Dass es für einen Musiker zum guten Ton gehört, von der Hand in den Mund zu leben, lehrt die Musikhistorie der letzten Jahrhunderte nachdrücklich. Der letzte Weg kurz vor dem 'Hungertod' führt dann zumeist ins Pfandleihhaus, denn endgültig wird sich kein Musikus von seinem 'Schätzchen' trennen. Wahre Dramen hätte so ein Pawn Shop zu erzählen...
Doctor Love Power aka Mark 'Doc' Bloemeke öffnet mit der neuen CD "Pawn Shop Diaries" sein persönliches Tagebuch. Seit 1991 ist er nun auf dem Weg... seinem Weg, das Feeling der Swamps von Louisiana mit messianischem Eifer in die unterkühlte norddeutsche Tiefebene (und natürlich darüber hinaus) zu verbreiten - dies sei mein Zeuge.
Neben seinen sechs Eigenkompositionen, die ausnahmslos zu den stärksten Auszügen aus den "Pawn Shop Diaries" zählen, hat Doctor Love Power sieben von ihm neu beseelte Cover hinzugefügt. Darunter bemerkenswerterweise auch Künstler wie Delbert McClinton und Mickey Jupp, denen der ganz große Erfolg vorenthalten wurde, oder die anderweitig auf der Schattenseite des Lebens ( Willy DeVille) standen. Ob die wohl auch mal die Klinke zu einem Pfandleihhaus in den Händen hielten??
Ebenfalls augenzwinkernd dürfte die Titulierung Doctor Love Power & His Orchestra gemeint sein. Die Mitstreiter von David Hinze und Levin Dunkerbeck dürfen gerne im Hamburger Pawn Shop ausgelöst werden... Aber Scherz beiseite: Die drei Musiker agieren auch in komprimierter Form wie die ganz große Besetzung. Nein, besser: wie eine verschworene Einheit, noch dazu ohne Overdubs...
...und über der kompakten dreifaltigen Einigkeit schwebt Mark 'Doc' Bloemekes charaktervolle Stimme, irgendwo zwischen dem Urviech Tom Waits und dem großen Swamper Tony Joe White angesiedelt. Das kratzig Widerborstige wird hier mehrfach durch Barbara Grischeks und Dunkerbecks cremig-warme Backings konterkariert. So fein - so rechtschaffen...
Mit zwei sehr seelenvollen Coversongs, "Ruler Of My Heart" ( DeVille) und "Blues Of Their Own" ( Jupp), eröffnet "Pawn Shop Diaries" unglaublich gut, obwohl dies noch durch John Fogertys "Bootleg" - zwischen den Stones und den Turners interpretiert klingend - übertroffen wird.
Doch machen natürlich die eigenen Sachen den wahren Reiz von "Pawn Shop Diaries" aus. Das swingend-groovende "Bright & Sunny Day" oder der irrsinnig vorwärts preschende Boogie "Insane" präsentieren sich als zwei potenzielle Liveknüller! Sehr cool ist auch, wie in "Log Cabin Blues" Country/Bluegrass- und Blues-Elemente gekonnt verknüpft werden. "Icecreama" (wieso muss ich hier immer wieder an Udo Jürgens "Mathilda" denken??) verströmt karibisches Flair wie Harry Belafonte nach einem Eimer Sangria. Auch nicht ganz jugendfrei: "Pink Shot" - aber hört selbst...
Ein Wiederhören gibt es zudem mit (eigenwillig interpretierten) Klassikern wie The Jealous Kind und The Thrill Is Gone. Gekrönt wird der Reigen der Coversongs vom bärenstarken "Two More Bottles Of Wine", natürlich stärker an McClintons Original als an Emmylou Harris orientiert. Mit dem 'Rausschmeißer' bei ihren Liveshows, Why Get Up, endet "Pawn Shop Diaries" - wie immer, wenn's am Schönsten ist...
Ein nachdrückliches Lebenszeichen ist da Doctor Love Power & His Orchestra nach längerer Studioabstinenz gelungen - eines, das Lust auf ein Konzert (und ein Interview) mit dieser verschworenen Truppe macht. Bluesfreunde können hier von sämtlichen Bedenken befreit und notfalls mit verbundenen Augen zuschlagen...
Line-up:
Mark 'Doc' Bloemeke (vocals, guitars)
David Hinze (bass)
Levin Dunkerbeck (drums, backing vocals)
Barbara Grischek (guest vocals)
Tracklist |
01:Ruler Of My Heart (2:14)
02:Blues Of Their Own (2:58)
03:Bright & Sunny Day (5:34)
04:Bootleg (3:10)
05:Insane (5:16)
06:The Jealous Kind (3:02)
07:Log Cabin Blues (3:12)
08:The Thrill Is Gone (5:16)
09:Too Much Of Nothing (5:00)
10:Two More Bottles Of Wine (3:24)
11:Icecreama (3:42)
12:Pink Shot (3:50)
13:Why Get Up (3:12)
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