones für ihr Abschiedsalbum "¡Adios Amigos!" (1995) nachgespielt worden. Von Sky Saxon, dessen Nummer "You Gotta Ride" hier zu hören ist, hatten die Punks die käsige Ballade "Can't Seem To Make You Mine" auf "Acid Eaters" untergebracht und die dort enthaltene Interpretation des Troggs-Hits "I Can't Control Myself" gibt es hier nun im Original zu entdecken.
Insgesamt ist "Deep Roots Of The Ramones" daher eine lohnenswerte Anschaffung für all diejenigen, die nach Herzenslust in der Historie der Punk-Pioniere stöbern und die Entstehung deren einzigartigen Sounds nachvollziehen möchten. Gleichzeitig bietet der Sampler selbstredend die Möglichkeit, sich intensiver mit den darauf zu findenden Musikern zu befassen und seinen Horizont in Richtung Rockabilly, Garage und Psychedelic zu erweitern.
Beinharte Ramones-Allessammler könnten wohl besonders von den beiden Dreingaben zum Erwerb des Silberscheibchens hingerissen werden, von denen meines Erachtens insbesondere die "Street Fighting Man"-Version interessant sein dürfte, die die Ramones - wohl Mitte der Achtziger - mit Heartbreakers-Gitarrist und Session-Musiker Walter Lure eindroschen, der hierfür auch den Gesang übernahm. Wären die Stones Punkrocker, ihr Klassiker würde wohl ganz ähnlich klingen.
Abgerundet und spannend gemacht wird "Deep Roots Of The Ramones" übrigens durch ein hübsches Booklet, das zu jedem Song ein Foto sowie Hintergrundinfos bereithält. Daumen hoch und Hut ab für so viel Akribie! Das Label Sireena Records zeigt hier mal wieder viel Liebe zum Detail!
Anmerkung: Sound-Aficionados sei noch mit auf den Weg gegeben, dass der Klang der einzelnen Aufnahmen teilweise (leider?) qualitativ ziemlich differiert. Sireena scheint hier durchweg die nicht nachbearbeiteten Original-Bänder verwendet zu haben.
Tracklist
01:Flamin' Groovies - Shake Some Action (3:28)
02:Johnny Thunders & The Heartbreakers - I Love You (2:22)
03:The Troggs - I Can't Control Myself (3:08)
04:Link Wray - Rawhide (2:08)
05:New York Dolls - Personality Crisis (3:59)
06:Carl Perkins - Everybody's Trying To Be My Baby (1:18)
07:MC5 - Looking At You (2:44)
08:Iggy & The Stooges - I Got A Right (3:18)
09:Gene Vincent - Hey Mama (Say Mama) (1:24)
10:Sky Saxon - You Gotta Ride (2:36)
11:Kim Fowley - Night Of The Hunter (2:09)
12:The Teen Kings feat. Roy Orbison - Ooby Dooby (2:01)
13:Jack Scott - The Way I Walk (2:40)
14:!Action Pact! with The Neurotics' Steve Drewett - Rockaway Beach (2:08)
15:Walter Lure & The Ramones - Street Fighting Man (2:57)
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