Die Eagles, die US-Westcoast-Band mit fünf Nr.-1-Singles und sechs Nr.-1-Alben sind die erfolgreichste US-Band aller Zeiten! Für die Rocker hatten sie - bildlich gesprochen - schon immer zuwenig Speck im Burger, für die Country-Fraktion zu wenig Heu im Stall. Man darf aber nicht vergessen, dass genau diese Mischung den kleinen, feinen Unterschied ausmachte, der dem geneigten 'Durchschnittszuhörer' so sehr gefiel, dass sich fast jeder Amerikaner mit dieser Wohlfühlmusik 'eindeckte'. Dieser Sound vermittelte Wärme, Geborgenheit und die große Freiheit in allen Belangen. Dazu kam, dass in dieser Band wirklich alle Musiker eine tolle und passende Stimme hatten und diese dann in ihre Lieder variierend einfließen lassen konnten. Dies wiederum verlieh den Stücken Abwechslung und eine spezielle eigene Identität.
Technisch betrachtet waren die Einzelmusiker der Eagles eh überdurchschnittlich begabt, was ihnen natürlich dann auch bei Live-Auftritten half, Perfektionismus zu vermitteln. Mit dem Eintritt Joe Walshs im Jahre 1976 (da möchte ich auf die famose RockTimes- Story von Manni Hüther aus dem Jahre 2006 verweisen) wurde dann wirklich Speck, fetter Speck in den Burger geschoben! Genau dieser Joe Walsh, gekommen aus der James Gang und gespickt mit eigenen Solotonträgern, verlieh den Eagles noch die nötige Härte, die sich vor allem gitarrentechnisch niederschlug. Den Gerüchten zufolge waren vor Joe Walsh eher die beiden Eagles-Kumpanen J.D. Souther und Jackson Browne als die eigentlichen Favoriten für Bernie Leadons freigewordenen Posten gehandelt worden. Zum Glück sagten beide ab! Wer weiß, wie es dann mit den Eagles weitergegangen wäre. Mit Joe Walsh kam dann der 'große Wurf' mit "Hotel California". Wer kennt nicht das Titelstück: mystischer Text, genialer Aufbau und einprägsamer Gitarrenzauber. Der Rest dieses Multiseller-Albums ging gegen diesen Song fast unter. Die Chart-Platzierungen in aller Welt gingen wie im Fahrstuhl nach oben. Auszeichnungen, Ehrungen, Veranstaltungen, mehr ging nicht. Man kann sich vermutlich gar nicht vorstellen, wie enorm der Druck von allen Seiten gewesen sein muss, ein erfolgreiches Nachfolgealbum hinzulegen. Das war fast unmöglich, "Hotel California" konnte man eigentlich nicht 'toppen'.
Geschlagene drei Jahre nahm sich die Band Zeit, um am Nachfolger zu werkeln. In dieser Zeit verließ Bassist Randy Meisner die Band und wurde vom Poco-Mann Timothy B. Schmit ersetzt. Auch das war eine Top-Wahl, denn er passte mit seiner weichen Stimme hervorragend in die Band. Gerüchten zufolge wurde nach "Hotel California" (vermutlich schon zuvor) in dieser Zeit viel gekokst und gesoffen. Dem war der gute Joe Walsh so zugetan, dass das Kalifornien-, Sonne-, Meer- und Freiheit-Feeling für ihn fast zum Alptraum wurde. Ich möchte den Verschleiß an 'California Girls' in dieser Zeit gar nicht wissen! Zusätzlich gibt es da noch eine spezielle Geschichte - das Koks betreffend - von unserer Fee aus Texas und Mitglied von Fleetwood Mac, Stevie Nicks, die übrigens zwischenzeitlich die Freundin Don Henleys war. Kommen wir zum besagten Album:
Unter diesem enormen Druck ein solches Klassealbum wie "The Long Run" zu bewerkstelligen, ist schon äußerst bemerkenswert. Für mich ist es in der Dichte besser als "Hotel California" - vielschichtiger, rockiger und da sind wir wieder beim 'fettigen Speck im Burger'. Da ist gar nichts mehr (zum Glück) mit Heu im Stall, sprich Country-angehauchtes. Ich denke, bei dieser Produktion war wohl Joe Walsh prägend.
Der Tonträger beginnt mit dem Rocker "The Long Run". Geiler, geteilter Gesang von Don Henley und Glenn Frey und die Slide-Gitarre von Joe Walsh - ein perfekter Einstieg. Mit dem zweiten Stück "I Can't Tell You Why" wird eine Hammer-Ballade nachgeschoben. Die Lead-Vocals übernimmt T. B. Schmit, unterstützt von Glenn Frey an der Gitarre. Der Rest der Band ist im Hintergrund zu orten. Dies ist eines dieser Stücke, die man gerne auf eine einsame Insel mitnehmen würde! Mit "In The City" kommt 'unser' Joe Walsh (er ist eben der Sympathieträger für uns Fans, ohne Allüren, was man den Herren Henley/Frey nicht unbedingt nachsagen kann) mit Gesang und Slide bestens zur Geltung.
Mit dem Track "The Disco Strangler" geht es für die Eagles eher unerwartet modern, am herrschenden orientiert, weiter. Hier ist beim Songwriting auch Don Felder aufgeführt, der - so nebenbei gesagt - der kongeniale Gitarrenpartner zu unserem Joe Walsh war. Leider wurde er von den Herren Henley/Frey Anfang 2001 gefeuert, angeblich wegen Rechte- und Geldforderungen. Hier verweise ich gerne auf das spannende Buch von Don Felder: Mein Leben mit den Eagles 1974 -2001. Sehr empfehlenswert, natürlich einseitig geschildert, aber für uns Musikliebhaber gibt es intime Einblicke in ein Bandgefüge, umrahmt von einer spannenden Zeitepoche. "King Of Hollywood" schließt die erste Seite des Albums ab, was für ein Stück - ein Traum, ein Juwel! Welch Aufbau - absolut auf Augenhöhe mit "Hotel California". Die sanften Gitarrenläufe kommen von hinten schleichend und ebnen die Gesangsstrukturen für Glenn Frey und Don Henley. Das eindringliche Songwriting ist bemerkenswert, man achte bitte auf den Text. Im Mittelteil kommt der Rhythmus fast zum Stillstand, der Gesang übernimmt dominant fordernd bis dann wieder die Gitarren das Stück vorwärts treiben - unglaublich eindringlich. Die so schönen Gitarrenparts übernehmen abwechselnd Glenn Frey und Don Felder und im Finale Joe Walsh. Für mich eine absolute Fehlentscheidung, dieses Stück nie als Single auszukoppeln. Auch findet man es auf keiner "Best Of" - unglaublich, vielleicht liegt es an dem Text...
Weiter geht es auf Seite zwei mit dem Kracher "Heartache Tonight", Co-Autoren sind Bob Seger und J.D Souther. Der nächste Knaller ist dann "Those Shoes" mit Joe Walsh und Don Felder an den Gitarren. Joe steuert auch das 'sprechende Gitarrnsolo' bei. Mann, hat der Kerl Gefühl für 'sitzenbleibende' Soli. Es folgen noch "Teenage Jail", "The Greeks Don't Want No Freaks" und "The Sad Cafe": Alles überdurchschnittliche Stücke, ausgenommen vielleicht der Abschluss des Tonträgers.
Ein solches Album so hinzukriegen ist schon gewaltig, nach der bekannten Vorgeschichte "Hotel California" betreffend. Nachgeschoben wurde dann noch im Jahr 1980 ein Live-Album, das von 'Overdubs' nur so strotzte, was bei dieser spielerischen Klasse nicht sein müsste. Die Band wollte live vermutlich noch besser klingen als auf den Alben.
Nach dieser Platte geriet man sich - genauer gesagt Henley und Frey - in die Haare, weiß der Kuckuck, um was es da wieder ging. Ich vermute mal, dass Koks und die tollen California-Girls das Nötige dazu beigetragen haben. Joe war inzwischen dem Alkohol so zugeneigt, dass er es vermutlich gar nicht so genau mitbekam. Schade war es für den Ex-Poco Timothy B. Schmit, der sich sicherlich nicht schon wieder eine neue Band suchen wollte. Auf jeden Fall, die Geschichte ging dann 1994 weiter, und wie… Diese Story folgt ein anderes Mal.
Line-up:
Don Henley Gesang, Schlagzeug)
Glenn Frey (Gesang, Gitarre)
Don Felder (Gitarre)
Joe Walsh (Gesang, Gitarre)
Timothy B. Schmit (Gesang, Bass)
Tracklist |
Side One:
01:The Long Run
02:I Can't Tell You Why
03:In The City
04:The Disco Strangler
05:King Of Hollywood
Side Two:
06:Heartache Tonight
07:Those Shoes
08:Teenage Jail
09:The Greeks Don't Want No Freaks
10:The Sade Cafe
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