Die Blätter werden herbstlich bunt, die Temperaturen überschreiten tagsüber kaum noch die 20° C-Marke, aber selbst wenn es klimatisch unangenehmer wird, strahlt ein GoMusic-Event immer mehr als genug Wärme aus. Für die Oktoberrunde waren Sängerin Jutta Weinhold, Gitarrist Dennis Hormes, Schlagzeuger Manni von Bohr und natürlich der Organisator, Bassist Martin Engelien auf der Bühne im Klever Coffeehouse versammelt.
Jutta Weinhold hatte ihr neues Album Read Between The Lines im Gepäck. Die Sängerin blickt auf eine lange, erfolgreiche Karriere zurück. Sie sang bei Udo Lindenberg, gründete die Metalbands Zed Yago und Velvet Viper. Mit ihrem schlicht WEINHOLD benannten Projekt war sie 2005 im Line-up von Wacken zu finden und 2009 erschien "Rock On" von Jutta Weinholds Akustik Randale.
Der Gitarrist Dennis Hormes ist schon seit ganz jungen Jahren aktiv. Mit vierzehn begann sein Werdegang. "Cancer & Aquarius" (1997) und "Live" (2002) sind zwei erfolgreiche Alben, die er unter eigenem Namen beziehungsweise als The Dennis Hormes Blues Band auf den Markt brachte. Als siebzehnjähriger tourte er mit Joe Cocker und auf Alben von T.M. Stevens spielt er neben Yngwie Malmsteen sowie Al Pitrelli. Außerdem begleitet er als Tourgitarrist The Boss Hoss und DJ Bobo.
Manni von Bohr trommelte bei Message, Alex Oriental Experience, Birth Control und aktuell schwingt er die Sticks bei Randy Hansen.
Da durfte man wieder gespannt sein, was dieses handverlesene Quartett auf die Beine stellte. Pünktlich um 21:00 Uhr enterten die vier Künstler die Bühne. Was hatte von Bohr denn da aufgebaut? Für dieses Drumkit braucht man für den Transport ja schon ein Raumwunder an Auto. Für Nichtschlagzeuger ist ein Navigationssystem für die Felle inklusive Becken dringend zu empfehlen.
Als Trio ohne Frau war "Also sprach Paul" reine Männersache. Nach einer gemeinsam gespielten Thematik ging es schon los mit dem rockigen Jammen des Dreiers. Hormes schickte ein tolles Solo los. Es war schon so lang, dass er damit dem Fußball in Berlin schöne Grüße ausrichten konnte. Trotz der Länderspielmannschaft im Fernsehen war es richtig voll im Coffehouse. Selbst bei einer solchen Konkurrenz ganz anderer Art, wusste der Musikfan, wo er sein musste. Manni von Bohr und sein Schlagzeug musste man als Gesamtkunstwerk betrachten. Schon die ersten Eindrücke, die er dem Publikum in eine Fähigkeiten und Fertigkeiten gewährte, waren zum mit der Zunge schnalzen. Engelien hatte bei seiner Saitenfahrt auf dem bundlosen 'black beauty'-Bass auch verträumte Passagen parat. Obwohl die GoMusic im Oktober keinen Keyboarder an Bord hatte, vergingen die ersten knapp zwanzig Minuten wie im Flug.
Mit Jutta Weinhold war das Quartett beim nächsten Track dann komplett und es wurde direkt heftig weitergemacht. Das von Bob Dylan geschriebene "All Along The Watchtower" stellte die Formation unter das Zeichen vom Gitarrenmeister aller Klassen ... Jimi Hendrix. Alleine schon beim Intro war richtig Stimmung bei den Zuschauern und als die Weinhold die ersten Textzeilen sang, bildete sich, zumindest beim Schreiber dieses Berichtes, eine dicke Gänsepelle. Wow, was hat diese Frau für eine hinlangende Stimme! Sie war ohne Sechssaiter der perfekte Blickfang bei den Soli von Dennis Hormes. Er sammelte seine Ideen aus einem riesigen persönlichen Fundus, spielte brillant und lange, allerdings ziemlich unspektakulär, was seine Performance anging. Dafür hatte die 'Grande Dame' des deutschen Rock nicht nur einmal ihr Luftgitarre geschultert und suchte des Öfteren die Nähe zu Hormes, um ihn zu immer neuer Fingerakrobatik anzustacheln. Bei seinem Tatendrang musste man schon ganz genau hinsehen, um mitzubekommen, dass er selbst mit seinem Ring am kleinen Finger für Klangvielfalt sorgte und auch außerhalb des normal üblichen Griffbretts Aktionsspielräume fand.
Unseren RockTimes-Lesern wird nicht entgangen sein, dass Jutta Weinhold 2010 mit einem neuen Album am Start ist. In der ersten Halbzeit war es "Rock On" und nach der Pause "Sex, No Drugs But Rock'n'Roll". In beiden Tracks brachte Hormes Sanftheiten in den Heavy Rock beziehungsweise Schwermetall. Er ließ sein Arbeitsgerät aber auch richtig aufheulen und Engelien hatte in seinem Solo auch ein wenig Another One Bites The Dust auf Lager. Mit ihrer ausdrucksstarken Stimme konnte man der Sängerin gar nicht oft genug zuapplaudieren!
Öfter drehte man mit großem Radius am Zeitrad. "We Gotta Get Out Of This Place" von den Animals war ein weiterer Hinhörer, dem von Bohr einen kräftigen Groove verpasste und in seinem Solo brachte er auch die königsblaue Cowbell zum Einsatz. Als Fußball-Fan hatte sie leider die falsche Farbe. Dann wechselte man plötzlich das Ambiente und Latin-Flair war angesagt. Vor der Pause ließ man es noch richtig schön krachen. Mit "Fire & Water" von Free gab es tonnenschweren Blues Rock auf die Lauscher. Nicht ohne Grund nannte Engelien den Gitarristen »Derwisch Dennis Hormes«.
Nach der Pause folgten weitere Nummern aus der guten alten Zeit. Bei Creams "Sunshine Of Your Love" ließ Hormes kaum eine Saite an ihrem Platz. Er zog sie nach oben und nach unten. Man musste zwischenzeitlich echt befürchten, dass ihm die Dinger irgendwann um die Ohren fliegen. Alle platzierten sich um Manni und leisteten ihm Gesellschaft bei einem weiteren Solo über alle Felle sowie Becken, die zur Verfügung standen. Melodischer ging es nicht! Beim zu einem Reggae umarrangierten Hotel California schaltet die Gruppe einige Gänge runter. Herrlich! Als es zu "Let The Good Times Roll" kam, zitterten bei den Doublebass-Attacken von von Bohr die Augen auf den Fellen der großen Drums. Sonst machen als Showeinlage Gitarristen einen spielenden Spaziergang durch das Publikum. Singend übernahm Weinhold diesen Part und brachte die Zuschauer zum Tanzen. Man braucht viel Edelmetall, um auf einer Waage die gesanglichen Fähigkeiten von Weinhold auszubalancieren.
Schon beim Intro der nächsten Nummer war klar, dass der Blues Rock abermals zitiert werden sollte. Eine weitere Free-Nummer war der Platz des Frage - Antwort-Spielchens zwischen Hormes und Engelien. Dabei wurde auch Deep Purples Klassiker "Smoke On The Water" ins Geschehen eingebettet. Das letzte Stück der Setlist ( Immigrant Song) brachte das Coffeehouse zum Brodeln. Als Herr der Ringe ließ Hormes seine Gitarre pfeifen. Oft beschränkte er freiwillig seinen Spielraum am Brett auf wenige Quadratzentimeter und beeindruckte damit die Anwesenden. Jutta Weinhold war eine brillante Sängerin. Sie überzeugte mit ihrem Gesang und der Bühnenpräsenz so sehr, dass ihre Statements zum Rock (und Roll) zwischen den Songs keine leeren Worthülsen waren. Engelien, Weinhold sowie Hormes verließen die Bühne und es war Manni von Bohr-Showtime. Unglaublich, dieser Drummer! Da kam man nur durch das reine Zuschauen schon ins Schwitzen. Kann es sein, dass ich bei dem wirklich langen Solo ein klein wenig "In Da Gadda Da Vida" von Iron Butterfly erkannte?
Die Protagonisten der Oktober-GoMusic ließen die Bühne für eine Zugabe nicht lange alleine und mit Led Zeppelins "Rock'n'Roll" fühlte sich Engelien nach seinem Wah Wah-Solo in der Rolle des Zeremonienmeister pudelwohl. Ein krönender Abschluss nach über zwei Stunden beste Unterhaltung.
Wir bedanken uns bei Martin Engelien für die problemlose Akkreditierung.
Line-up:
Martin Engelien (bass, backing vocals)
Jutta Weinhold (vocals)
Dennis Hormes (guitars)
Manni von Bohr (drums)
Bilder vom Konzert
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