Finkenbach Festival
Finkenbach / Odw. - Sportplatz, 17.-18.08.2012
Plakat Finkenbach Festival
17.-18.08.2012
Finkenbach / Odw. - Sportplatz
Festivalbericht
Fotos : SATI
Stil: Krautock


Artikel vom 01.09.2012


Carlo Reßler
Impressionen In dem kleinen verträumten Odenwalddorf Finkenbach, dessen malerisch dahin plätschernder Wildbach ein absolut passender Namensgeber ist, ist alles so wie immer, wenn im Hochsommer 'Gurufest' ist. Diesen Namen haben die Einheimischen ihrem seit Jahrzehnten beliebten 'Finki'-Festival liebevoll selbst gegeben. Auf dem Festivalgelände, seit einigen Jahren gleich neben dem örtlichen Freibad gelegen, locken die Bewohner die oft weit gereisten Besucher mit allerlei selbst gebackenem Kuchen, leckeren Bratkartoffeln und anderen Gaumenfreuden. Die wenigen Betten der beiden Gastpensionen sind natürlich längst ausgebucht, doch am kühlen Bach zu zelten, macht den meisten Angereisten sowieso viel mehr Spaß. Der Duft von Gegrilltem, Räucherstäbchen und Lagerfeuern liegt betörend über dem Gelände, und im Ort sitzen schon am Nachmittag bunte Grüppchen in der Sommersonne beim gemütlichen Bier beisammen. Alles wirkt wie bei einem großen idyllisch-bunten Familienfest.
Bröselmaschine Zu einem guten Fest gehört natürlich ebensolche Livemusik. Und zum 30. Jubiläum des Finki-Festivals gibt es davon an zwei Tagen reichlich zu genießen. Bereits zu Beginn am Freitagabend fährt mit Peter Burschs Bröselmaschine gleich ein Hochkaräter auf. Melodiösen Folk Rock vom Feinsten präsentiert das bereits 1969 gegründete Urgestein der Deutschrockszene. Das Sextett um Gitarrenlehrer Peter Bursch, Gesangskünstlerin Anja Lerch und Drums & Percussion-Chefredakteur Mani von Bohr hat sichtlich Spaß am Spiel in der Abendsonne. Soviel Freude steckt natürlich an und so juckt es im Verlauf des Auftritts sogar Festivalmitorganisator und -moderator Mani Neumeier in den Fingern und er nimmt hinter der Schießbude Platz. Gemeinsam mit der Band wird nun spontan die schöne Grooveballade "Sofarock" zu Gehör gebracht. Man könnte dieser betörenden Combo noch lange lauschen, doch nach zwei lang erklatschten Zugaben und kurzer Umbaupause folgt mit Peter Panka's Jane bereits das nächste Flaggschiff der deutschen Krautrock-Landschaft.
Jane Seit dem leider viel zu frühen Tod von Schlagzeugikone
Peter Panka vor fünf Jahren und dem späteren Ausstieg von Keyboarder Werner Nadolny, klingen Peter Panka's Jane scheinbar einen Tick härter und direkter, ohne dass hierdurch die vielen Klassiker wie "Hangman" oder "Daytime" etwas von ihrer Ohrwurmqualität eingebüßt hätten. Angetrieben durch Charly Mauchers druckvolle Bassläufe und das dynamische Drumspiel von Fritz Randow präsentiert sich die Band an diesem Abend voll erfrischender Spielfreude, die direkt im Publikum spürbar wird. Gefühlvolle Gitarrensoli von Gitarrist Klaus Walz wechseln zu langen sphärischen Keyboardsounds von Corvin Bahn in "Windows", hin zum melancholisch betörenden Gesang im Klassiker "Out In The Rain". Ein starker Gig voll zeitlos schöner Rockmusik, bei dem die Zeit wie im Flug vergeht.
Impressionen Nach kurzer Umbaupause folgt mit Epitaph eine bereits 1970 gestaltete Grabinschrift, die es richtig knacken lässt. Feinster melodischer Gitarrenrock mit Lust gespielt, von einer sehr lebendigen Legende deutscher Rockmusik. Neben vielen alten Klassikern spielt die Band um die Gründer Cliff Jackson (Gitarre) und Bernd Kolbe (Bass) auch allerlei Material von den drei starken Alben des aktuellen Jahrhunderts.
Ax Genrich Zum Abschluss des 1. Festivaltages entert noch der frühere Guru Guru-Gitarrist Ax Genrich die kleine Bühne. Sein Effektspiel auf dem Griffbrett hat er in den letzten Jahren so intensiviert, dass er zu einem wahren Maestro des psychedelischen Gitarrenspiels geworden ist. Sein ganz eigenes, feedbackgetränktes Spiel erzeugt dabei eine spielerische Bandbreite, die von sphärischen Spacesounds bis zu harten, kraftvollen Riffs reicht. Traumhafte Klangfarben untermalt von gefühlvollen Percussionklängen erzeugen in tiefster Nacht eine ganz eigene Soundmagie, die 'Oberguru' Mani Neumeier bei einigen Stücken - sehr zum Gefallen der Fans vor der Bühne - mit psychedelischen Drumgrooves bereichert.
Rufus Zuphall Richtig heiß wird es am Samstag. Über 35° C zeigt das Quecksilber auf der Wiese am Nachmittag des zweiten Festivaltages. Da hat Rufus Zuphall, die legendäre Art-/ Prog Rock-Band aus Aachen wahrlich keinen leichten Stand. Denn die noch wenigen Fans suchen ermattet schattige Plätze, doch die gibt es leider vor der Bühne nicht. Das Quartett mit drei Gründungsmitgliedern im Line-up vereint Elemente aus Klassik, Blues, Folk und Rock zu einem einzigartigen Soundgebräu, welches nicht nur die Gehörgänge erfreut. Gefühlvolle Flötensoli fließen mit heftigen Gitarrenriffs zu atmosphärisch dichten Grooves zusammen. Wie heißt es so schön auf der Bandhomepage »Rufus rides again« - in dieser Form hoffentlich noch recht lange!
Space Debris Nach nötiger Erholung von der Gluthitze mit verdienter Abkühlung im schönen Finkenbach, wodurch die Space Debris leider verpasst werden, folgt mit der Rockinstitution Man aus Wales das erste Ausrufezeichen des Abends. Phil Ryans druckvoll dahin fließender Hammondorgelsound bildet den Boden für eine luftige Slide-Gitarre, untermalt vom unverkennbaren Gesangstil von 'Oldie' Martin Ace. Westcoast, Blues, Country und mehr - ein durchaus tanzbarer, filigraner Auftritt im schönen Abendsonnenlicht.
Mani Neumeier Natürlich ist zur Prime Time am Abend die Festivalwiese wieder rappelvoll geworden und es herrscht eitel Sonnenschein unter den bald 2000 Fans. Kein Wunder, denn nun gehört die Bühne den Lokalmatadoren und Namensgebern des 'Gurufestes'. Guru Guru, das legendäre und scheinbar ewig junge Avantgarde-Quartett um den 'Master of Drums' Mani Neumeier, ist seit nunmehr 44 Jahren aus der deutschen Rockgeschichte nicht mehr wegzudenken. Die bestens aufgelegten Gurus spielen an diesem Abend neben neueren Songs teils lange nicht gehörte Impressionen ihrer vielen Klassiker. "Space Baby" ist so ein Hammer mit episch ausufernden Bass- Guru Guru und Gitarrenlinien, getragen von einem satten Drumgroove. »I will make you dance« ruft der stets rotierende Mani Neumeier zwischendurch aufgedreht ins Publikum und wirbelt dabei wie ein Derwisch mühelos seine Drumsticks durch die Luft. Unter donnerndem Applaus lässt es die Band musikalisch so richtig schön knacken. Egal ob World Music, Deutschrock, oder auch Jazzelemente - die Gurus haben es im Repertoire. Und auf die obligatorische Frage »Warum macht ihr eigentlich Musik? « im zeitlos skurrilen "Elektrolurch" der natürlich in keinem Konzert fehlen darf, antwortet Gitarrist Hans Reffert treffend mit »Weil wir dabei so richtig gut ausflippen können«, gefolgt von einem genialen Riffbrettsolo! Spätestens beim wunderbar ausufernden "Ooga Booga Special" als Zugabe, gibt es unter den Anwesenden vor der Bühne kein Halten mehr und 'Freedance' ist auf der Wiese angesagt.
Hattler Ein solch schweißtreibender Auftritt verlangt geradezu nach Stärkung mit kühlem Gerstensaft, bevor am späteren Abend etwas andere Saiten aufgezogen werden. ECHO-Preisträger Hellmut Hattler, einer der besten Tieftöner der Republik, gibt sich mit seiner Band HATTLER die Ehre. Zu Beginn des Auftritts dominiert Fola Dadas geschmeidiger Soul-Jazzgesang, untermalt von einer bunten Videoshow auf kleiner Leinwand im Hintergrund. Die Krautrockfans vor der Bühne erwarten wohl einen etwas anderen Sound und den bekommen sie im Laufe des optisch und akustisch faszinierenden Gigs auch. Spätestens beim psychedelischen "Nachtstrom" bricht dann das letzte Eis und man wippt verzückt im Groove. Neben dem exellenten E-Bassspiel des Maestros mit seinen rasenden Läufen und kernigen Anschlägen, überzeugt vor allem das melodisch-dynamische Spiel von Gitarrist Torsten de Winkel. Ein ganz starker Auftritt zwischen Funk, Jazz, Elektro-Soul und knackigem Rock, Musik für Hirn und Bauch die richtig Spaß macht.
Vibravoid Zum Abschluss des Festivals dreht das Düsseldorfer Quartett Vibravoid die Uhren back to the seventies und die Verstärker dabei mächtig auf. Ausladende Space Rock-Orgien, die oft stark nach Hawkwind- & Pink Floyd-Covern klingen, werden stilvoll von kosmisch bunten Stroboskop-Effekten untermalt. Vibravoid spielen soliden Psychedelic-Sound, der sich im Laufe des fast zweistündigen Gigs melodiös beachtlich steigert und bei den Fans bestens ankommt.

Dieses wahrlich heiße Jubiläumsfestival endet erst kurz vor dem ersten Hahnenschrei mit der Abschlussbotschaft von Mani Neumeier, dass es am idyllischen Finkenbach auch im nächsten Jahr eine Neuauflage des beliebten Events geben soll. Eine Ankündigung, die noch einmal viel Applaus unter den zufriedenen und mittlerweile doch müden Fans aufbranden lässt!
Bröselmaschine   Bröselmaschine   Bröselmaschine
Jane   Ax Genrich Guru Guru
Guru Guru   Guru Guru   Guru Guru
MAN   Neumeier/Walz   Rufus Zuphall
Hattler   Hattler   Neumeier/Hattler
Impressionen
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