Im Fußball heißt es ja immer, das zweite Jahr nach dem Aufstieg, das sei das schwerste. Der Aufstieg in Liga Nummer eins, das war für Elysium Theory ihr Debütalbum Modern Alchemy aus dem Jahr 2010. Der Nachfolger "Event Horizon" ist die Bewährungsprobe für die fünf Großraum-New Yorker. Es bringt sie beileibe nicht in Abstiegsnot, aber zu kämpfen macht es ihnen schon ...
Doch zunächst die guten Nachrichten: Die Abschmischungs- und Klangschwächen des Vorgängers, vor allem was das Schlagzeug angeht, sind weitgehend abgestellt. Und ansonsten braucht keiner zwei Mal hinzuhören, um die Band wiederzuerkennen. Der organische Sound bleibt ihr Markenzeichen. Elysium Theory arbeiten zwar mit einigen Schichten übereinander und erzeugen, auch mit den völlig 'unmodernen', simpel eingestellten Keyboards, einen teils dichten und dramatischen Gesamtklang. Aber kein bisschen dieses Bandsounds scheint durch perfektionistische Computerarbeit zu entstehen. "Event Horizon" hätte auch vor 20 oder 25 Jahren aufgenommen worden sein. Es klingt beinahe altmodisch - und damit irgendwie erfrischend.
Die 'Wiederholungstaten', die in Sachen Klang erneut erfrischen, sind auch beim Songwriting vorhanden. Hier allerdings bremsen sie doch etwas die Euphorie. Es gibt keinerlei Experimente; Elysium Theory entwickeln sich nicht weiter, sondern versuchen offenbar, nahtlos an den Vorgänger anzuknüpfen. Das ist natürlich erlaubt; und eine solche Strategie kann ja durchaus auch ein zweites Mal für großes Entzücken sorgen. Aber leider schafft es die Band nicht ganz, an das großartige Niveau der Kompositionen von "Modern Alchemy" anzuknüpfen.
Das wird schon beim Opener deutlich. "Long Count" ist verproggt im Detail und geradlinig in der Struktur; die Harmonien sind verklärt-melancholisch und angenehm angespannt. Doch im Gegenzug zum großartigen Opener von 2010, dem Debüt-Titeltrack "Modern Alchemy", fehlt ein herausragendes Momentum in Sachen Melodie oder Rhythmik, das "Long Count" die Größe eines potenziellen Klassikers verleiht. Ähnlich verhält es sich bei der Ballade "Illuminated" - absolut fein, aber einfach nicht von derselben Klasse wie zuvor ein Song wie "River In The Sky" ...
Und dann fällt mir etwas auf: Ich höre "Event Horizon" einige Male intensiv durch, und denke an Bands wie Enchant (wegen der großschweifigen Melodien), Ice Age und Saga (vor allem wegen des Gesang Dan Petersons, der zuweilen etwas von Michael Sadler hat - aber heavier) ... und ich stelle fest: Dieselben Bands kamen mir auch schon bei der Besprechung des ersten Albums in den Sinn. Ein starker Fall von Déjà-écouté.
Positiv: Hinzu kommen noch ein paar 'frische' Reminiszenzen. Da sind ein paar Portionen Time's Forgotten, u. a. die wunderschöne Gedankenversunkenheit mit Streichern und Piano in "Pictures In The Sand". Und Dream Theater: "Travellers In Time" hat was von "When Dream And Day Unite" - nur weniger technisch und stattdessen atmosphärischer, ein bisschen Richtung frühe Threshold. Unterm Strich sind Elysium Theory alles in allem stilistisch schwer festzunageln. Das ist - trotz des Auf-der-Stelle-Tretens - gut so. Viel (dieses Mal sogar mehr) Melodic-, etwas (weniger) Prog Metal, ein Schuss Neo Prog.
Und Highlights sind vorhanden: "Travellers In Time", das viergeteilte "Cask Of Amontillado" (nach der Kurzgeschichte Edgar Allen Poes, die auch schon mal das Alan Parsons Projekt auf "Tales Of Mystery And Imagination" vertonte), und auch "Church Of The Serpent". Das ist schon ein Hinhörer - es beginnt schon beinahe schräg mit einer Portion bluesigem Southern Rock und behält diesen Einschlag in seinem Riffing bei. Coole Sache; doch ansonsten sind die Stellen, die hängen bleiben, eher rar.
Beispiel "Transmission Alpha": Es beginnt so spannend und vielversprechend, aber es fehlen die Höhepunkte. Die Dramaturgien der Band sind klasse, die Melodiebögen stark, aber das Ohr gewöhnt sich mit der Zeit daran und wird kaum mehr überrascht. Dieser Ü-Effekt wirkte beim ersten Album noch stärker - plus dieser paar wirklich herausragenden Nummern, die nun einfach fehlen. Kritik auf hohem Niveau - aber wenn sie sich die Band zu Herzen nimmt, ist beim nächstem Mal vielleicht ja wieder ein Pflichtkauf drin.
Line-up:
Dan Peterson (vocals)
Tim Reid (guitars)
Benny Reyes (keyboards)
Jeff Fister (bass)
Ted Feeney (percussion)
Tracklist |
01:B'ak'tun 13 (1:47)
02:Long Count (5:48)
03:Clockwork Earth (8:04)
04:Illuminated (5:01)
05:Halo (0:58)
06:Pictures In The Sand (5:56)
07:The Arrival (0:40)
08:Travelers In Time (8:32)
09:Church Of The Serpent (5:10)
10:Transmission Alpha (6:03)
11:Cask Of Amontillado I: The Insult (4:59)
12:Cask Of Amontillado II: The Carnival (3:21)
13:Cask Of Amontillado III: Coat Of Arms (1:22)
14:Cask Of Amontillado IV: The Catacombs (6:42)
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