Schon die ersten Takte von "A Friend Of A Friend" klingen sowas von gleichzeitig altmodisch und dennoch frisch, dass ich aufhorche. Was ist das - eine Post-Woodstock-Schnulze à la "Sister Golden Hair" von einem jugendlichen John Denver-Klon mit Schmuseorgel und Fiddle anno 2009? Alternative Country auf 'vintage' getrimmt oder doch irgendwas aus den Siebzigern neu aufpoliert?
Auch das Cover lässt keine eindeutigen Schlüsse zu, ein Hillbilly in Jeanskluft hockt mit seiner Gitarre in einem tropischen Garten oder Gewächshaus und blickt leicht genervt in die Kamera. Auf anderen Bildern ist eine Maid im Schlabberlook mit Schmachtblick an seiner Seite. Wieso 'Machine'? »This Machine kills Fascists« - hat das damit was zu tun? Ein Solist, ein Duo oder eine Band - who knows?
Gut, dass es das mighty www gibt!
Dave Rawlings ist ein Großer aus der Americana/Alt. Country/Roots-Szene in Nashville, der Dauerpartner der Bluegrass-Queen
Gillian Welch (der Maid auf der Cover-Rückseite). Vielbeschäftigt als Gitarrist, Backing-Sänger, Songschreiber und Produzent für diverse Musiker und Bands (u.a.
Ryan Adams,
Mark Knopfler,
Guy Clark) neben
Gillian. Und obwohl schon sehr lange im Geschäft, ist "A Friend Of A Friend" tatsächlich seine erste Solo-Scheibe, die er hier als 'Machine'-Projekt vorstellt. Unterstützt haben ihn diverse Kollegen seines Wirkungskreises, allen voran natürlich Frau
Welch sowie Mitglieder der Truppe
Old Crow Medicine Show. Mit Keyboarder
Benmont Tench von den
Heartbreakers ist noch ein illustrer Name an Bord.
Mit dieser Truppe hat
Rawlings neun Songs aufgenommen, sieben davon aus eigener Feder (meist in Kooperation mit seiner Partnerin), dazu ein
Neil Young-Cover und einen Country Blues von
Jesse Fuller. Was sich so alt/neu anhört, nennt sich u.a. 'Neotraditional Country' (Wikipedia bietet auch noch 'Old Time' oder 'American Primitivism' neben 'Alternative Country' an).
Hören wir mal weiter rein in die Scheibe. "To Be Young (Is To Be Sad, Is To Be High)" klingt schon wesentlich bluegrassiger und countryrockiger. Neben dem jung klingenden
Rawlings ist
Welch nun zweitstimmlich klar zu orten - die beiden haben für dieses Projekt die Singrollen getauscht. Klassisches Singer/Songwritertum mit "I Hear Them All" und einer wunderbar gezupften, warmtönenden Gitarre (
Rawlings spielt vorzugsweise auf einer 1935er Epiphone-Klampfe, die damals als 'Volksgitarre' günstig zu haben war). Auch das melodramatische "Method Acting" mit Mrs.
Welch auf der 'Harmony'-Gesangsspur wird nur von den (hervorragenden) akustischen Gitarren begleitet.
Es geht nahtlos und kaum merklich in "Cortez The Killer" über - erneut ein gelungener Zeitsprung. Noch weiter zurück tönt "Sweet Tooth";
Woody,
Pete,
Odetta oder
Jimmie lassen grüßen …
... Gemütlicher Schunkel-Country mit "How's About You", auf den eine zeitgemäße Version folgt: "It's To Easy" rumpelt flott über den Dancefloor.
Fullers fröhliches "Monkey And The Engineer" ist als einziger Song mit Mundharmonika und Dixie-Bläsern aufgepeppt. "Bells Of Harlem" klingt wie eine Mischung aus "Lay Lady Lay" und "What A wonderful World" - zum Schluss gibt's noch mal die dicke Schnulze. Mit Sahne (gestrichen, nicht geschlagen).
Nein, für das Debüt von
Dave Rawlings Machine gibt es keine richtige Schublade und braucht es auch nicht. Wer Hörspaß an einem der genannten Stile oder allen zusammen hat, wer "O Brother, Where Art Thou" und die Mucke daraus mag, wer als harter Rocker in den frühen Siebzigern den
Byrds, der
Band,
Bob Dylan,
Arlo Guthrie, der
Nitty Gritty Dirt Band oder
Grateful Dead zu den Kühen und Flöhen aufs Land gefolgt ist, wer von der aktuellen Bluegrass-Welle angesteckt wurde oder wer allgemein gern amerikanische Roots-Music hört, der wird diese Gute Laune-Scheibe häufiger auflegen. Und danach wissen, wer der 'Freund eines Freundes' ist. Aber alle irgendwie gearteten Puristen sollten tunlichst die Ohren davon lassen!