Das deutsche Label Meyer Records hatte sich zum Ziel gesetzt, dem Musiker Willy DeVille ( rest in peace, brother) eine Ehrung zu seinem dritten Todestag zu erweisen. Und, mein lieber Schwan, das ist ihnen mit dieser wunderschönen
DVD-Box auch ganz vorzüglich gelungen! Mit den beiden 2002er Shows aus Berlin, die bereits die Silberlinge eins und zwei besetzen und dem ersten Teil des Streifens "Beautiful Losers" gibt es zwar nicht all zu viel neues Material, aber
dafür handelt es sich hier um 1 A-Material.
Nun, was kann ich zu den zuvor bereits mehrfach veröffentlichten - und von unserem Norbert schon sehr treffend reviewten - Berlin-Konzerten noch schreiben, ohne bereits Ausgeführtes noch einmal platt zu treten? Nicht allzu viel, fürchte ich. Außer vielleicht nochmal zu betonen, WIE atmosphärisch-stark es bei dem Unplugged-Gig zuging, WIE gut Willy seinerzeit drauf war und WIE offen und zugänglich er sich immer wieder bezüglich der Kommunikation mit dem Publikum zeigte. Da auch alle seiner Mitmusiker voll auf der Höhe waren, dürfte es sich bei "The Berlin Concerts" um die wohl qualitativ besten filmischen Konzertaufnahmen in DeVilles Karriere handeln.
Was der vorliegenden DVD-Box leider fehlt, ist das oft unfreiwillig komische und äußerst unterhaltsame Bonus-Material der letzten beiden Ausgaben. Aber dafür wurde hier gleich eine komplette dritte DVD mit ebensolchen (wenn auch anderen) Boni hinzugefügt. Herzstück dieser ist der 1997 von dem deutschen Regisseur Diethard Küster gedrehte Ausschnitt des dreigeteilten (unbedingt empfehlenswerten) Films "Beautiful Losers", der sich in ca. gleichlangen Teilen mit den Ikonen Willy DeVille, Marianne Faithfull und Leonard Cohen beschäftigte.
Die 32 Minuten, die dem guten Willy gewidmet sind, offenbaren ein sehr atmosphärisches, offenes und teilweise gar intimes Bild des Protagonisten, der hier rückblickend auf seine Karriere und die damals aktuelle Situation auch kein Blatt vor den Mund nimmt sowie teilweise gar entwaffnend ehrlich auch die sehr dunklen Seiten seiner Vergangenheit nicht außen vor lässt. Wir erleben den Privatmann DeVille auf seiner Pferde-Ranch in Mississippi, fernab des täglichen Wahnsinns und Stresses einer Tour. Sehr aufgeräumt, reflektierend und ehrlich geht der Protagonist hier auch teilweise sehr kritisch mit sich selbst ins Gericht. Und entwickelt sich dabei (als wenn er das nicht sowieso schon gewesen wäre) zu einem wahren Sympathie-Bolzen.
Ergänzend dazu dürfen wir noch ein paar zusätzliche Szenen dieses Films geniessen, die ursprünglich dem Schneide-Tisch zum Opfer fielen. Desweiteren gibt es das volle (und eines der ganz seltenen) Jack Nitzsche-Interview, das in Ausschnitten bereits für "Beautiful Losers" verwendet wurde. Die Zeit seines Lebens menschlich als sehr schwierig geltende Szene-Ikone Nitzsche plaudert hier frei von der Seele weg über die Zeit, die er mit DeVille verbrachte und auch die ganzen Rahmenbedingungen des damaligen Umfeldes.
Munter geht es weiter mit ein paar Ausschnitten von Küsters Mittachtziger Film "Va Banque", in denen Willy DeVille damals einen kleinen Auftritt als Kneipenbillard-Profi hatte und in dem er kurioserweise u. a. mit dem späteren deutschen Außenminister Joschka Fischer zu sehen war. Einmal mehr gab DeVille entwaffnend ehrlich zu, dass Mickey Rourke ihm kurz davor noch beibringen musste, wie man einen Billard-Stock hält, damit es richtig und (wichtig!) cool aussieht, die im Film zu sehenden eingelochten Kugeln aber von einem Double gestoßen werden mussten. Herrlich...
Außerdem gibt es noch bisher unveröffentlichtes Material von einem Soundcheck in Kiel und last but not least zwei Songs des Unplugged-Konzertes, die bisher noch nicht das Licht der Welt erblickt hatten. "Carmelita" wurde bisher außen vor gelassen, weil der Track bereits auf "Live At The Metropol" mit kompletter Band ebenfalls vertreten war und bei "Nightfalls" war der Regisseur Küster damals sehr unglücklich über die Beleuchtung gewesen. Dennoch wunderbare Ergänzungen zu einem sowieso schon bärenstarken Konzert.
Ich hatte es bereits in der Einleitung angedeutet: Mit "Still Alive" ist es Meyer Records gelungen, dem verstorbenen Amerikaner eine würdiges und unbedingt empfehlenswertes Denkmal zu setzen. Abrundend kommt hinzu, dass die Box sehr liebevoll aufgemacht ist und obendrein noch über zwei sehr großzügige Booklets (einmal mit einem wirklich ausführlichen DeVille-Interview) und eine Postkarte verfügt.
Und der gute Willy, der wird sich da oben auf seiner Wolke wahrscheinlich erstmal eine seiner geliebten Marlboro Lights anzünden, einen kräftigen Schluck Pfälzer Riesling nachkippen und so zufrieden wie stolz ein dickes 'THANK YOU' in Richtung Diethard Küster und Meyer Records schicken.
Garantiert!
Line-up DVD 1:
Willy DeVille (guitars, lead vocals)
David J. Keyes (upright bass, background vocals)
Seth Farber (piano, background vocals)
Line-up DVD 2:
Willy DeVille (lead vocals, guitars)
Freddy Koella (guitars, violin, mandolin)
David J. Keyes (bass, background vocals)
Boris Kinberg (percussion)
Dorene Wise (background vocals)
Yadona Wise (background vocals)
Tracklist |
"DVD 1":
01:Betty & Dupree
02:It's Too Late She's Gone
03:Spanish Harlem
04:Trouble In Mind
05:Storybook Love
06:Big Blue Diamond
07:Shake Sugaree
08:Let It Be Me
09:Broken Heart
10:Hound Dog
11:Junker's Blues
12:You Better Move On
13:Since I Met You Baby
14:Blue So Blue
15:Keep A Knockin'/Sea Cruise
16:Shake Rattle And Roll
17:Heaven Stood Still |
"DVD 2":
01:Loup Garou
02:One Night Of Sin
03:Broken Heart
04:Running Through The Jungle
05:Bamboo Road
06:Lay Me Down Easy
07:Carmelita
08:Steady Drivin' Man
09:Across The Borderline
10:18 Hammers
11:Cadillac Walk
12:Can't Do Without It
13:Bad Boy
14:Who's Gonna Shoe Your Pretty Little Foot
15:Heart And Soul
16:Goin' Over The Hill
17:Just Your Friends
18:Spanish Stroll
19:All By Myself
20:Hey Joe |
"DVD 3":
01:Beautiful Losers (Part 1)
02:Beautiful Losers - Outtakes
03:Soundcheck in Kiel, Germany
04:Va Banque (Clipping from movie)
05:Jack Nitzsche Interview
06:Unplugged in Berlin - Outtakes "Nighfalls" and "Carmelita" |
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Externe Links:
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