Errorhead / 15.03.2013, Alte Molkerei, Bocholt
Alte Molkerei Errorhead
Alte Molkerei, Bocholt
15. März 2013
Stil: Rock & More


Artikel vom 23.03.2013


Joachim 'Joe' Brookes
ErrorheadDarf es auch ein bisschen mehr Organic Pill sein? Von der musikalischen Errorhead-Dosis konnte man in der Alten Molkerei in Bocholt nicht genug bekommen. Marcus Deml, Sänger Andrew Graeser, Bass-Spezialist Frank Itt (unter anderem 3erGezimmeR, Till Brönner, Pili Pili) und der Schlagzeuger mit den hundert Händen Zacky Tsoukas (auch
Fair Warning, Helmut Zerlett, Soul Doctor) waren bei bester Laune. Sie lieferten in zwei Stunden eine Vollbedienung in Sachen Rock ab. Zuweilen setzte man sich auf artverwandte Stühle. Was sich zwischen erdigen Bluestönen und sich über den Himmel hinaus schraubenden Gitarrenfantasien abspielte, war gigantisch. Errorhead muss man live erlebt haben. Eine Pflicht für jeden Musikfan. So befand sich im Zuschauerraum der Alten Molkerei ein vom Alter her bunt gemischtes Publikum ein. Die Band machte generationsübergreifende Musik, quasi für Jedermann. Dieses Konzert bot nicht nur hervorragende Musik, sondern auch auf der Show-Seite war man voll aktiv.
ErrorheadNach einem sehr gefühlvollen Beginn sagte man den Anwesenden dann mit "Mr. Gonzales" ein herzliches Willkommen in Bocholt. Schon diese instrumentale Nummer gab Hinweise darauf, was einen noch erwarten würde. Marcus Demls Lieder hatten eine begeisternde Faszination. Leise, traumhafte Klänge gaben sich ein Stelldichein mit krachenden Riffs und Soli aus der Abteilung Rock. Es war schon beeindruckend, wie man den von den Alben her schon sehr wirkungsvollen Liedern live andere Arrangements verpasste und sie so nicht nur zu einem Ohren- sondern auch Augenschmaus werden ließ. Die Setlist war gespickt mit Songs von "Organic Pill" und darum rankten sich weiter Tracks aus Modern Hippie. Insgesamt wurde nur eine Fremdkomposition gespielt, die es ebenfalls in sich hatte. Dazu später mehr. Mit einem höllischen Drive von Zacky Tsoukas und sphärischen Spielereien aus Marcus Demls Gitarre brachte man "One Of These Days" auf den Weg der Hörfreude. Andrew Graeser enterte die Bühne und schon war die nächste Gänsehaut angesagt. Welch eine Stimme, welch eine Rock-Nummer! Jetzt hatte man so ein bestimmtes Gefühl im Bauch, dieses Kribbeln, das als Anzeichen des Wohlbefindens galt.
Errorhead"Let Me Get Down" tackerte Errorhead als großformatiges Plakat mit ganz heißen Funk-Licks an die schwarzen Wände der Location. Das Quartett versetzte die Luftmoleküle damit in extreme Schwingungen. Fantastisch, wie man die Dynamik fast unmerklich immer weiter in die Höhe trieb. Frank Itt und Zacky Tsoukas waren die ultimative Groovestation des Abends. Marcus Deml lebte seine Musik voll aus. Er war überall auf der Bühne unterwegs, hatte ein sagenhaftes Minenspiel. Federleicht tänzelt er zu heavy Riffs über die Bretter hin und her. Der Titel des Songs hatte auf das Publikum eine 'Let Me Get Higher'-Wirkung und die Fußwippen waren im Dauereinsatz. Mit einem Dreierpack aus "Modern Hippie" wurde die Stimmung weiter in die Höhe getrieben. Die kathedrale Ballade "Heaven" war ein wunderschön-relaxter Ausflug in die unter anderem mit Pastellfarben gezeichnete, verträumte Errorhead-Landschaft. Intensität pur! Die Combo verweilte gleich in himmlischen Gefilden, allerdings in viel rockiger Form. Mit einem infizierenden Groove war "Watch My Cloud" schon so etwas wie ein Wolken-verwirbelnder Orkan. Mit seinem pumpenden Tieftöner war Frank Itt zusammen mit Zacky Tsoukas die treibende Schaltzentrale des Tracks. Das Songtrio wurde durch "Northern Lights" vervollständigt. Hingebungsvoll servierte Marcus Deml galaktisch-schwebende Kreationen und ließ seine Klangkaskaden auf die Zuschauer regnen. Der Vorteil dabei war: Für solche, tief aus der Seele gespielten, wärmenden Tropfen brauchte man keinen Regenschirm. An Ende der Nummer war am Verstärker eine kleine Feedback-Orgie angesagt.
ErrorheadMit kurzen Udo Lindenberg-Einlagen von Marcus Deml wurde auch zwischen den Tracks für Stimmung beziehungsweise den einen oder anderen Lacher gesorgt. In "99" kamen sich der Gitarrist und Frank Itt nicht nur räumlich sehr nahe. Welch eine Harmonie, welch ein Zusammenspiel! Einfach zum Niederknien. Die Fretboard-Fahrten des Gitarristen waren pure Kunst, die nicht der Selbstdarstellung dienten, sondern einzig und alleine für die Zuschauer gespielt wurden. Mit "Rainy Day" waren die subtilen Bluestöne bei Errorhead angesagt und auch die Ballade "Big Heart" konnte durch Zwölftakter punkten. Nicht erst jetzt kam man ins Schwärmen und Andrew Gaeser war voll in seinem stimmlichen Element. Ein Song, der mit seiner auf- und abschwellenden Dramatik direkt ins Herz ging. Das folgende "Be Yourself" stellte Zacky Tsoukas prominent in den Vordergrund. Er lieferte, zunächst von Frank Itt begleitet, ein Hammer-Solo ab und zum Schluss des Liedes gab es noch einen Michael Jackson-Exkurs auf der Gitarre.
ErrorheadNach dem Drum-Sturm war melodische Ruhe angesagt ... "Alice Has Left The Building". Solche Balladen wollen erst einmal geschrieben werden. Klasse! Dann gab Errorhead eine Geschmacksprobe von dem ab, was noch nicht ganz in trockenen Tüchern ist. Der heftige Rocker "Get Off My Back" wird wohl den "Organic Pill"-Nachfolger zieren. Die Vorfreude darauf wurde entfacht. Hier war dann der Monolith am Bass mit seinem vorzüglich funkenden Slapping und wahnsinnigen Soundkreationen am Start. "Connected" wurde an ganz langer Leine vorgetragen. Bei diesem Blues-Rocker spielte sich Marcus Deml in einen wahren Rausch, entfachte auf seinem Arbeitsgerät eine echte Freakshow, entließ die Zuschauer mit "Ode an die Freude" und einem abschließenden Gitarren-Feuerwerk. Frenetisch wurde eine Zugabe erklatscht und dann fand die Party mit dem
Jimi Hendrix-Song "Little Wing" ihre Fortsetzung. Ganz in der Tradition verwurzelt ließ man dem Stück seine Anziehungskraft und erweiterte den Horizont mit eigenen Ideen. Diese beinhaltete eruptive Salven der Saiten-Exstase, eine Phase, in der Frank Itt sowie Marcus Deml ihren Instrumenten die Lautstärke komplett nahmen, einen ohne Vorankündigung ausbrechenden tonalen Vulkan und einen Augenaufschlag "Voodoo Chile". Den Konzertschlusspunkt setzte man in aller Ruhe mit "I'm Just Existing".
Marcus Deml ist der Magier auf den sechs Saiten. In dieser Form und Besetzung spielt Errorhead in einer Klasse mit den ganz großen Nummern des Musikzirkus.
Wir bedanken uns bei Errorhead für die problemlose Akkreditierung.
Line-up:
Marcus Deml (guitar)
Andrew Graeser (lead vocals)
Frank Itt (bass)
Zacky Tsoukas (drums, percussion)
Bilder vom Konzert
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