Das nenne ich Zeitmanagement.
Viel unterwegs war und ist Boo Boo Davis mit seiner Band. Unter anderem standen einige Festivaltermine (auch beim Montreux Jazz Festival) in seinem Tourkalender und in der Zeit zwischen den Konzerten gab es viele Ideen für neue Songs.
Die Gelegenheit beim Schopf packend, gingen Davis, Jan Mittendorp (guitar) als auch John Gerritse (drums) mitten im Sommer einfach für zwei Tage ins Utrechter Studio Silvester und »recorded this new record. All songs were played live in the studio without any overdubs and for most songs the first take turned out to be the best one.«
An den vierzehn Kompositionen wurde folglich auch nicht herum gedoktert. Live im Studio, so wie es hörenswerter nicht sein kann.
"Ain't Got A Dime" heißt das sechste Album des Sängers, Komponisten und Harpspielers, der im Mississippidelta geboren wurde.
Nach seinem vorletzten äußerst erfolgreichen Ausflug Drew, Massissippi, in dem Boo Boo Davis das Vakuum zwischen dem nie alternden Blues und Hip Hop/Rap treffsicher füllte, geht es jetzt abermals an den Ufern des so vielzitierten Flusses entlang.
Bemerkenswert ist ebenfalls, dass auf der Platte wieder weit und breit kein Bassist zu hören ist. Irgendwie ist dennoch ein gewisses Pumpen zu spüren und die Membran der Bassbox schwingt schon gut mit.
Das gesamte Album klingt rau, ja, fast ungeschliffen, so wie es der Rezensent mag.
Alleine dadurch verbreitet die Platte schon positive Schwingungen und Mittendorp kann so viele herrliche Klänge mit seiner Gitarre, oder waren mehrere verschiedene im Einsatz, produzieren.
Davis' Harpspiel ist einfach, aber, wie es von dem Mann nicht anders zu erwarten ist, ungemein effektiv. Verdammt bodenständig in der Produktion gibt es dieses ungemein beeindruckende Livefeeling, auch wenn da zufällig mal ein Verstärker brummt. Nicht anders ist es manchmal auf der Bühne.
Alle Songs stammen aus der Ideenfabrik des Trios und man überschüttet selbst die verwöhnten Ohren eines Blues-Hörers mit unterschiedlichsten Sämereien.
Stark Energie verschwendende Nummern geben sich die Klinge mit Balladen, in denen man quasi das laue Abendlüftchen nach einem schwülen Tag im Blues-Delta spürt, in die Hand.
Schrieb ich etwas von Mittendorps klanglicher Vielfalt? Da hätte ich ihm insofern fast Unrecht getan, denn selbstredend bringt er auch das Bottleneck zum Einsatz.
So verästelt, wie der amerikanische Bluesfluss in den Golf von Mexiko mündet, ist "Ain't Got A Dime".
Es groovt, rockt, shuffelt und ganz besonders funkt es im 'Kleingeld'.
Weniger ist oft mehr... einer meiner Favoriten von höchster Güte und Empfehlung ist das spartanische "Cake Lady". Da feiern bei mir Dopamin, Serotonin und Endorphin eine heftige Party und so geht es einem ebenfalls mit anderen Kompositionen, die jetzt nicht im Einzelnen in aller Ausführlichkeit genannt werden müssen.
Nieten sind auf dieser CD nicht auszumachen!
Boo Boo Davis, Jan Mittendorp und John Gerritse haben ihre Fahrkarten für genau den richtigen Bluesdampfer gebucht. Sie spielen sich in beeindruckender Weise, mit vielen Ecken und Kanten durch ein vierzehn Stücke umfassendes Programm und danach kommt nur noch live auf der Bühne.
Mit den Vorfahren dieser Platte macht ein Konzertbesuch von Boo Boo Davis Sinn und Gelegenheit dazu gibt es im Herbst 2009 ausreichend, auch in Deutschland. Vielleicht ist ein Gig im benachbarten Ausland ja nicht ganz so weit entfernt.
Zum Kauf dieses Albums müsste ich unsere Leser nun überzeugt haben, allerdings möchte ich zum Schluss einen Satz aus den vom Labelkollegen Doug MacLeod kurz gehaltenen Linernotes zitieren: »If these guys moved in next door to you… your lawn dies.«
Line-up:
Boo Boo Davis (vocals, harmonica)
Jan Mittendorp (guitar)
John Gerrtise (drums)
Tracklist |
01:Silvermine (4:06)
02:Ten Thousand Dollar (5:02)
03:Watch Yourself (3:29)
04:My Baby Got Me Fixed (4:27)
05:Man Who Be Around (5:50)
06:Ain't Gotta Dime (5:33)
07:Boo Boo Blues (5:10)
08:Cake Lady (4:46)
09:Don't Wait Too Late (4:35)
10:Standing At The Fishbank (4:06)
11:Let Me Ride With You (3:53)
12:Got My Loving, Now You're Gone (3:44)
13:Cryin Blues (6:10)
14:There's A Roach Crawlin (4:47)
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