Szenenwechsel: Null, aber auch gar nichts wusste ich bis zum Auftritt von der fünfköpfigen niederländischen Band
Bradley's Circus. Was dieses Quintett mit seinem überhaupt erst zweiten Auftritt in Deutschland bot, vertrieb jegliches Hungergefühl und der Platz in der ersten Reihe am Drängelgitter musste gehalten werden.
Bradley's Circus war die Show in Dosen, auf Paletten bis zur Höchstgrenze gestapelt. Das galt nicht minder für die Musik.
Gleich im ersten Song wurde das Publikum als sechster Mann eingebunden. Laut schrie die Menge mehrfach auf Kommando von
Mattanja Joy Bradley ein
»Schö-pping-en« in Richtung Bühne.
Unglaublich! Dieser
Bradley traute man eine derart voluminöse Stimme nicht zu. Von sanft über wild bis kratzbürstig ging es, je nachdem, welche Stimmung erforderlich war. Außerdem griff sie auch zur Gitarre und untermauerte die tolle Gitarrenarbeit von
Jimmy The Lounge.
Beim diesjährigen Festival war der Teufel eine Frau und hatte auch einen Namen:
Lidewij Veenhuis, ihres Zeichens die Wahnsinns-Harperin des
Circus. War
Matt Walsh mit seinen Instrumenten ein Vertreter der friedfertigen Art, konnte man mit der rothaarigen Lady aber die andere Seite der Medaille bewundern und hören. Ungezügeltes Temperament an dem kleinen Instrument offenbarte sie reihenweise. Selbstredend hatte sie ihre Krallen in den langsameren Nummern gut gefeilt, denn auch in dieser Abteilung war sie nicht zu schlagen.
Viele Stile verbanden die Niederländer in ihrem über einstündigen Gig und von daher sollte man, wenn schon eine Kategorie herhalten musste, die Roots Music-Schublade öffnen.
Lounge brachte auf seiner goldfarbenen Halbakustischen alles von smooth, jazzig, riffig und rockig zu Gehör.
Die Auswahl der Songs ging vom traditionellen 12-Takter über süffige Boogie-Nummern à la
Canned Heat bis zu trendig verpacktem 50-Jahre-Blues und wieder zurück.
Boogie im Quintett oder im Duo, beides ging. Boogie im Duo… . Ja! Bei
Bradley's Circus wurde so etwas reduziert auf die beiden Frauen
Mattanja sowie
Lidewij. Letztere nahm an den Drums Platz und Erstere schulterte eine feuerrote Halbakustische. Ihr Song hieß "Tomboy Boogie" und war ein waschechter Boogie, an dem man sich nicht satt hören konnte. Die Gitarristin wollte mehr…
Jimmy musste der Lautstärke mehr Power geben. Dank der einleitenden Worte des Kontrabassisten
Toine Stout haben wir auch etwas gelernt: Tomboys sind burschikose Frauen. Dieses Stück war nur ein Highlight der Show.
Es war viel los auf der Bühne. Man wusste nicht so recht, wo man zuerst hinschauen sollte. Der ruhende Pol war
Beewee Nederkoorn. Logisch, als Drummer war er an seinem Arbeitsplatz ziemlich fixiert.
Es stimmte alles, ob Slow- oder Up-Tempo-Nummern. Ob selbst geschriebene Stücke, ein gigantisches
Howlin' Wolf "Wang Dang Doodle" in einer Krimi-Version oder "Hound Dog"… .
Einen Track des Abends konnte man unter dem Motto 'The Ventures-meet-"Peter Gunn"' verbuchen und wenn die beiden Ladies mit ihren Hacken rhythmisch auf den Boden stampften, konnte man spüren, wie sie in ihrem Element, der Musik waren.
Bradley's Circus war
die Entdeckung des berichtenden
RockTimes-Redakteurs.
Wer immer etwas mit Buchen von Auftritten zu tun hat:
Bradley's Circus… .
Die Rezension ihrer aktuellen CD "Shotgun Bunny" folgt in Bälde.