Eva's Milk / Zorn
Zorn Spielzeit: 46:07
Medium: CD
Label: Fuego Records, 2010
Stil: Independent

Review vom 09.09.2010


Markus Kerren
Unser Ulli war ja während seines Reviews zum Debütalbum (Cassandra E Il Sole Che Oscura) von Eva's Milk so angetan, dass er spontan beschloss, den ganzen verbleibenden Abend mit Pizza und einem guten Roten zu verbringen. Auch von den meisten anderen einschlägigen Magazinen in Europa konnte man äußerst gute Kritiken einfahren und was lange, sprich etwa drei Jahre, gedauert hat, wird nun endlich gut, denn mit "Zorn" legt uns das südeuropäische Trio sein zweites, vollständiges Album vor.
Dass die Band auch weiterhin die Texte in ihrer Heimatsprache verfasst, scheint darauf hin zu deuten, dass sie ihren Hauptmarkt wohl nach wie vor in Italien sieht. Und das, obwohl der Dreier gerade in den letzten Jahren verstärkt im Ausland (vornehmlich Frankreich) über die Bühnen gewirbelt ist. Seiner auf dem Debüt eingeschlagenen Soundrichtung ist er treu geblieben, denn auf "Zorn" wird wieder mächtig Dampf gemacht, die Gitarre ist immer noch das bestimmende Instrument und auch die Arrangements und Soundlandschaften sind eher ungewöhnlich.
Fast beschwörend wird das Album mit einem Drum-Groove von Lorenzo Stangalini eingeleitet, bevor sich Gitarre und Bass mit mächtigen Riffs dazu gesellen. Die Tempi werden immer wieder variiert und der Gesang von Andrea Zanolli ist ebenfalls schön eingängig, rau und emotional. Bei "Al Tempo Di Caronte" kommen dann gar Metal-Elemente mit dazu und die Vocals zeugen einmal mehr von einer tiefen inneren Qual, was von dem Background-Gesang noch stärker betont wird. Dieser ist auch bei "E' Meglio Essere Illucidi", einer geradezu unheimlich wirkenden Nummer, wieder am Start. Die Atmosphäre wird immer dichter und dunkler, bis es danach bei "94 Buchi Neri" wieder etwas aufgelockerter zugeht.
Das erste Video der Truppe wurde zu "Turpentine" gedreht, dem bis dahin aggressivsten Song der Scheibe. Die drei Musiker schalten in den fünften Gang hoch und auch der Gesang wirkt vollkommen losgelöst und lässt es krachen. "Nella Rile" verspricht danach für kurze Zeit Erholung, bis auch hier wieder die schweren, schleppenden Riffs über den Hörer hinwegrollen. In ihre Arrangements scheinen die drei Azzuri viel Arbeit gesteckt zu haben, denn auch hier wird wieder gekonnt mit den Tempi variiert. "Volcano", der Titel deutet es bereits an, ist ein Uptempo-Indie Rocker und auch hier werden keine Gefangenen gemacht.
In die Schlussgerade wird mit "Cuscinate" eingebogen, indem Andrea überraschend hoch singt. Überhaupt hebt sich diese Nummer von den anderen ab, was auch an den feinen Gitarren-Licks und der wesentlich poppigeren Ausrichtung liegt. Der Titelsong beendet den Reigen schließlich mit einem weiteren Rocker, vielen Breaks, dichter Atmosphäre und mächtig Dampf. Starke Songs, gekonnte Arrangements und emotionale Achterbahnfahrten werden uns auf "Zorn" geboten. Aber die Band hatte es ja in einem Statement zu diesem Silberling bereits angekündigt: »All this seems fun, like an immense Eden where we are the rotten apples.«
Bleibt zu hoffen, dass wir Eva's Milk bald auch mal auf den deutschen Bühnen erleben dürfen, um uns hautnah von dem Indie Rock der drei Italiener überzeugen zu können. "Zorn" ist auch eines jener Alben, die mit jedem Durchlauf wachsen. Man benötigt eine Weile, bis man im Eva's Milk-Kosmos angekommen ist, bis sich einem das Album mit all seinen Qualitäten erschließt. Aber diese Zeit sollte man investieren, was aufgrund des vollmundigen, warmen Sounds keine Schwierigkeit darstellen dürfte. Und ich werde mir jetzt mal einen Becher Milch auf die Mütze kippen und mir einen weiteren Durchlauf gönnen.
Line-up:
Andrea Zanolli (guitars, vocals, noise)
Paolo Contribunale (bass, noise)
Lorenzo Stangalini (drums, percussion & noise)
Tracklist
01:Soldati Dell Aurea Gioventu
02:Al Tempo Di Caronte
03:E' Meglio Essere Illucidi
04:94 Buchi Neri
05:Turpentine
06:Nella Rile
07:Volcano
08:Come Falene
09:Cuscinate
10:Zorn
Externe Links: