Da hatte es ihn erwischt ... Chris Kramer war krank und musste auf ärztliche Anweisung das Bett hüten. Go Music-Organisator Martin Engelien hatte binnen Kurzem einen anderen Musiker im Line-up: Den Keyboarder Jürgen Dahmen, der sein von reichlich Gebrauchsspuren gekennzeichnetes Fender Rhodes links auf der Cafe Country-Bühne platziert hatte. Seine musikalische Vita ist so bunt wie Karnevalskonfetti. Er hatte Klavier- beziehungsweise Geigenunterricht und studierte Musik am Robert Schumann Konservatorium in Düsseldorf. 1975 wurde die Jazz Rock-Formation Impressum gegründet. Jürgen Dahmen spielte im Trio von 'Big' Fletchit Campbell und mit der Band Hearts And Chips war der Künstler im Line-up des New Jazz Festivals in Moers. Er war zweiter Musikalischer Direktor bei der "Harald Schmidt Show". Jürgen Dahmen kann auf diverse Radio- und Fernsehproduktionen zurückblicken und seine Mitarbeitsliste bei Plattenaufnahmen als Musiker sowie Produzent ist ellenlang. Hier seien nur Georg Danzer, Nighthawks, Propaganda, Sternhagel, Trance Groove oder T.V. Smith genannt. Glen Turner hat aus frühen Tagen Joe Cocker und Chris Stainton auf der Visitenkarte stehen. Er spielte im Orchester der Original Rock-Oper Tommy und mit The Returners und Martin Engelien am Bass veröffentlichte er das Album "Burnin'". Außerdem entstand aus der Zusammenarbeit mit Pete Haycock ( Climax Blues Band) die CD "Pete Haycock's True Blues Live Featuring Glen Turner". Der Schlagzeuger Florian Brüning hatte bereits mit sechs Jahren Trompetenunterricht und konzentriert sich seit 2001 auf das Schlagzeug. Von 2007 bis 2009 absolvierte er eine Ausbildung an der Hamburg School of Music mit dem Schwerpunkt Pop/Rock und Jazz im Hauptfach Schlagzeug und dem Nebenfach Klavier. Seit »2009 Lehrtätigkeit an den Musikschulen Gummersbach, Wipperfürth und Radevormwald.«
Die Februar-Go Music stand im Zeichen des Blues und Rock. Neben einer Glen Turner-Komposition "Maybe I'm Right (Health)" von der Returners-CD gab es mit "Rocky Mountain Way" ( Joe Walsh), "Route 66" ( Nat King Cole), "Roadhouse Blues" ( The Doors), "Long Tall Sally" ( Little Richard), "Call Me The Breeze" ( J.J. Cale), "Do It Again" ( Steely Dan) oder "Love The One You're With" ( Stephen Stills) exquisite Kost auf die Lauscher. Als Opener des mitreißenden Konzerts stand wieder das Instrumental "Present" auf dem Programm. Schon die Vorstellungs-Soli waren vom Allerfeinsten. Glen Turner spielte in Moll und Dur das Fretboard rauf und runter. Wie bei ihm sorgte Jürgen Dahmen auf seinem Fender Rhodes sowohl für jazzige als auch funkige Phasen. Der Tastenmann hatte fast ständig seinen rechten Fuß auf dem Wah Wah-Pedal und sorgte so für fantasievolle Abwechslung in seinem Sound. Florian Brünings Drumsolo war zwar nicht so lang, aber geprägt von feinen, temporeichen Fell-Spielereien. Während des Gigs glänzte er durch seinen akzentuierten Einsatz der Trommelstöcke. Martin Engelien versah seinen Alleingang mit einigen Zaubereien aus der Bass-Trickkiste und so vergingen die ersten zwanzig Minuten wie im Flug. Beim Slow Blues "I've Got A Right To Love My Baby" gab er dem Track durch seine zurückhaltende Begleitung eine herrliche Färbung. Mit den stets wechselnden Musikern bei der Go Music erhält der Eröffnungs-Track immer andere Nuancen. An diesem Abend lautete das Motto: Hammer-Groove! Hammer-Rock! Hammer-Riffs!
Irgendwie hatte man nie den Eindruck, als sei Jürgen Dahmen gerade erst zu dieser Go Music-Session gestoßen. Die Band präsentierte sich wie aus einem Guss und die Begeisterung eines Glen Turner über das virtuose Spiel des Tastenmanns aus Neuss konnte vom Publikum ohne Einschränkung geteilt werden. Sein Arbeitsgerät hatte eine unverkennbare Schieflage. Im übertragenen Sinn könnte man auch sagen, dass das Instrument auch die bodenhaftende Wirkung eines Spoilers bei einem Formel-1- Boliden hatte. Glen Turner, der »Chef aus Sheffield«, wie Martin Engelien ihn nannte, legte eine so begeisternde Fingerfertigkeit an den Tag, dass einem vor Staunen manchmal die Kinnlade in Richtung Boden glitt. Der im zweiten Set gespielte, ach was, zelebrierte Slow Blues war Glen Turners Baumwollfeld. In diesem Song kam das Solo aus der Gourmet-Ecke des Genres. Verdammt gut singen konnte er auch noch und servierte den Zuschauern auch noch einen Twinsound, den er mit seiner Stimme und Gitarreneinsatz kreierte.
Die vier Musiker hatten und spielten den Rock'n'Roll nicht nur beim kurzen, aber heftigen, mit Nebenwirkungen versehenen "Long Tall Sally", sondern auch in "Call Me The Breeze", eine Interpretation, die mit einer kleinen Zitatensammlung aus der Musikgeschichte wieder einmal verdeutlichte, dass die ausgewählten Stücke nicht unbedingt wie von der Stange gespielt wurden. So war es auch beim "Roadhouse Blues", einer 1a-Go Music-Lesung. Die "Route 66" hatte das Leitmotiv: Es lebe der Jazz! Da rollten die Riffs aus dem Keyboard wie Perlen an einer Kette und zur dann folgenden, loungigen Jürgen Dahmen-Begleitung spielte Glen Turner inspirierte Gitarrenläufe. Nach dem Steely Dan-Stück meinte Glen Turner mit Blick zum Keyboarder: Donald Fagen! Zustimmung, aber es steckte auch eine gehörige Portion Eigenständigkeit in der Interpretation. So fand die Combo in den Liedern immer wieder eine ganz andere Betonung, als man es von den Originalen her kennt.
Bei der "Tequila"-Zugabe, natürlich in musikalischen Gläsern kredenzt, schüttete Martin Engelien jedem einzelnen Musiker zwanzig, dreißig oder vierzig Getränke ein. Unter diesem virtuellen Eindruck des Alkohols spielten sie ihre Soli dann der Reihe nach psychedelisch ( Jürgen Dahmen), verträumt ( Florian Brüning) und Glen Turner bewundernswert falsch, völlig neben der Spur ... so etwas muss man erst einmal hinbekommen. Der Ball wurde vom Publikum an einen etwas überraschten Martin Engelien zurückgespielt ... fünfzig Tequila ... auch hier wurden der Fantasie keine Grenzen gesetzt. Eben »unvorherhörbar «, wie der Go Music-Macher so schön zu sagen pflegt.
Die Jecken konnten am Karnevalsfreitag woanders feiern. Das Klever Zentrum der musikalischen Kostbarkeiten war definitiv das Cafe Country. Ein donnernder Applaus für die Go Music im Februar. Im März findet das Konzert am Samstag, dem 09.03.2013 statt. Mit dabei sein werden: Shanai (Vocals), Benni Bilgeri (Guitar) und Dieter Steinmann (Drums). Ach so, am Bass natürlich Martin Engelien.
Wir danken Martin Engelien für die problemlose Akkreditierung.
Line-up:
Martin Engelien (bass, backing vocals)
Glen Turner (vocals, guitar)
Jürgen Dahmen (Fender Rhodes)
Florian Brüning (drums)
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