Willy DeVille
Willy DeVille In Memoriam (1950-2009) - The Legendary Berlin Concerts
Willy DeVille In Memoriam (1950-2009) - The Legendary Berlin Concerts Spielzeit: ca. 198:00 (DVD)
Medium: Do-DVD
Technische Daten:
FSK: ohne Altersbeschränkung
Tonformat: Dolby Digital 5.1/2.0
Bildformat: 4:3
Sprache: Englisch
Label: e-m-s, 2002/2009
Stil: Rock


Review vom 14.10.2009


Norbert Neugebauer
And Heaven stood still …
Als wir in der RockTimes-Redaktion die Nachricht vom überraschenden Tod Willy DeVilles am 6.8.2009 erhielten, machte sich unter den Kolleginnen und Kollegen echte Trauer breit, gehörte er mit seiner originellen Art des Rock'n'Rolls doch zu unseren Favs.
Der zuletzt wieder in New York lebende Künstler hatte eine starke Fan-Gemeinde in Europa, vor allem in Holland und Deutschland. Deshalb trat er auch ausgesprochen gern und regelmäßig diesseits des Teichs auf und ließ immer wieder Konzerte dokumentieren. Die in Bild und Ton mitgeschnittenen Auftritte in Montreux und Amsterdam konnte ich unseren Lesern bereits wärmstens empfehlen.
Zu seinem 25-jährigen Bühnenjubiläum 2002 war er wieder zu einer Tour nach Europa gekommen und gab u.a. in Berlin mehrere Konzerte. Zwei wurden professionell als Produktion von Diethard Küster gefilmt und bereits damals als "Willy DeVille Unplugged" und "The Berlin Concerts 2002" auf DVD veröffentlicht. Nun hat e-m-s beide zusammen als "Willy DeVille in Memoriam (1950-2009) - The Legendary Berlin Concerts" nochmal herausgegeben, nur kurz nach dem traurigen Ereignis.
Nun, das Ableben eines Künstlers ist immer der beste Anlass, noch einmal sein Werk unter die Leute zu bringen und damit Geld zu machen. Das ist keineswegs eine verwerfliche Angelegenheit, solange nicht wirklich irgendwelche dubiosen Hinterlassenschaften von zweifelhaftem Wert versilbert werden sollen, die nur dem Ansehen des Verblichenen schaden.
Die DeVille-Fans, die die beiden Video-Scheiben bereits von früher haben, werden jedoch bestätigen, dass es sich bei den Konzertmitschnitten um ausgesprochen gute Bühnenmomente des Herrn Borsay handelt, die man den bisher besitzlosen ebenfalls nur wärmstens ans Herz legen kann.
2002 war er in Topform, auch von dem ständigen Schniefen, das noch in den Montreux-Aufnahmen wohl an den Ex-Junkie erinnerte, war längst nichts mehr zu sehen. Und obwohl er schon damals den Barhocker auf der Bühne bevorzugte, machte die Hüfte wohl noch keine großen Probleme.
Das Konzert in der Columbia Halle am 21.03.2002 absolvierte er in kleiner, aber exzellenter 'Unplugged'-Besetzung mit Seth Farber am Flügel und David Keyes am Kontrabass (und nicht zu vergessen, seinem Gitarren-Roadie, der hier allerdings weniger zu tun hatte). Auf dem Klavier ein üppiger Strauß mit weißen Rosen als einzigem optischen Kontrapunkt auf der ansonsten sehr dunkel gehaltenen Bühne. Der Herr wie immer im Südstaaten-Look, herrschaftlich-morbide in Schwarz und kettenrauchend, greift bei einigen Songs vorwiegend zu seiner Akustik-Gitarre samt Bottleneck. Ansonsten gibt er den gut gelaunten Lebemann, der mit Ironie und leichter Melancholie auf sein Leben zurückblickt und die Fans mit allerlei Anekdoten bestens unterhielt. Die Setlist bestand neben eigenen Hits aus Interpretationen amerikanischer Evergreens der 50er und 60er-Jahre, stark soul- und blueslastig, die er in seiner typischen Art interpretierte. Wer bei seiner Version von "Spanish Harlem" keine Gänsehaut bekommt, dem fehlt wirklich was.
Während er als charismatischer Entertainer mit seinem Vampircharme im Mittelpunkt und Scheinwerferlicht sitzt, halten sich die Bandmates sehr zurück und glänzen mit perfekter Begleitung. Am Ende des knapp einstündigen Sets schwadroniert DeVille über eine Begegnung mit »mad« Jerry Lee Lewis und markiert mit dessen "Shake Rattle & Roll" den Rocker. Als Zugabe brennt er dem atemlos lauschenden Berliner Publikum sein unvergleichliches "Heaven Stood Still" ins Herz. Der Mann mit der unverwechselbaren Stimme wusste einfach, wie man große Momente auf der Bühne zelebriert, die bei diesem Song nun natürlich für besondere Emotionen sorgen.
Loup Garou im Metropol
Ein Vierteljahr später, diesmal im Metropol, hatte er seine erweiterte Band dabei, die auf dem DVD-Cover Mink DeVille genannt wird. Sicher nicht ganz zutreffend, obwohl alle Mitglieder auch schon in früheren MDV-Formationen gespielt hatten. Neben Keyes (weiterhin mit akustischen Bass) bildeten der fantastische Freddy Koella an Gitarre, Mandoline und Geige, der nicht minder hervorragende Boris Kinberg an den Percussions und die Wise-Schwestern Dorene und YaDonna als apartes Backvocals-Duo das Line-up.
Und damit ging es ganz anders zur Sache! Nicht mehr nostalgisches Tête-à-tête zwischen alterndem Star und seinem schmachtenden Publikum - Willy bläst den Berlinern seinen whiskygetränkten, rauchgeschwängerten und in tausend Bühnenschlachten erprobten Südstaatenatem mitten in die Visage.
»Loop Garou Bal Goula, Loup Garou Bal Goula«, ... die Priesterinnen des Voodoo rufen beschwörend den Namen des Werwolfs in die Mikrophone. Und dann bittet der schwarzberockte, langmähnige Magier mit dem blitzenden Gebiss im bleichen Gesicht und dem schmierigen Knurren in der Stimme zum Tanz:

»Come with me through the doors
Of a Bayou barroom
There's a place God's angels don't go
Satans wolves all loom large

Over creatures only mad men know
Its Louisiana guard dog's nightmare
Cajuns don't say his name
But they say looks just like a rabid dog
And he walks upright like a man«
Die Band brennt vom ersten Moment und umgibt ihren spöttisch grinsenden Master mit einem elektrisierenden instrumentalen Feuerwerk. Und die beiden Schönen aus New Orleans sorgen für die stimmliche Glut. Willy gibt sich lässig, spielt seine Typen, röhrt, jault, stöhnt, raunzt und taucht sein Publikum in ein Wechselbad der Gefühle. Der Roadie wechselt fast bei jedem Song die Gitarren, die uralte rote elektrische mit dem Blecheinsatz, die akustische oder auch die Fender Strat. Regelmäßig schneidet DeVille mit dem dicken Röhrchen über die Saiten, oftmals im Duett mit dem ebenfalls slidenden Koella. Und dazwischen greift er auch zur Harp, die er genauso beherrscht. Dann brodelt es bis zum Siedepunkt, bevor mit dem nächsten Schmachtfetzen die Zuhörer wieder zu Tränen gerührt werden. Im zweiten, 'semi-elektrischen' Konzert bekommen sie ein Best Of-Programm, das keinerlei Überschneidungen zum ersten aufweist.
Steady Drivin' Man
Beide Scheiben bieten hervorragendes Bild- und Tonmaterial ohne irgendwelche qualitative Abstriche. Dass nur der Metropol-Teil zusätzlich zum Dolby 2.0 auch über 5.1 verfügt, spielt keine große Rolle, die hinteren Kanäle kommen kaum zur Geltung. Der Bildschnitt entspricht den damaligen Vorlieben, fahrplanmäßige Detail-Umschnitte bei jedem Break oder Einsatz, was zwar bei den Freaks gut ankommt, die jeden Song sezieren wollen, beim Genuss-Schauen aber schnell nervt. Dafür überzeugen Bildschärfe, Farben und letztlich auch die Einstellungen - unterm Strich also auch hier in Ordnung. Der Sound hat Druck und Brillanz mit einem sauberen Stereobild. Wer auf Bonusmaterial Wert liegt, bekommt auch sowas für sein Geld. Ein Rundfunk-Mitarbeiter führt ein recht holpriges Interview mit Willy, der sich ausgesprochen nachsichtig, höflich und charmant gibt.
Interessant wird es, als er auf seine Einflüsse zu sprechen kommt, die in der Kindheit und Jugend begründet sind. »Es gab damals noch keine Schubladen für die Musik aus dem Radio, alles war Rock'n'Roll, egal ob schwarz oder weiß, R&B, Motown oder Blues«. Und genau diese Melange spiegelt sich im Akustik-Set wieder, den er in Berlin spielte. Eine Bio- und Diskografie sowie eine Bildergalerie durch die Jahre runden das Programm ab, zudem können auf der zweiten DVD die Songtexte eingeblendet werden. Das Cover-Foto stammt definitiv von früheren Aufnahmen, 2002 hatte der gute Willy schon ein paar Falten und Gramm mehr.
When I Get Home
"Willy DeVille in Memoriam ..." ist eine würdige und mit weit über drei Stunden Länge auch ausführliche Erinnerung an den charismatischen Rock'n'Roll-Musiker und -Entertainer, die ihn in den großen Rollen und auf dem Höhepunkt seiner späten Karriere zeigt. Eine unbedingte Kaufempfehlung an seine Fans und an alle Rockmusik-Liebhaber, die eines der letzten wirklichen Originale des Business noch einmal auf der Bühne erleben wollen.
So just one more night
I finally fall asleep
one more night on this greyhound sea
everything is gonna be re-arranged
everything is gonna be changed
honey when i get home
Tracklist
Willy DeVille - Unplugged in Berlin 21. März 2002/Columbia Halle Berlin
01:Betty & Dupree
02:It's Too Late She's Gone
03:Spanish Harlem
04:Trouble In Mind
05:Storybook Love
06:Big Blue Diamond
07:Shake Sugaree
08:Let It Be Me
09:Broken Heart
10:Hound Dog
11:Junkers Blues
12:You Better Move On
13:Since I Met You Baby
14:Blue So Blue
15:Keep A Knockin'/Sea Cruise
16:Shake Rattle & Roll
17:Heaven Stood Still
Mink DeVille - Live im Metropol Berlin 24. Juni 2002
01:Loup Garou
02:One Night Of Sin
03:Broken Heart
04:Running Through The Jungle
05:Bamboo Road
06:Lay Me Down Easy
07:Carmelita
08:Steady Drivin'Man
09:Across The Borderline
10:18 Hammers
11:Cadillac Walk
12:Can't Do Without It
13:Bad Boy
14:Who's Gonna Shoe Your Pretty Little Foot
15:Heart And Soul
16:Goin' Over The Hill
17:Just Your Friends
18:Spanish Stroll
19:All By Myself
20:Hey Joe
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