Der kaum medienpräsente
Ewen Carruthers legt mit diesem Album den Nachfolger für
When Time Turns Around vor, seinem Zweitling auf dem Stockfisch-Label. Über drei Jahre sind inzwischen vergangen, was zeigt, wie sorgfältig der Mann auswählt. An Ideen und Songs fehlt es sicher nicht, das hat er in seiner langen Karriere bewiesen, die sich allerdings früher weitgehend auf sein Heimatland England beschränkte.
"One Red Shoe" ist fast in jeder Hinsicht eine Fortsetzung. Carruthers erzählt weiter seine Geschichten, die oft aus eigenen Erlebnissen von unterwegs oder aus Alltäglichkeiten resultieren, aber auch weltgeschichtliche Ereignisse reflektieren. Und natürlich trägt auch der Pauler Studio-Sound dazu bei, für den wieder Chef Günter Pauler selbst mit an den Reglern verantwortlich zeichnete. Wichtigster Partner ist als weiterer Gitarrist aus der Label-Mannschaft Ian Melrose, der ebenfalls in der Referenzklasse spielt. Auch Hans-Jörg Maucksch mit seinem Trademark-Bass ist natürlich auf gut der Hälfte der Stücke vertreten. Ansonsten wurde fast das gesamte Team der Studiomusiker ausgetauscht, das jedoch auch diesmal wieder für eine abwechslungsreiche Instrumentierung sorgt. Eine sehr ansprechende Dobro (unter anderem) slidet Martin Huch. Allerdings so üppig arrangiert wie der Vorgänger wurde das erfreulicherweise bei weitem nicht mehr, was dort auch ein Kritikpunkt war. Die deutlich schlankere Produktion tut dem Singer/Songwriter gut, dessen Lieder allein von seiner warmen Stimme mit dem traurigen Timbre getragen werden.
Um was geht es in den Themen? Mit "One Red Shoe" und "Hey Katrina" greift er die beiden größten Katastrophen auf, die seine Wahlheimat USA in der letzten Zeit durchmachen musste. Einmal das '9/11'-Desaster, das ihn noch fünf Jahre nach dem Ereignis durch ein für ihn symbolträchtiges Foto mit dem einzelnen Schuh zum Titeltrack inspiriert hat. Und natürlich die Sturmflut, die den Süden Louisianas mit
New Orleans verwüstete. Mittlerweile gängiger Songinhalt, macht
Carruthers aber auch noch was Originelles draus.
"Mr. Anderson" ist eine Erinnerung an einen Lehrer, der immer eingeschlafen ist und dabei kramt er auch seine letzten Deutschkenntnisse hervor. An die Abenteuer des nächsten Lebens denkt der Autor mit "That Train" und "Information Get Lost" beschäftigt sich mit den allgegenwärtigen Stereotypen. "A Springtime Story" beschreibt die Szenerie seiner offenbar eindrucksvollen Umgebung im Frühling. An eine alte Geschichte aus der Besiedlungszeit des Westens erinnert "The Railroad And The Plow" mit entsprechendem Arrangement und
Margret Fiellin, als sehr ansprechender Duettstimme.
Der kleine Roadsong "Just Passing Through" erzählt atmosphärisch von einem Trip mit seinem Sohn durch die Wüste Nevadas. "Chinese Girl" (eine kleine Tagträumerei) und "Love Birds" (Gedanken über ein Papageienpaar) wurden uns schon auf dem Sampler
Closer To The Music Vol. 3 vorgestellt (womit die Aussage in den Liner Notes
»none has previously been released« widerlegt ist).
Das dicke Booklet mit wiederum allen Texten, Besetzungsangaben, eigenen (sehr schönen) Illustrationen und Erläuterungen des Künstlers verstärkt den hochwertigen Eindruck dieses Albums, das selbstredend in der SACD-Ausstattung seine audiophilen Klangeigenschaften bestens ausspielen kann.
Stockfisch-Fans werden schon zugegriffen haben; allen anderen Liebhabern gediegener Singer/Songwriter-Kunst der älteren Generation kann "One Red Shoe" uneingeschränkt ans Herz gelegt werden. Wer's allerdings rootsmäßig frischer oder weniger 'romantisch' mag, sollte erstmal reinhören.