Where Blues Meets Rock - VIII
Where Blues Meets Rock - VIII Spielzeit: 67:00
Medium: CD
Label: Provogue Records, 2010
Stil: Blues, Bluesrock, Rock

Review vom 20.04.2010


Jürgen Hauß
Ich muss mal wieder 'eine Lanze brechen' für den Plattenladen meines Vertrauens, Mr. Music in Bonn. Nicht weil ich denke, dass er Werbung nötig hätte, so voll ist der Laden stets, wenn ich ihn besuche. Aber vielleicht doch, wer weiß das schon in Zeiten stetig sinkender CD-Verkäufe, in denen die 'Smart-Shopper' sich zwar stundenlang dort CDs anhören, letztendlich aber nicht dort sondern bei anderen Händlern kaufen, die aufgrund ihrer Größe bessere Einkaufskonditionen haben und daher günstigere Preise anbieten (könnten), oder aber die Tracks (legal oder illegal) downloaden.
Nein, ich muss Mr. Music erwähnen, weil er kürzlich die CD-Reihe "Where Blues Meets Rock" des Blues-Labels Provogue zu so unverschämt günstigen Preisen (günstiger als Amazon!) anbot, dass ich meine diesbezüglichen Lücken einfach schließen 'musste' und nunmehr die komplette bislang aus acht CDs bestehende Serie besitze.
Das zum niederländischen Independent-Label Mascot gehörende Label Provogue Records ist spezialisiert auf Gitarren-geprägten Blues Rock und hat so bekannte Künstler wie u.a.
Joe Bonamassa, Michael Katon, Walter Trout, Rick Derringer, Leslie West, Pat Travers, Carl Verheyen, Scott McKeon und Eric Gales unter Vertrag. Auch Julian Sas wird auf der Homepage genannt, doch hat der - soweit ersichtlich - lediglich ein Album auf Mascot veröffentlicht und ist zwischenzeitlich wieder zum ebenfalls niederländischen Label CoraZong zurückgekehrt.
"Where Blues Meets Rock" ist eine Reihe seit 1994 in unregelmäßigen Abständen veröffentlichter CDs, die ausschließlich auf die eigenen Vertrags-Künstler des Labels zurückgreift. Das beschränkt natürlich die Auswahl und führt dazu, dass einige Künstler ständig wiederkehren, aber das ist für sich genommen ja nichts Schlechtes. Auch kann ich darin, dass die einzelnen Scheiben dazu genutzt werden, Aufnahmen aus den aktuellen CDs der jeweiligen Künstler zu präsentieren und damit eine Werbung in eigener Sache sind, nichts Verwerfliches sehen. Vielmehr kann man sie - insbesondere angesichts des regelmäßig günstigen Preises - als 'Appetizer' nutzen, auch einmal noch nicht so bekannte Künstler kennenzulernen.
So ist jedenfalls Aktualität gewährleistet. Diese geht sogar soweit, dass die jüngste Ausgabe, die am 19. März 2010 erschienen ist, mit "When The Fire Hits The Sea" bereits einen Titel von Joe Bonamassa enthält, der auf seinem, am selben Tag erschienenen Album Black Rock veröffentlicht wurde. Auch Popa Chubbys erstmaliger Auftritt in dieser CD-Reihe mit "We Got Some Rockin' To Do" war gerade erst vier Wochen in den Plattenläden, bevor es jetzt auf "Vol. VIII" erschienen ist.
Nach den Liner-Notes sollen vereinzelt sogar Stücke verwendet worden sein, deren Veröffentlichung im Original zum jeweiligen Zeitpunkt erst noch bevorstand. Dies gilt jedenfalls auf der achten CD für mehrere Tracks, u.a. auch John Norums "Let It Shine", das ansonsten erst auf dem für Mai 2010 angekündigten "Play Yard Blues" (ein nettes Cover, auf dem er offenbar seinem fünfjährigen Sohn das Gitarre-Spielen beibringt!) erscheinen wird. John Norum? Ja, der Gitarrist der Hardrocker Europe, dem bereits der geschätzte 'Joe' Brookes eine Nähe zum Blues zugesprochen hat, ist mit seinen Solo-Alben seit einigen Jahren beim Mutter-Label Mascot, und vorliegend - zumindest mit "Let It Shine" - völlig zu Recht berücksichtigt.
Was also erwartet den Hörer auf "Where Blues Meets Rock"? Wem die eingangs bereits genannten Künstler nichts sagen, der braucht nicht mehr weiter zu lesen, denn er dürfte sich für - ich wiederhole mich gerne - Gitarren-geprägten Blues Rock - nicht interessieren. Und den anderen brauche ich eigentlich nichts mehr zu erzählen.
Die Reihe umfasst bislang acht CDs, exakt 100 Songs, aber nur 45 verschiedene Interpreten. Angesichts der Tatsache, dass einige Künstler insgesamt nur mit jeweils einem Titel vertreten sind, bedeutet dies, dass andere Musiker mehrfach vorstellig werden. Spitzenreiter insoweit sind
Dave Hole und Michael Katon, die auf den Alben I - VII jeweils einmal, also insgesamt sieben Mal vertreten sind. Auch Walter Trout mit sechs Notierungen sowie Joe Bonamassa mit vier Titeln sind relativ häufig vertreten, neben Omar & The Howlers bzw. Carl Verheyen mit jeweils fünf Beiträgen.
Ausgewiesene Bands sind in der Minderzahl, und Frauen haben es auf den ersten Blick überhaupt nicht ins Programm geschafft. Doch beim genaueren Hinsehen bzw. -hören entdecke ich mit Jan (!) James doch noch eine mir bis dato unbekannte (und auch auf RockTimes bislang nur gelegentlich erwähnte) Vertreterin des weiblichen Geschlechts, die den Männern in nichts nachsteht.
Das unten aufgeführte Track-Listing der aktuellen CD soll stellvertretend für alle anderen Scheiben die Hochkarätigkeit der jeweils enthaltenen Künstler belegen. Dass mit Philip Sayce ein Musiker gar mit zwei Titeln vertreten ist, ist eine Ausnahme (allerdings waren auf "Vol. VI" auch schon zwei Songs von Joe Bonamassa erschienen), aber wohl dem Umstand geschuldet, dass er im Referenzzeitraum (seit Erscheinen der letzten "Where Blues Meets Rock"-CD) zwei Alben herausgebracht hat bzw. das zweite Album unmittelbar nach "Vol. VIII" veröffentlicht werden sollte. Doch die beiden Stücke, die die vorliegende CD einleiten und abschließen, könnten unterschiedlicher nicht sein. "Changes" ist ein harter Opener, ein klassischer Bluesrock, während der Instrumental-Track "Alchemy" eher in die Rubrik 'Ballade' einzusortieren ist und das filigrane Gitarrenspiel des Protagonisten erkennen lässt. So wird bereits die musikalische Vielfalt deutlich, die diesen Künstler ausmacht.
Und dazwischen? Klassiker wie Rick Derringer bzw. Walter Trout, über die man nichts mehr sagen muss, aber auch 'Jungspunde' wie Stefan Schill oder Scott McKeon, deren Debut-Alben gerade erscheinen und den Bluesrock-Fan getrost in die Zukunft blicken lassen.
"Where Blues Meets Rock - Vol. VIII" ist somit ein Ausschnitt aus dem aktuellen Katalog von Provogue. Wenn man überhaupt etwas kritisieren möchte, dann vielleicht die Tatsache, dass das Booklet - wie auch in den früheren Ausgaben - äußerst spartanisch gestaltet ist. Es enthält außer den Angaben zu den einzelnen Tracks und den Original-Alben, denen sie jeweils entnommen sind, keine weiteren Angaben zu den Künstlern. Aber auch darauf hat Provogue eine überzeugende Antwort und verweist auf die Homepages der Künstler, da man selber nichts Besseres über sie aussagen könnte. Wie gesagt, die CD stellt eine Werbemaßnahme für den aktuellen Katalog dar und beansprucht nicht das Niveau eines Lexikons.
Bei mir hat die Werbung in eigener Sache jedenfalls den von der Plattenfirma gewünschten Effekt erzielt: Ich werde mich mit einzelnen, mir bislang unbekannten Künstlern näher beschäftigen - und das ist gut so!
Generell lässt sich sagen, dass die "Where Blues Meets Rock"-Reihe abseits dieser Aktualität auch noch geeignet ist für denjenigen Bluesrock-Hörer, der gerne Vielfalt mag, und dem eine ganze CD eines einzigen Künstlers - mag sie auch noch so gut produziert sein - irgendwann zu eintönig wird. Mit dieser Zielsetzung kann ich daher auch die alten Scheiben dieser Serie wärmstens empfehlen.
"Kuschelrock" war gestern - Bluesrock à la "Where Blues Meets Rock" ist heute und - in dieser Qualität - hoffentlich bald wieder auf's Neue!
Tracklist
01:Philip Sayce: Changes (5:14)
02:Joe Bonamassa: When The Fire Hits The Sea (3:54)
03:Walter Trout: The Love Song Of J.Alfred Blues Rock (6:13)
04:Popa Chubby: We Got Some Rockin' To Do (5:47)
05:Mitch Laddie: Here's A Drink (6:07)
06:Scott McKeon: I Can Tell (4:04)
07:Stefan Schill: Take On My Beliefs (4:49)
08:Rick Derringer: Knighted By The Blues (7:32)
09:Michael Landau / Robben Ford: The Darkness (6:12)
10:Gov't Mule: Railroad Boy (5:04)
11:Monte Montgomery: Everything About You (3:52)
12:John Norum: Let It Shine (4:56)
13:Philip Sayce: Alchemy (5:06)
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