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German Kultrock Festival II 15.10.2011 in der Balver Höhle
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German Kultrock Festival II
Balver Höhle
15.10.2011
Event/Festival
Stil: Rock
Artikel vom 23.10.2011
Jochen v. Arnim
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Für mich stand im Grunde schon unmittelbar nach dem letzten Kultrock Festival 2010 fest, auch in diesem Jahr auf jeden Fall wieder dabei zu sein. Das letztjährige Line-up, die Location, die Stimmung, die Menschen, letztendlich die Atmosphäre schlechthin, alles Gründe genug, sich den Termin ganz dick im Kalender zu markieren. Als dann im Frühjahr von Guido Simm, neben Klaus Walz der Herr und Meister über das Event in der Höhle, von Insidern liebevoll 'Presi' genannt, die endgültige Info zum diesjährigen Programmablauf gekommen war, musste natürlich schnell ein Vorbericht verfasst werden. RockTimes als Werbe-Partner wollte und durfte sich selbstverständlich nicht aus der Verantwortung ziehen. Sieben Stunden vorzüglicher Unterhaltung sollten uns bevorstehen und wie schon im letzten Jahr spielte auch der sauerländische Kollege des Wettergottes mit. Zwar wurde es abends dann rattenkalt, aber das ist der Preis, den man Mitte Oktober für trockenes und sonniges Wetter tagsüber bezahlen muss.
Die Anordnung von Bühne, Bestuhlung für Menschen mit Handicap (ganz super, erhöht mit freiem Blick nach vorn), Merch-Ständen und Versorgungseinrichtung war dieses Mal genau andersrum, d. h. Bühne mit dem Rücken zum Eingang. Ein sehr cleverer Zug, denn so war es für die Masse der Besucher weiter hinten in der Höhle quasi wohlig und warm. Und ich habe es tatsächlich geschafft, dieses Jahr pünktlich zu sein - trotz 15 km Stau um Köln herum. Bierchen in die Hand, Kamera klar, ab in die erste Reihe und gucken, was da so alles passiert. Die letzten Vorbereitungen für den Auftritt der Opener des Festivals, The Chain, waren noch im Gange, ein paar wenige Fans drückten sich an den Bühnenrand und in der Höhle standen einige versprengte Grüppchen herum - dann ging es pünktlich los.
The Chain
Das Quartett mit und um Martin Hesse, ehemaliges Mitglied bei Jane, hatte die Ehre, den Auftakt für die zweite Ausgabe des German Kultrock Festival zu spielen. Mit Hesse an der Gitarre, Mussie Akkuzu am Schlagzeug, Olaf Meinecke am Bass und Gisella Cafieri alias 'Sister Rock' am Mikro kam da etwas rüber, das ich zumindest zu sehen und hören gehofft hatte. Denn als braver Konzertgänger habe ich mir im Vorfeld noch einmal schnell die Rezension des Kollegen Markus zu Gemüte geführt. Wenn die Live-Scheibe das Feeling so gut rüberbringt, dann kann es in natura doch eigentlich nicht anders sein. Und sie machten richtig Qualm mit gutem, fetzigen Blues Rock/Hard Rock, der sofort in die Beine ging. Das merkten wohl auch die vielen Menschen, an denen der Beginn der Show noch ein wenig vorübergegangen war, denn mit einem Mal war die Bude dann doch voll, und das Volk ging genauso ab wie die Band. "Keep Inside Out", "Sister Rock" oder "Riot", alles Songs, die wir auch auf der hervorragenden "Live At Basement" finden können, wurden dem geneigten Zuschauer um die Ohren gehauen, nein, natürlich nicht hingerotzt, sondern mit viel technischem Vermögen und spürbarer Spielfreude dargeboten. Sister Rock trägt die Texte toll in die Höhle und wird hin und wieder gesanglich von Meister Hesse unterstützt bzw. auch abgewechselt. Speziell bei den Segmenten, wo ihre Querflöte oder wunderbar akzentuiert die gute alte Blues Harp zum Einsatz kommen. Akkuzu macht ansonsten den Schwerarbeiter an den Fellen während Olaf Meinecke bisweilen zur Rampensau mutiert (Danke, Jörg!) und die Optik noch mal um ein paar Grad aufwertet. "Biker Blues" ging ganz heftig ab, "1959 Les Paul" (die ich gerne hätte) etwas bluesiger und als Zugabe noch mal ein fetzendes "Rock'n'Roll Religion" - das war ein toller Auftritt einer Band, die ich mir unbedingt noch mal solo angucken muss.
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Ramses
Direkt im Anschluss an eine sehr überschaubare Umbaupause kam gleich die nächste Band aus Hannover zum Einsatz. Ramses, eines der deutschen Urgesteine in Sachen Rockmusik, vor beinahe 40 Jahren gegründet und zumindest immer noch mit drei Langzeitmitgliedern, den Gebrüdern Langhorst sowie Reinhard Schröter im Line-up. Unterstützt werden sie vom Drummer Carsten Loll und dem Bassmann Herbert Wolfslast. Auch dem Unkundigen wurde schon beim Aufbau klar, dass wir nun eine etwas andere musikalische Ausrichtung zu hören - und zu sehen - bekommen sollten, denn da wurde ein Keyboard-Rack nach dem anderen auf die Bühne geschleppt. Bin ich auch normalerweise nicht der uneingeschränkte Freund synthesizerlastiger Musik, so wurde ich von diesem Quintett aus Niedersachsen mehr als angenehm überrascht. Da kam kein sphärisch abgehobenes Gequieke aus den Tasten sondern eine sauber durchgestylte rockige Darbietung gehobener 'Unterhaltungskunst'. Wie auch alle anderen Bands an diesem Abend, schafften die Jungs von Ramses es mühelos, ihr hohes Spielvermögen ins Publikum zu transportieren. Wirklich tolle Momente gab es zudem bei den Soloeinlagen, wie z. B. Norbert Langhorst an der Gitarre oder Loll am Schlagzeug. Untermalt wurde die Show, und es war wirklich eine, von einer perfekten Lichtinszenierung, die besonders in Europas größter Kulturhöhle prächtig zur Geltung kam. Ein neben mir stehender Besucher aus Schweden, der knappe 2.000 Kilometer Anreise hinter sich hatte, konnte sich vor Begeisterung über diese »Musik från Tyskland« gar nicht wieder einkriegen. Mit ihrem bombastischen "War", durchzogen von lautverfremdeten Kriegsgeräuschen und seit den Anfangszeiten der Band immer wieder/noch aktuell, ging ein spektakulärer Gig dem Ende zu.
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Martin Turner's Wishbone Ash
Auf diesen Act war ich am meisten gespannt gewesen, denn die 'anderen' Ash hatte ich schon mehrfach gesehen, jedoch nie die Gelegenheit bekommen, das Gründungsmitglied Martin Turner und seine Mannen live zu erhaschen. Die Sets beider Bands sollen ja zumindest in Teilen ähnlich sein - kein Wunder, bei der gemeinsamen Geschichte, die immerhin so tolle Meilensteine wie "Pilgrimage" oder Argus hervorgebracht hatte. Martin himself war bereits Mitte der siebziger Jahre erstmalig aus der Urformation ausgestiegen und hatte sich auf Solopfade begeben. Eine Reunion gegen Ende der Achtziger hielt nur ca. vier Jahre, jedoch tourt Turner nun wieder seit ein paar Jahren unter der jetzigen Flagge. Ein Umstand, der uns in wechselnden Abständen Statements und Gegen-Statements zum Recht auf das Verwenden des Namens Wishbone Ash beschert - keine Unbekannte im Rock-Business. Wie auch immer, Turner am Bass, die Gitarristen Ray Hatfield und Danny Willson sowie Drummer Dave Wagstaffe erklommen unter viel Beifall die Bühne und legten direkt mit der WA-Hymne "The King Will Come" los, ein Song, den man vielleicht erst gegen Ende erwartet hätte. Mich überkam sehr schnell das Gefühl, dass man nicht auf das Abspulen alter Hits aus war, sondern viel, sehr viel Fokus auf die spielerischen Fertigkeiten der einzelnen Bandmitglieder legte. Hatfield und Willson ernteten mit ihren mal rockigen, mal bluesigen Einlagen weit mehr als nur den verdienten Beifall, und die Virtuosität, mit der sie ihre Instrumente beherrsch(t)en rechtfertigte das auch uneingeschränkt bis hin zur allerletzten Zugabe. Den Vieren sah man ganz deutlich an, dass sie selbst großen Spaß an der Performance hatten, was mir hinterher auch von Ray Hatfield bestätigt wurde. Sehr sympathische Herren, die man im Anschluss an das Aufräumen auch noch vor der Höhle bei einem Bierchen oder für einen kurzen Schwatz erwischen konnte.
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Peter Panka's Jane
War es zumindest vor The Chain noch möglich gewesen, einen guten Platz in der ersten Reihe zu erwischen, so wurde einem diese Hoffnung im Laufe des Abends mehr und mehr genommen - bei PP's Jane stand es schlichtweg außer Frage, hier Erfolg zu haben. Sicher, es waren viele sog. 'Kraut'rock- oder Blues Rock-Fans angereist, aus so einigen Teilen Europas, aber spätestens jetzt wurde klar, wer denn die von der Mehrzahl favorisierte Band war. Im 'Innenraum' war es rappelvoll, aber sehr angenehm gesittet, als endlich die Lichter ausgingen und die Ansage für Deutschlands beste Rock-Band vom Band abgefahren wurde. Nacheinander betraten Charly Maucher, Klaus Walz, Corvin Bahn, Fritz Randow und Niklas Turmann unter viel Beifall, mit Licht und Nebel die Bühne und rockten das Haus, äh die Höhle. Die Herren gaben uns viele alte Hits aus ihrem Repertoire, schöne ellenlange Intros, wie z. B. Bei "Daytime", oder im positiven Sinne ausufernde Instrumentaleinlagen. Auf keinen Fall unerwähnt darf hier das grandiose Drum-Solo Fritz Randows bleiben, der, in blaues Licht gehüllt und von schwenkenden Spots umkreist, auch wahrlich den Letzten von seiner Bierbank riss - großes Kino. Einen kleinen Seitenhieb auf die derzeit immer wieder verschobene Veröffentlichung der angekündigten "Best of Jane" CD/DVD-Box konnte sich Klaus Walz bei der Ankündigung ihrer neuen Scheibe (VÖ Mitte November) nicht verkneifen: » […] und da das von unserer Firma kommt, wird das auch klappen!« Der neue Song dazu, "Kuxan Suum", kam bei allen Zuschauern ebenso gut an wie der ganze Rest. Schön zu sehen war übrigens, wie gut sich die beiden 'Neuen', Corvin Bahn an den Tasten und Niklas Turmann an den Gitarren, in den vergangenen Monaten mit der Band eingespielt haben und ihre Klasse anschaulich rüberbrachten. Einziger, rein persönlicher, Wermutstropfen sollte für mich der Song "Here We Are" sein, der von der Vorstellung (natürlich passt das zusammen, ich weiß) der einzelnen Bandmitglieder etwas auseinandergerissen wurde - den höre ich lieber in der reinen Urform. Trotzdem haben die Fünf mal wieder bewiesen, dass sie es immer aufs Neue schaffen, die Massen zu bewegen und mit einer großartigen Performance zu verwöhnen wissen.
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Die Hauptorganisatoren Guido Simm und Klaus Walz waren mit dem Festival auch unter dem Banner eines karitativen Hintergrundes zu Felde gezogen und fleißig für das Kinderhospiz Balthasar in Olpe gesammelt. Alle Vorverkaufsgebühren waren 1:1 in die Spendenbüchse geflossen und so konnte man während des Abends einen ansehnlichen Scheck überreichen - eine große Geste.
Nicht ohne einen kleinen Ausblick auf das nächste Jahr soll nun der Bericht abschließen, denn diesen Termin muss man sich einfach frühzeitig reservieren. Der 1. September 2012 wird es mit der dritten Auflage des German Kultrock Festivals wieder einmal in sich haben: Aphodyl, eine 'neue deutsche' Kraut-Psychedelic-Band, Punk Floyd, 'a psychedelic experience' aus dem Ruhrgebiet und schon öfters mal mit PP's Jane unterwegs gewesen, Demon's Eye feat. Doogie White, die besonders im noch laufenden Jahr mit ihrer gemeinsamen Scheibe The Stranger Within und ihren Live-Acts für Furore gesorgt haben, der deutsche Bluesmeister Henrik Freischlader und als Headliner erneut Peter Panka's Jane.
Wir werden demnächst auf dieser Welle einen zünftigen Vorbericht bringen und selbstverständlich auch wieder für Euch vor Ort sein. Bis dahin vielen Dank an Guido und Klaus für das Kultrock Festival 2011, natürlich auch für die unkomplizierte Akkreditierung und den herzlichen Empfang in Balve!
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