Boo Boo Davis / Drew, Mississippi
Drew, Mississippi Spielzeit: 51:38
Medium: CD
Label: Black & Tan Records, 2006
Stil: Blues

Review vom 12.01.2007


Joachim 'Joe' Brookes
Wie viele Blues-Puristen gibt es unter unseren Lesern? Stillstand ist Rückschritt.
Boo Boo Davis gibt seinem neuestem Album den Titel "Drew, Mississippi". Dort wurde er 1943 geboren. Drew liegt zwischen Clarksdale und Greenwood: Blues-History pur.
Cottonfields, Robert Johnson David 'Honeyboy' Edwards: Down home-Blues.
Mit dieser vom Feinsten produzierten Platte, führt der Sänger und Harpspieler Boo Boo Davis seine Musiker genau auf diesem Pfad kreuz und quer durch das vielzitierte Delta: Akustische-, elektrische Gitarre, Dobro, Bottleneck, Groove, Fußwippen, Freude.
Wie viele Blues-Puristen gibt es unter unseren Lesern? Auch die sind wohl gerade neugierig geworden.
Stillstand ist Rückschritt. Wie Mike Andersen auf seiner CD Tomorrow den Rapper Al Agami ans Mikrofon holte oder was ein Rick Holmstrom mit "Hydraulic Groove" veranstaltet, so geht auch Boo Boo Davis neue Wege. Man liest im Booklet etwas von 'programming' und 'scratching'.
Blues und Hip-Hop/Rap-Musik sind Lichtjahre voneinander entfernt. Gehen die überhaupt zusammen?
Es kommt auf einen Versuch an, denn nur so kann diese Frage beantwortet werden.
Mike Andersen und Rick Holmstroms "Hydraulic Groove" können für einen Vergleich mit "Drew, Mississippi" nicht heran gezogen werden, denn beide vertreten nicht die traditionelle Spielart des Delta-Blues.
So steht Davis mit seinem Album momentan allein in der Weite der Cottonfields und hängt die Messlatte für andere Musiker, die eine solche musikalische Verknüpfung im Hinterkopf haben sehr, sehr hoch.
Eines sollte klar gestellt werden: Boo Boo rappt nicht eine Textzeile, er singt den Blues direkt aus seinem Herzen.
Ramon Goose und Jan Mittendorp sind für die beeindruckenden Gitarren-Parts verantwortlich. Ramons Bruder Joe und Mick Hutton sind für die tiefen Töne zuständig. Gary Leach spielt Schlagzeug und Perkussion. Alle erweisen sich als herausragende Musiker, die dieses Konzept erfolgreich umsetzten.
Mit Tom Mudd (scratching) kommen wir dann zum Kern der Sache. Wie er seine Turntable-Sounds in den Delta-Blues integriert ist erste Sahne, hat Klasse.
Hier gibt es kein Nebeneinander: Die edlen Klänge verschmelzen zu einer strahlenden Legierung. Die Chemie stimmt einfach auf entwaffnende Art und Weise.

Darüber hinaus haben Boo Boo Davis und Ramon Goose zehn Songperlen komponiert.
Der Dobro Slide-Sound des ersten Tracks, "Tell Me What To Do", entwickelt Magnetfeldlinien, die jeden Blues-Fan erreichen. Jan Mittendorp bedient ebenfalls das Bottleneck auf den Saiten seiner elektrischen Gitarre und nach dem Opener wird man mit gespitzten Ohren neugierig auf das, was noch folgen mag. Natürlich testet Boo Boo Davis Grenzen aus und man wird nicht enttäuscht.
Akustische Gitarren stehen im Mittelpunkt von "Let Me Love You" und Mudd fügt einige Scratchings hinzu. Dass Davis ein emphatischer Sänger ist, bleibt außer Frage.
Wenn sich zum kompakten Delta Blues-Groove dann auch noch seine Harp-Klänge ("Who Stole My Booty") gesellen, ist der Hörgenuss perfekt.
"Drew, Mississippi", mit autobiografischem Text, bringt Dan Merrill (violin) ins Zentrum des Geschehens. In der ruhig gehaltenen Nummer hört man nur noch Gitarren und Bass und über allem dominiert Davis' Stimme. Durch das Arrangement mit einer Violine wird die schwermütige Stimmung noch verstärkt..
Im groovigen "Got To Make It Right Now" haut Mittendorp - oder ist es Goose - ein krachendes Gitarren-Solo aus dem Ärmel. Die Basslinien ziehen tiefe Furchen in den Acker.
Der Track ist das Stück Platin unter den anderen neun Edelmetallen. Empfehlung: Play it loud!
"Tryin To Survive" ist die Blues-Ballade des Albums. Die Kombinaltion aus akustischer Gitarrenbegleitung und einigen feinen, dezent eingestreuten Licks oder kurzen Notenfolgen aus der elektrischen Gitarre halten weiterhin die aufgebaute Spannung aufrecht und der Track fließt wie Sand zwischen den Fingern dahin. Vergleichbares Kaliber hat "Walking Down A One Way Street", in dem wir auch mandolinenähnliche Klänge hören.
"Standing In The Cottonfields", in dem nochmals Dan Merrill an der Violine zu hören ist, beendet den Longplayer auf eine relaxte, ruhige Art.

Mit "Drew Mississippi" ist "Boo Boo Davis" eine großartige Veröffentlichung gelungen, die man, auch zu einem relativ frühen Zeitpunkt des Jahres, ganz oben auf der Liste haben muss.
Stillstand ist Rückschritt!
Line-up:
Boo Boo Davis (vocals, harmonica)
Ramon Goose (guitars, keyboards, programming)
Joe Goose (electric bass, double bass)
Mick Hutton (electric bass)
Tom Mudd (scratching)
Dan Merrill (violin)
Gary Leach (additional drums, percussion)
Jan Mittendorp (guitar)
Tracklist
01:Tell Me What To Do (4:56)
02:Let Me Love You (4:03)
03:Who Stole The Booty (5:19)
04:Drew Mississippi (4:39)
05:Got To Make It Right Now (5:11)
06:Tryin To Survive (5:29)
07:Got The Blues In My Heart (4:57)
08:Made Me Cry (6:28)
09:Walking Down A One Way Street (4:35)
10:Standing In The Cottonfields (5:41)
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