Ja, verdammt, der alte Crosby hat sie immer noch, diese allgegenwärtige und schwer zu beschreibende Magie in der Stimme. Muss die überwiegende Mehrheit aller Frontmänner im höheren Alter deutlichen Tribut an eben dieses bezahlen, vermag David Crosby immer noch diesen gewissen Zauber zu versprühen, der sehr viel Wärme, ganze eigene Melodielinien und auch eine gehörige Dosis Mystik enthält. Fast fünfzig Jahre ist es nun her, dass der Songwriter, Sänger und Aktivist zusammen mit den Byrds zum ersten Mal für Furore sorgte. 45 Jahre seit dem ersten Crosby, Stills & Nash-Werk und immerhin 43 seit seinem Solodebüt.
Der mittlerweile 72-Jährige legt nun also seine erste Studioplatte seit gut zwanzig Jahren und dem 1993er "Thousand Roads" vor. Sehr ruhig sind die insgesamt elf Songs ausgefallen, aber ganz im Ernst: Ein Rockalbum wird wohl auch niemand erwartet haben, oder? Seine rechte Hand bei der Produktion und den Aufnahmen von "Croz" war sein Sohn James Raymond, mit dem er bereits seit Mitte der neunziger Jahre (in der Band CPR) eng zusammenarbeitet. Kompositorisch bzw. textend war der Kalifornier immerhin an neun der Tracks ("Time I Have" und "If She Called" stammen sogar komplett aus seiner Feder) beteiligt, während der Sohnemann zwei Beiträge im Alleingang verfasste.
Es benötigt zwar ein paar Durchläufe bis die Scheibe so richtig zwischen den Ohren knallt, aber wenn man sie erstmal erfasst hat, dann ist das Abo im Kurzzeitgedächtnis bereits gebucht. Sehr feinfühliges und subtiles Songwriting begeistert ebenso wie die Spitzenmusiker, die für "Croz" im Studio zugange waren. Neben James Raymond muss hier in allererster Linie auch Marcus Eaton genannt werden, der erheblich dazu beigetragen hat, hier eine Perle nach der anderen aufs Band zu zaubern. Und dann sind da ja noch die Gastmusiker, unter denen sich absolute Studioasse wie Leland Sklar, Steve Tavaglione oder Shane Fontayne befinden.
Der Ex- Dire Straits-Gitarrist und -Sänger Mark Knopfler fällt bei dem ansonsten wunderschönen "What's Broken" gar nicht mal großartig auf. Ganz im Gegensatz zu Wynton Marsalis, der mir mit seiner Trompete bei "Holding On To Nothing" jedes verfluchte Mal eine Gänsehaut und aufrecht stehende Härchen auf die Gliedmaßen soliert. Grandios! Der wohl am meisten an CS&N erinnernde Track hört auf den Namen "Slice Of Time", was sich in allererster Linie aus den Vocal Harmonies, aber auch der Gitarrenarbeit ableiten lässt. Der Überflieger und prädestinierte Hit ist dagegen "Radio" mit seinen quirlig-perlenden Strophen und dem extrem eingängigen Refrain.
Ein Überflieger ist auch das melancholische, mit fotografischem Auge beobachtete, "If She Called" zu sehr sparsamer musikalischer Begleitung. Wie in einem Traum, von dicken Nebelschwaden bzw. Morgentau umringt, schlängelt sich "Morning Falling" aus den Boxen, während "The Clearing" respektvoll, aber nicht angestaubt, den Geist der Sixties atmet. "Dangerous Night" und seine tollen Melodien werden von einem starken Piano und dem Gesang bestimmt, wieder mal eine Nummer, von der man nur träumen kann, sie selbst geschrieben zu haben (wenn sie zeitweise auch ein kleines bisschen poppig rüberkommt).
David Crosby und seine Mitstreiter haben bei "Croz" so ziemlich alles richtig gemacht. Dazu kommt der superbe und transparente Sound, der sich keiner einzelnen aktuellen Richtung bzw. Trend anbiedert oder gar unterwirft. Eine Scheibe, die durchaus das Zeug zum Klassiker hat. Definitiv ist es ein ganz großartiges Spätwerk, das ich David Crosby (der in der Vergangenheit nie so richtig zu meinen Lieblingsmusikern und -sängern zählte) in dieser Form nicht mehr zugetraut hätte und mein erstes echtes Album-Highlight des Jahres 2014.
Große Klasse!
Line-up:
David Crosby (lead vocals, electric guiar - #8)
James Raymond (piano, Fender Rhodes, synthesizer, synth bass, acoustic & electric guitars, virtual pedal steel, percussion, programming, background vocals)
Marcus Eaton (acoustic guitars, background vocals)
Steve DiStanislao (drums & percussion)
With:
Mark Knopfler (electric guitar solo - #1)
Todd Caldwell (Hammond B3 - #2)
Wynton Marsalis (trumpet - #3)
Shane Fontayne (electric guitars, #2,4,6,7,9, bass, percussion & background vocals - #7)
Kevin McCormick (bass - #2,3,6)
Leland Sklar (bass - #11)
Steve Tavaglione (electric wind instrument, woodwinds & synthesizer - #10, saxophone - #11)
Tracklist |
01:What's Broken
02:Time I Have
03:Holding On To Nothing
04:The Clearing
05:Radio
06:Slice Of Time
07:Set That Baggage Down
08:If She Called
09:Dangerous Night
10:Morning Falling
11:Find A Heart
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