Neko Case / The Worse Things Get, The Harder I Fight, The Harder I Fight, The More I Love You
The Worse Things Get Spielzeit: 38:19
Medium: CD
Label: Anti- (Indigo), 2013
Stil: Alternative Music


Review vom 23.09.2013


Joachim 'Joe' Brookes
Neko Case ist keine so ganz unbekannte Künstlerin in unserem Magazin. Kollege Norbert hat sie Anlässlich der Rezension von Live From Austin Tx ausführlich vorgestellt. Zwischen dieser Platte und "The Worse Things Get, The Harder I Fight, The Harder I Fight, The More I Love You" liegen "Middle Cyclone" und zirka vier Jahre Pause, was Tonträger angeht. Die Zeit ist reif, um nun all ihre Lebensumstände, die nicht unbedingt nur von Freude gekennzeichnet sind, musikalisch zu reflektieren und zu verarbeiten. Dabei stehen ihr unter anderem Künstler von Calexico, Mudhoney, My Morning Jacket, Los Lobos, Visqueen und ihrer Band The New Pornographers zur Seite. Covert Neko Case einen Nico-Song, fällt der musikalische Apfel nicht weit vom "The Worse Things Get, ..."-Stamm.
Auch wenn es für die Protagonistin echt harte Zeiten gab, so ist vorliegende Platte nicht nur von Traurigkeit, Melancholie oder Bitterkeit geprägt. Neko Case serviert uns in den insgesamt zwölf Tracks dennoch eine sehr individuelle Welt ihrer Emotionen, die sich in durchaus skurrilen Kompositionen ergießen, die entweder nur von ihr oder gemeinsam mit Paul Rigby geschrieben wurden. Dieser Musiker war auch schon auf vorherigen Veröffentlichungen von Neko Case aktiv.
Es besteht kein Zweifel, diese Scheibe fordert den Hörer. Gerade darin liegt auch die Qualität und Kraft von "The Worse Things Get, ...". Alleine schon die von vielen Musikern gespielten Gitarren kommen nicht aus der Kuschelecke und bauen sich manchmal zu gigantischen Sound-Bergen auf. Ganz allgemein wird man feststellen, dass man bei der Instrumentierung zwischen opulent und spartanisch pendelt oder ihr in "Nearly Midnight, Honolulu" gänzlich eine Pause gönnt. Hier regieren feinfühlige Vocals, die von der beeindruckend-klaren Stimme der Protagonistin geleitet werden. "Nearly Midnight, Honolulu" ist ein moderner und zugleich zeitloser Gospel-Song. Gigantisch!
Diese CD spiegelt nicht nur eine eigene Welt mit hervorragenden Songs wider, sondern auch, wie sehr die vielen Musiker in die Materie der unterschiedlichen Thematiken eintauchen. Hier geht es wohl auch um eine besondere Verbundenheit. Es ist kaum vorstellbar, dass zum Beispiel, wie im fast hyperaktiven "Bracing For Sunday" neben der Künstlerin noch neun weitere Musiker auf der Bühne stehen werden. Für Konzerte, auch in einer kleineren Besetzung gespielt, muss man die Frage nach der Qualität des Songwritings in den Vordergrund stellen. Auch die ist ganz weit oben, dort, wo die Luft sehr dünn wird. Die Kompositionen zeigen, dass Neko Case eine Meisterin im Schreiben von Liedern ist.
Die Nummern sind ausgesprochen alternativ und manchmal passen sie gar nicht in eine Schublade. "The Worse Things Get, ..." ist außergewöhnlich. Zwischen zum Teil vehement agierenden Gitarren finden sich Oasen der Entspannung wie zum Beispiel "Calling Cards". Hier mag das Country-Genre vielleicht noch am Deutlichsten herausgearbeitet sein.
Mit diesem Album befreit sich Neko Case auf brillante Art und Weise von einer beklemmenden Gefühls-Gefangenschaft und erschuf ihren individuellen Soundtrack des Lebens. Poesie und Magie verschmelzen zu einer überzeugenden, fast unvergleichlichen Einheit. Die Künstlerin gibt sich als sympathische Exzentrikerin.
»I'll reveal myself when I'm ready
I'll reveal myself invincible soon«
Diese Zeilen stammen aus dem letzten Track der Scheibe, in dem sich aus einem musikalischen Perpetuum mobile heraus zum Ende hin ein verwirrend-dynamisches, aber melodisches Stück von sich überlagernden Instrumenten und Gesängen entwickelt. Großartig!
So mag der Albumtitel-Bandwurm "The Worse Things Get, The Harder I Fight, The Harder I Fight, The More I Love You" Sinn machen, ist allerdings auch etwas nervig. Aber gegenüber Plattennamen von zum Beispiel Chumbawamba oder Fiona Apple reden wir hier über Peanuts. Auf die Musik bezogen ist Neko Case brillant, bietet Kost für aufgeschlossene Genießer und ein Album an, das zur Spitze ihrer Veröffentlichungen gehört.
Line-up:
Neko Case (vocals, guitar, tambourine, jingle bells, backing vocals)
Jon Rauhouse (electric guitar, acoustic guitar, pedal steel, banjo, trombone)
Paul Rigby (electric guitar, acoustic guitar, 12-string guitar)
Steve Turner (electric guitar)
M. Ward (electric guitar)
Carl Broemel (electric guitar solo, autoharp)
Bo Koster (piano, organ, mellotron, synthesizers, keyboards, melodeon, Wurlitzer, clavinet, vibes, bass organ)
Marc Ribot (piano)
Steve Berlin (midi saxophone, baritone saxophone, flute)
Joey Burns (cello, baritone guitar)
Tom Hagerman (violin, viola)
Jacob Valenzula (trumpet)
Martin Wenk (trumpet)
Craig Schumacher (chimes)
Chris Schultz (sonor samples)
Tom Ray (bass)
Kurt Dahle (drums)
John Convertino (drums)
Kelly Hogan (backing vocals)
Rachel Flotard (backing vocals)
Jim James (backing vocals)
A.C. Newman (backing vocals)
Tracyanne Campbell (backing vocals)
Tracklist
01:Wild Creatures (2:40)
02:Night Still Comes (3:48)
03:Man (3:31)
04:I'm From Nowhere (3:02)
05:Bracing The Sunday (2:19)
06:Nearly Midnight, Honolulu (2:37)
07:Calling Cards (2:37)
08:City Swans (4:08)
09:Afraid (2:21)
10:Local Girl (2:36)
11:Where Did I Leave That Fire (3:27)
12:Ragtime (5:14)
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