17. Internationales Grolsch Bluesfestival
07.06.2008, Schöppingen
17. Internationales Grolsch Bluesfestival 2008 17. Internationales Grolsch Bluesfestival 2008
Schöppingen
07. Juni 2008
Festivalbericht
Stil: Blues



Artikel vom 13.06.2008


Joachim 'Joe' Brookes
17. Internationales Grolsch Bluesfestival 2008 am Vechtabad in Schöppingen mit Walter Trout, Lance Harrison Band, Danny Bryant's RedEyeBand, The Stoney Curtis Band, Bradley's Circus, Matt Walsh Acoustic Quartett
Bei herrlichem Wetter und strahlendem Sonnenschein startete das 17. Grolsch Bluesfestival pünktlich mit dem Matt Walsh Acoustic Quartett und das hatte seine CD Under Supsicion im Gepäck, die seinerzeit mit dem Preis der deutschen Schallplattenkritik gekürt wurde.
Der Bandleader ließ seinen Musikern über die gesamte Länge des Gigs jede Menge Freiheiten für solistische Einlagen und Matthias Feige (acoustic guitar), Jürgen Knautz (acoustic basses) sowie Markus Paßlick konnten voll überzeugen.
Matt WalshIrgendwie passte diese Festival-Eröffnung perfekt zum Wetter, besonders wenn Paßlick, der eine Vielzahl von Trommeln und anderen perkussiven Instrumenten bediente, die zwei Bongos zwischen seine Beine klemmte und beim Spielen karibisches Flair aufkam.
Walsh spielte seine diversen chromatischen und diatonischen Harps mit einem herrlich warmen Sound und die eher sanfte Stimme passte hervorragend zum Blues. Neben Songs von seinem oben erwähnten Album gab er auch einige Coversongs zum Besten, so z.B. Robert Crays "Phone Booth" oder "Hard Headed Woman", die er mit seiner ureigenen Patina überzog.
Matthias Feiges Beiträge an der akustischen Gitarre hatten des Öfteren jazzige Anleihen und was Jürgen Knautz aus seinem futuristisch aussehenden Standbass herausholte, forderte den Szenenapplaus des Publikums ein. Na ja, alle bekamen mit Recht ihren Beifall. Wenn Knautz zur akustischen Bass-Gitarre griff, waren auch funkige Töne, die einen guten Kontrast zu den anderen Musikern boten, angesagt.
Klar, mit dem Aufgebot an Percussion-Instrumenten wurde Paßlick nicht nur zu einem Hinhörer. Er stand häufiger unter Beobachtung, besonders wenn er mit dem im Bild abgebildeten Tonerzeuger ganz vorne am Mikrofon stand. Einfach toll, welche Klänge er damit zauberte.
Eine herrliche Stunde Musik verging wie im Flug und leider gab es keine Zugabe, obwohl von den Besuchern gefordert. Walsh wollte den Zeitplan nicht schon zu Beginn des Events strapazieren. Unfreiwillig kam es viel später dann aber doch dazu.
Ein mehr als gelungener Auftakt!
Matt Walsh      Matt Walsh      Matt Walsh
Matt Walsh    Matt Walsh   
Stoney Curtis Band

Nach der Umbau-Pause war etwas ganz anderes angesagt: Stoney Curtis schulterte die Gibson Flying V nicht umsonst. Seine Begleiter Charles Glover II (drums) und Uwe Böttcher (bass) begleiteten den aus Chicago stammenden Blues-Rocker durch ein abwechslungsreiches Programm und gedanklich leistete ich dem Gitarristen bereits nach der Hälfte seines Auftrittes Abbitte, denn im Gegensatz zu seinem Konzert vom 22.10.2006 gab er einen sehr straighten Blues Rock, an dem sich die Zuschauer das Herz erwärmten. Ohne Effekthascherei, was den Einsatz der Pedale anging, spielte der Protagonist einen richtig erfrischenden Blues Rock, allerdings nicht ohne die ruhigeren Zwischentöne außer Acht zulassen. Schade, dass es ausgerechnet bei einem der Slow-Blueser ein Knarzen im Verstärker gab. Das drückte die gute Stimmung aber nicht im Entferntesten.
"Woke Up This Morning", der heavy Rock'n'Roller "Last Train To Chicago", "American Woman" mit einem höllisch in die Magengrube pumpenden Böttcher-Bass, ach welch ein schönes Gefühl, oder Jimi Hendrix' "All Along The Watchtower" waren Stimmungsmacher erster Güte und so gefiel mir der Mann aus Chicago insgesamt so richtig gut.
Blues Rock im Trio, mit einem ausgelassenen, zu jedem Spaß bereiten Charles Glover II und einem kompetenten Uwe Böttcher am Tieftöner. Im rockigen Zugabenteil gaben die Drei noch einmal alles, was man zu bieten hatte und dieser Gig war nicht nur auf der Bühne Schweiß-treibend.
Stoney Curtis    Stoney Curtis
Stoney Curtis   Stoney Curtis   Stoney Curtis   Stoney Curtis
Bradley's Circus

Szenenwechsel: Null, aber auch gar nichts wusste ich bis zum Auftritt von der fünfköpfigen niederländischen Band Bradley's Circus. Was dieses Quintett mit seinem überhaupt erst zweiten Auftritt in Deutschland bot, vertrieb jegliches Hungergefühl und der Platz in der ersten Reihe am Drängelgitter musste gehalten werden.
Bradley's Circus war die Show in Dosen, auf Paletten bis zur Höchstgrenze gestapelt. Das galt nicht minder für die Musik.
Gleich im ersten Song wurde das Publikum als sechster Mann eingebunden. Laut schrie die Menge mehrfach auf Kommando von Mattanja Joy Bradley ein »Schö-pping-en« in Richtung Bühne.
Unglaublich! Dieser Bradley traute man eine derart voluminöse Stimme nicht zu. Von sanft über wild bis kratzbürstig ging es, je nachdem, welche Stimmung erforderlich war. Außerdem griff sie auch zur Gitarre und untermauerte die tolle Gitarrenarbeit von Jimmy The Lounge.
Beim diesjährigen Festival war der Teufel eine Frau und hatte auch einen Namen: Lidewij Veenhuis, ihres Zeichens die Wahnsinns-Harperin des Circus. War Matt Walsh mit seinen Instrumenten ein Vertreter der friedfertigen Art, konnte man mit der rothaarigen Lady aber die andere Seite der Medaille bewundern und hören. Ungezügeltes Temperament an dem kleinen Instrument offenbarte sie reihenweise. Selbstredend hatte sie ihre Krallen in den langsameren Nummern gut gefeilt, denn auch in dieser Abteilung war sie nicht zu schlagen.
Viele Stile verbanden die Niederländer in ihrem über einstündigen Gig und von daher sollte man, wenn schon eine Kategorie herhalten musste, die Roots Music-Schublade öffnen.
Lounge brachte auf seiner goldfarbenen Halbakustischen alles von smooth, jazzig, riffig und rockig zu Gehör.
Die Auswahl der Songs ging vom traditionellen 12-Takter über süffige Boogie-Nummern à la
Canned Heat bis zu trendig verpacktem 50-Jahre-Blues und wieder zurück.
Boogie im Quintett oder im Duo, beides ging. Boogie im Duo… . Ja! Bei Bradley's Circus wurde so etwas reduziert auf die beiden Frauen Mattanja sowie Lidewij. Letztere nahm an den Drums Platz und Erstere schulterte eine feuerrote Halbakustische. Ihr Song hieß "Tomboy Boogie" und war ein waschechter Boogie, an dem man sich nicht satt hören konnte. Die Gitarristin wollte mehr… Jimmy musste der Lautstärke mehr Power geben. Dank der einleitenden Worte des Kontrabassisten Toine Stout haben wir auch etwas gelernt: Tomboys sind burschikose Frauen. Dieses Stück war nur ein Highlight der Show.
Es war viel los auf der Bühne. Man wusste nicht so recht, wo man zuerst hinschauen sollte. Der ruhende Pol war Beewee Nederkoorn. Logisch, als Drummer war er an seinem Arbeitsplatz ziemlich fixiert.
Es stimmte alles, ob Slow- oder Up-Tempo-Nummern. Ob selbst geschriebene Stücke, ein gigantisches Howlin' Wolf "Wang Dang Doodle" in einer Krimi-Version oder "Hound Dog"… . Einen Track des Abends konnte man unter dem Motto 'The Ventures-meet-"Peter Gunn"' verbuchen und wenn die beiden Ladies mit ihren Hacken rhythmisch auf den Boden stampften, konnte man spüren, wie sie in ihrem Element, der Musik waren.
Bradley's Circus war die Entdeckung des berichtenden RockTimes-Redakteurs.
Wer immer etwas mit Buchen von Auftritten zu tun hat: Bradley's Circus… . Die Rezension ihrer aktuellen CD "Shotgun Bunny" folgt in Bälde.
Bradleys's Circus   Bradleys's Circus
Bradleys's Circus   Bradleys's Circus   Bradleys's Circus   Bradleys's Circus
Bradleys's Circus   Bradleys's Circus
Bradleys's Circus   Bradleys's Circus   Bradleys's Circus   Bradleys's Circus
Danny Bryant's RedEyeBand

Es war mittlerweile 20:30 Uhr, als der Brite Danny Bryant mit seiner RedEyeBand die Bühne enterte. Nicht nur die Lightshow zeigte erste echte Wirkungen, auch der junge Blues-Rocker traf den Nerv des Publikums. Seinen 12-Takter wollte man hören und er lieferte den anwesenden Leuten, was sie wollten. Gitarren-lastiger Blues der lauten Sortierung. Etwas zu laut, für meine Begriffe.
Danny BryantGeschätzte zirka 80 % seines Gigs ließ er seine Gitarre 'sprechen'. Und wie! Bryant, mittlerweile dafür bekannt, seinen Emotionen mit extrovertiertem Minen-Spiel auf den sechs Saiten seiner Fender Stratocaster Ausdruck zu verleihen, machte auch im einstündigen Gig nichts anderes und das auf hohem Niveau.
Erstaunlich war, bei einem Festival einen Song zweimal zu hören: "Phone Booth" wurde ja bereits von Matt Walsh als Coversong ausgewählt. Auch Danny Bryant hatte dieses Stück auf der Setlist, allerdings, wen wunderte es, in einer hochvoltigen Fassung.
Slow-Songs und Up-Tempo-Nummern gaben sich die Klinke in die Hand und im Türrahmen stand stets Danny Bryant, der einen großen Teil seines Auftrittes am äußersten Bühnenrand verbrachte. »Noch ein Stückchen weiter und der fällt von der Bühne,« hörte ich jemanden in meiner Nähe sagen.
Zum Teil frenetischer Beifall brandete zwischen den Songs und jedem beendetem Solo auf.
Pausen gab es dann, wenn er seine Gitarre stimmte oder den Anwesenden ein »How you're doin'? Great?« zurief.
Mit einer klasse Hintermannschaft spielte sich der junge Wilde in die Herzen der Zuschauer, die der heftigen Gitarren-Blues-Akrobatik ihr Begeisterung entgegenzusetzen hatten.
Bereits vor der Zugabe kündigte er seinen Mentor Walter Trout an. Was sollte das nur geben… ?
Danny Bryant   Danny Bryant   Danny Bryant   Danny Bryant
Danny Bryant   Danny Bryant   Danny Bryant   Danny Bryant
Danny Bryant   Danny Bryant   Danny Bryant
Walter Trout

Für den Amerikaner wurde der Arbeitsplatz richtig aufgeräumt. Selbst auf der Bühne befindliche Flaschenverschlüsse wurden weggekickt.
Bevor auch nur ein Ton gespielt war, wurde Trout mit tosendem Beifall empfangen. Nach der Absage von Schwergewicht Popa Chubby konnte quasi in letzter Minute eine andere Band gefunden werden.
Walter Trout hatte eine Message vom Dicken, die er dem Publikum nicht vorenthielt. Sie besagte, dass sich Chubby »… a little sick« fühlte und er es bedauerte, nicht auftreten zu können.
Trout habe ich schon einige Male live gesehen, allerdings nie auf einer großen Bühne. Von der ersten Minute an machte der Gitarrist und Sänger in toller Spiellaune klar, wer bei diesem Event den Ton angab.
Er sowie seine Band, die mit Michael Leasure einen brandneuen Drummer und seinem ersten Deutschland-Auftritt Premiere hatte, zündeten von Beginn an ein Feuerwerk der guten Laune und tollen Songs ins Publikum.
Perfekter Sound, klasse Stimmung… es konnte doch nichts schiefgehen. Leider doch! Sammy Avilas Hammond verabschiedete sich und auch diese Tatsache nahm der Bandleader locker: »We're a power trio again, Sammy!«
Nachdem fleißige Hände dem Sammy ein Keyboard angeschlossen hatten, ging es mit komplettierter Mannschaft wieder in die Vollen.
Trouts Rock'n'Roll-Version von Hound Dog Taylors "Give Me Back My Wig" verankerte sich wohl im Laufe der Zeit in der Setlist. Schön, diesen Song in einer eigenwilligen Interpretation vom Amerikaner gehört zu haben.
Angekündigt wurde es im Vorfeld und Walter Trout erfüllte die Wünsche… . Gerade eine Woche auf dem Markt, gab es einige Songs aus seinem aktuellen Album The Outsider und als erstes war der Titelsong an der Reihe. Himmel noch eins, live kommt das Packet noch besser. Auch "Welcome To The Human Race", auf das man sich erst kurz vor dem Auftritt einließ (Rehearsal in der Umkleide) war gigantisch.
Es kam, wie es kommen musste: Gegen 22:45 Uhr ging einer der Sound-Leute zum Mikrofon und unterbrach mit einer unzweideutigen Ansage das Trout-Konzert. Donner und Blitz waren der Grund und da hieß es: Sicherheit geht vor. Die Zwangspause dauerte eine halbe Stunde und dann knüpfte die Band da an, wo sie aufgehört hatte. Mit hochkarätigem Blues Rock vom Allerfeinsten.
Dann gab es noch eine Blues-Jam. Und wen bat Trout dafür auf die Bühne? Klar, Danny Bryant. Das Frage-Antwort-Spiel war dann auch Pflicht und der Mentor legte jeweils vor… .
Der Abend machte klar: Der Siebenundfünfzigjährige Walter Trout ist das Maß aller Blues-Rocker und hat die Pole-Position inne.
Walter Trout   Walter Trout   Walter Trout
Walter Trout   Walter Trout   Walter Trout   Walter Trout
Walter Trout   Walter Trout   Walter Trout
Walter Trout           Walter Trout
Lance Harrison Band

Der Umbau für die Lance Harrison Band stand an und gegen 00:45 Uhr war es dann soweit.
Bisher hatte noch kein Gitarrist ein Bottleneck übergestreift. Da musste man bis zu dieser Band Geduld haben, aber Lance bot dann reichlich Slide-Gitarre. Die Band mit Paco Saval an den Keyboards, Manju B am Bass, dem Drummer Ralph Schlaeger und Donna Howley am Rainstick überzeugte als sehr gut eingespielte Gruppe und konnte die Zuschauer, nach einem gewiss furiosen Trout-Auftritt mit ihrer speziellen Art des Blues bei Stimmung halten. Einfach ist es ja nicht, nach dem Headliner zu spielen.
Neben einem Elmore James-Stück servierte der Mann mit dem geflochtenen Bart tolle Eigenkompositionen, die einen wunderschön relaxten sphärischen Anteil hatten und manchmal entschwand der Harrison-Blues in Richtung Himmel.
Durch rockige Gitarren-Intermezzi gab er seinen Songs immer wieder mal einen kräftigen Touch und Paco Saval war nicht nur für den Keyboard-Teppich zuständig. Seine solistischen Beiträge hatten ab und an einen jazzigen Einschlag, der den Gesamt-Sound wunderschön bereicherte. Wenn Lance zu seiner Lap Steel-Gitarre wechselte, sorgte er nochmals für besondere Momente im Auftritt. Er konnte beim Publikum auf spielerische Art und Weise die Fußwippe aktivieren und neben rockigen Passagen machte er auf seiner halbakustischen Gibson durch Verfremdungseffekt auch Ausflüge in den psychedelischen Bereich.
Man hatte sich quasi gerade auf den Harrison-Blues eingelassen, da trat Donna ans Mikrofon und teilte mit, dass sich bereits einige Anwohner, die schlafen wollten, telefonisch gemeldet hätten. Wohl keine Blues-Fans! So gab es noch einen Song und dann gingen beim 17. Grolsch Bluesfestival um 01:25 Uhr endgültig die Lichter aus.
Lance Harrison      Lance Harrison     
Lance Harrison      Lance Harrison      Lance Harrison
Lance Harrison      Lance Harrison     
Zehn Stunden Bluesfestival am Vechtabad in Schöppingen waren wieder einmal mehr als lohnenswert und zeigten, wie vielfältig der Blues ist. Geregnet hat es zwar wieder, aber was soll es… die Show ging ja weiter und es wird bestimmt auch eine 18. Auflage des tollen Festivals geben.
Vielen Dank an Richard Hölscher vom Kulturring Schöppingen für die freundliche Unterstützung.
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