Spielzeit: 63:43 Medium: CD Label: Grooveyard Records, 2014 Stil: Blues Rock Review vom 28.02.2014 Joachim 'Joe' Brookes

Wer weiß schon, was alles im Archiv von Craig Erickson schlummert und Wert ist, ans Tageslicht befördert zu werden. Jedenfalls hat Rare Tracks (2007) einen Nachfolger mit abermals unveröffentlichten Aufnahmen gefunden. Craig Erickson ist auch hier der Alleinunterhalter. Alle Instrumente wurden von ihm persönlich eingespielt und selbstredend singt er auch selbst. Mit den fast vierundsechzig Minuten Gesamtspielzeit ist die Scheibe sehr gut gefüllt worden.

Ein Mann, seine Gitarre/Kompositionen und sein Gesang schließen nahtlos dort an, wo seinerzeit "Rare Tracks" endete. Nur die Adaption eines Songs von Jimi Hendrix, hier "Purple Haze (The Trip)" genannt, stammt nicht aus der Feder des Protagonisten. Wenn man sagt, dass die vorliegende Platte eine logische Folge des Vorgängers ist, dann ist diese Äußerung gewiss nicht nur plakativ gemeint. Craig Ericksons Jams haben Tiefgang.

"Rare Tracks (Volume Two)" ist klasse Kost für jeden Blues Rock-Fan, der ein Album mit hohem Niveau und großem Tellerrand in seiner Sammlung haben möchte. Alleine der bereits erwähnte Coversong von Jimi Hendrix ist eine Interpretation, die einem nicht alle Tage vor die Flinte kommt.
Craig Erickson schmückt das Stück derart gut mit eigenen Ideen aus, dass einem die Kinnlade eine Etage tiefer rutscht. Dem 'lila Nebel', hier als Instrumental serviert, begegnet der Musiker mit fast schon jazzigen beziehungsweise proggigen Gitarren-Ambitionen. Er umgarnt das Songthema auf hervorragende Art und Weise. Neben der durch den gesamten Track fließend gespielten Gitarre, kommen den mit einigen Überraschungsmomenten versehenen Keyboards eine besondere Rolle zu. Nach dem ersten Genuss sollte man sein Ohrenmerk in weiteren Durchgängen darauf werfen. Das Stück ist ein Leckerbissen.

Diese ist allerdings nicht der einzige Hochgenuss. Nicht nur weil "Make It Through" mit über sieben Minuten das längste Stück auf "Rare Tracks (Volume Two)" ist, darf man von einem abermaligen Highlight sprechen. Welchen feinen Musik-Charakter der Gitarrist in einem weiteren Instrumental offenbart, ist einfach beeindruckend. Der Spannungsbogen ist gigantisch, obwohl sich die Nummer rhythmisch auf einem Level bewegt. Was den Track in eine höhere Dimension katapultiert ist die äußerst fantasievolle Gitarrenarbeit.

Bei "We Move On" wechselt Craig Erickson ausschließlich zum akustischen Sechssaiter und wird sehr sentimental. Eine Ballade, mit der der Musiker den Hörer auf die Knie schickt. Diese Nummer widmete er Chris Whitley. Die präsentierte Stimmung passt perfekt. Das ziemlich kurz gehaltene "Midnight Flight (Reprise)" ist dezent funkig und kann durchaus schon einer Mischung aus Jazz und Rock zugeordnet werden.
Bezogen auf die Akustische muss auch "Midnight Zone" erwähnt werden. Hier ist Craig Erickson nicht so sehr sentimental, ab doch nachdenklich. Der Track ist eine ganz feine Ballade mit umwerfender Fingerpicking-Technik.

Überhaupt hat der Musiker so einige Wandlungen auf der Platte, die mehr oder weniger deutlich, aber überzeugend in Richtung Fusion zeigen. Der Blues bleibt da nur noch als so etwas wie eine Basis bestehen. Der Abschluss "Blue Ocean View" ist herrlich sphärisch-getragene Kost und hätte durchaus noch um einige Minuten ausgebaut werden können. Auch "Heavy Stuff" darf man wörtlich nehmen. Im Sound werden hier zwei Gitarren übereinander gelegt und eine ist verdammt funkig. Ja, so wird der Hörer prächtig bedient. Klasse!

Nach "Rare Tracks" ist der Amerikaner aus Cedar Rapids, Iowa mit einem ganzen "Rare Tracks (Volume Two)"-Kelch an tollen Songs am Start. Er liefert ein sehr ausgewogenes, in jeder Phase sehr interessantes Album ab, und wenn es bei der Rezension des Vorgängers am Schluss hieß, dass man sich eine Fortsetzung wünschte, dann auch hier.

Line-up:
Craig Erickson (all instruments, vocals)