Cullooden / Silent Scream
Silent Scream Spielzeit: 58:11
Medium: CD
Label: Dead End Exit Records, 2014
Stil: Prog Metal

Review vom 15.01.2014


Boris Theobald
Cullooden bringen so richtig frischen Wind aus Schweden mit. Nicht gleich zu wissen, wohin man die Band nun stilistisch stecken soll, tut gut und setzt ein paar Zahnräder in der Musikzentrale des Oberstübchens in Gang. Da oben entwickeln sich schnell zwei Favoriten-Fächlein: Melodic Metal - traditionell geradlinig und, klar: melodielastig - und Progressive Metal - gerne ungerade und empfänglicher für Spannung und Dramatik. Ohne Frage macht die Band Prog - man wechselt hörbar gern und richtig gut die Rhythmen und legt einen gehobenen technischen Anspruch an den Tag. Und dann spielt da noch eine gehörige Portion AOR/Melodic Rock mit rein. Die Chorus Lines überzeugen mit großem Mut zu umfangreichen Melodiebögen. Die Ecken und Kanten werden ausgelagert. Hart und düster, verfrickelt, furios und polyrhythmisch wird es freilich auch, aber vor allem in den Instrumentalparts. Der Refrain aber, der glänzt und glitzert mit positiver Power. Das erinnert klar an die frühen Circus Maximus - die tieftönigen Riffings an anderer Stelle an die späteren selben.
Die Schweden Cullooden hatten ja auch Zeit, die Entwicklung der norwegischen Genre-Kollegen gut zu verfolgen; schließlich haben Sänger/Rhythmusgitarrist Fredrik Joakimsson und Bassist Micke Södergren schon vor mehr als zehn Jahren damit begonnen, sich das Projekt und später die Band Cullooden zu erdenken - auch wenn das nun vorliegende Debütalbum "Silent Scream" nach zwischenzeitlichem Split erst ab 2011 so allmählich konkretisiert wurde. Inzwischen war und ist mit Gitarrist Jonas Ekestubbe ein drittes festes Bandmitglied an Bord. Die Drums (Daniel Beijbom) und die Keyboards (David Kastlund) werden von Gastmusikern beigesteuert. Dabei spielen die schwarzen und weißen Tasten keinesfalls eine untergeordnete Rolle. Überhaupt nicht: Das Keyboard ist mit seiner melodischen sowie atmosphärischen Zuarbeit omnipräsent und rückt bei einigen reichlich verproggten Doppel-Soli mit der Gitarre in den Vordergrund.
Auf "Silent Scream" finden sich zwar mit "Our Only Desire" (Melo-Bombast à la Magnum) und "The Progress" (knifflig vertrackt) durchaus Nummern, die deutlich entweder den AOR- oder Prog Metal-Stempel bekommen. Beim Gros der Stücke kreuzt man aber beides sehr geschickt und nahtlos; und das ist auch die große Stärke von Cullooden. "Endless Tears" und "Star Of The Night" glänzen mit euphorisierend-melodischen Hooklines, die ganz und gar untypisch für Prog Metal sind. So was erwartet man eher von Melodic Rock-Gruppen wie H.E.A.T oder W.E.T. - der klare, hohe und leidenschaftliche Gesang Fredrik Joakimssons passt prima. Aber drumherum rangiert die Band auf einem großen rhythmischen Verschiebebahnhof mit dunklen Riffs, Double Bass und astreinen Parallelläufen.
Das Atmosphärische sowie die Gitarren-Keyboard-Verquickungen haben auch schon mal was von Andromeda oder Threshold, aber meistens kreisen die Gedanken des Hörers dann doch um Circus Maximus. Die großartigen Wechsel zwischen unterkühltem Heavy-Groove und wunderbar warm-melodischen Endorphin-Infusionen machen "Heaven Feels So Hollow" zu einem Highlight, das oft gehört werden will. Ebenfalls überragend sind die edel-bombastische Mid-Tempo-Nummer "Take Hold Of Your Fear" und das sehr dynamische "Star Of The Night". Wie das glitzert, unwiderstehlich - und dazu noch die punktgenau dosierten Backings ...
Wenn alle Songs so vorzüglich wären, könnte "Silent Scream" Bestnoten abstauben. Weil sich aber auch ein paar Nummern darunter geschlichen haben, die 'nur' sehr gut sind ("Embrace Your Destiny", "Welcome To Wonderland" - richtig stark; berühren aber irgendwie nicht), weil man der Band außerdem zu früh den Schneid abkauft (auch Gutes wird irgendwann zu sehr erwartbar) und weil die stilistische Nähe zu Konsorten wie Circus Maximus doch sehr klar durchkommt, ist das erste Album von Cullooden ... nun ja, eben 'nur' sehr gut, aber nicht überragend. Trotzdem zählt "Silent Scream" zu den erfrischendsten Prog Metal/AOR-Hochzeiten seit The 1st Chapter. Gut gemacht!
Line-up:
Fredrik Joakimsson (lead vocals, rhythm guitars)
Jonas Ekestubbe (lead guitars)
Michael Södergren (bass)

Additional musicians:
Daniel Beijbom (drums)
David Kastlund (keyboards)
Tracklist
01:Heaven Feels So Hollow (6:27)
02:Drowning In Silence (4:52)
03:Endless Tears (5:59)
04:Embrace Your Destiny (5:26)
05:Our Only Desire (5:01)
06:The Progress (7:11)
07:Take Hold Of Your Fear (5:27)
08:An Interesting Fact (5:44)
09:Welcome To Wonderland (5:33)
10:Star Of The Night (6:29)
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