Neben sechzig Jahren dokumentiertem
Blues hier nun zum zweiten Geschäftszweig der Chicagoer Firma Delmark Records, zum Jazz.
»Mir persönlich ist die Auswahl allerdings nicht genug 'retro', aber das wird möglicherweise nur eine Mindermeinung darstellen.« So schrieb
Steve zum Schluss seiner Rezension zum Blues-Sampler. Genau das kann ich auch für die Jazzabteilung so stehen lassen. Der Schwerpunkt wurde auch hier auf die Neuzeit gelegt, eigentlich schade angesichts der Vielfalt des Angebots des Labels. Doch - ungeachtet dessen - ist es die Musik, die zählt und hinsichtlich dieser ist eine gute Auswahl getroffen worden.
Mit dem ersten Titel bekommen wir ein schönes Beispiel avantgardistischer Klänge geboten, obwohl eine gewisse Verbindung zur Vergangenheit besteht, sind doch Elemente alter Klänge aus New Orleans in die moderne Atmosphäre durch das Arrangement eingeflossen. Ansonsten bestimmen Vibrafon und kratzendes Saxofon das Bild und das Sax führt uns stilistisch in die Dreißiger nach Kansas City, ein starker Auftakt!
Kaum habe ich mich beschwert über die moderne Ausrichtung, erscheint ein Titel aus dem Jahr 1952, der sich anhört, als sei er in den Zwanzigern eingespielt worden, Dewey Jackson zieht mit seiner Truppe so richtige Stimmung durch. Ich kenne diese Art des New Orleans-Jazz noch von Frühschoppen.
Was sonst?
Nicole Mitchell unterhält uns mit feinen Flötentönen,
Eddie 'Lockjaw' Davis swingt mit einem bereits am BeBop orientierten Titel aus dem Jahre 1947 herüber, sein Sax ist aber auch noch in typischer Kansas City-Tradition verhaftet. Eine Interpretation eines Titels von
John Coltrane erfahren wir mit "Mr. PC", hart swingend und stark betont durch die rhythmische Unterstützung durch Congas. Sehr traditionell mit dem Akzent auf Sax und Hammondorgel bietet uns
Red Holloway gepflegte Unterhaltung, mit
Kahil El'Zabar werden wir mit dem großartigen
Billy Bang an der Violine wieder ein wenig in Richtung Avantgarde entführt. Bei
Jason Adasiewicz's Sun Rooms sind es wabernde Vibrafonklänge, bei
Sonny Stitt ein sanft klingendes Saxofon, auch hier wieder mit einer Hammond gepaart und die
Fat Babies, die junge Band, die sich heftig der Tradition verschrieben hat, verabschiedet uns aus dieser Kompilation mit einem ganz alten Song von
Fletcher Henderson, ein feiner 'Gute-Laune-Macher'.
Zwischendurch gibt es dann noch Beispiele zweier Bands, deren komplette Platten bereits von mir rezensiert wurden, einmal
Blue Skies von
Ira Sullivan und dann noch
Stellar Pulsations von
Rob Mazurek.
So bleibt festzustellen, dass mit einer solchen Ein-CD-Kompilation sicher nicht das ganze Programm von Delmark abgewickelt werden kann, aber die vorgestellten Beispiele immerhin eine gute Bandbreite verschiedener Stile des Jazz bieten, außer, dass der Bereich Free Jazz komplett ausgespart wurde. Mein Favorit ist eindeutig der Auftaktsong geblieben, mit
Josh Berman werde ich mich näher beschäftigen!