18. Schmölzer Blues Tage / Blues ist bunt!
09. bis 11.09.2011, Schmölz/Küps/Oberfranken
Plakat 18. Schmölzer Blues Tage
Blues ist bunt!
Zelt am Schloss, Schmölz/Küps
09. bis 11.09.2011
Stil: Blues und Verwandtes
Festivalbericht


Artikel vom 19.09.2011


Norbert Neugebauer
Von wegen 'deep blue'!
Schmölz 2011Dass der Blues keineswegs tiefblau, sondern seit jeher ausgesprochen bunt ist, um das zu wissen, muss man nicht nach Schmölz. Aber bei dem Dreitagesfestival im Zelt war diese Erkenntnis anno 2011 sogar das offizielle Motto. Und die reine Lehre gab's hier sowieso noch nie - die Interpretation, was unter Blues 'läuft', halten sich die Macher weit offen. Auch wenn die Vertreter der konservativen Fraktion dazu schon mal den Kopf schütteln, angesichts wenig fortschrittlicher Strömungen im Blues ist ein etwas entspannterer Umgang mit dem vorwiegend zwölftaktigen Seelenfutter sicher keine Häresie.
Schmölz 2011Schmölz im Landkreis Kronach liegt recht zentral in Deutschland und das lockt die Fans auch aus allen Richtungen an. Neben solchen aus dem gesamten fränkischen Raum kommen auch immer mehr aus Thüringen, Sachsen oder Sachsen-Anhalt herunter, manche regelmäßig schon seit über 15 Jahren. Diesmal stand ich am Samstag (heuer mein einziger Festivaltag) mit älteren Bluesfreunden aus Hettstedt vom Harzer Südrand an der Biertonne vor der Bühne. Die Jungs lobten Musikauswahl, Feeling, die offenen Kontakte und auch das Bier - das hört man natürlich gern. Und die Worte kamen aus berufenem Mund, meine neuen Bekannten sind musikmäßig gut unterwegs. Von Henrys Blues Garage (»der kommt aus Zwickau «) bis nach Frankfurt/Oder und drüber hinaus reicht locker das Tourneegebiet der Harzer. Schmölz 2011 Mit dem Freitagsprogramm waren sie dann auch recht zufrieden, obwohl mit den Alligators of Swing eher smoothe Cotton Club-Music zum Auftakt angesagt war. Die Mittelfranken waren kurzfristig eingesprungen, nachdem der vorgesehene Opener 2nd Line & Helen's Horns abgesagt hatte. Die restlichen beiden Bands boten dem Vernehmen nach dann gediegenes Standard-Repertoire. Jo Jonathan mit seiner Begleitband, irgendwo aus Süddeutschland, war als Interpret diverser Bluesstile angekündigt worden. Den Abend beschloss der US-Mundharmonika-Spieler Mark Hummel samt seinen "Backscratchers" (Deutschland/Finnland) im etablierten Terrain des Zwölftakters.
[Die Pfälzer RT-Fraktion ist entsetzt: » ...irgendwo aus Süddeutschland ...« Die Band ist aus dem Südwesten Deutschlands, aus dem Pfälzerwald.]
Dynamite Daze präsentieren "Scarecrows On Rampage"
Big J & HarpfaceÜberhaupt kamen Mundharmonika-Fans ziemlich auf ihre Kosten. Auch der Opener des Samstags, Big J & Harpface setzte im Line-up auf das Mississippi-Sax. Zwar war der Sound des aus Oldenburg stammenden Duos mit seinem Straßenblues naturgemäß etwas dünn, aber die Performance stimmte. Was der Harper Rainer Söchting aus seinen zahllosen, im Spezialgurt umgeschnallten Instrumenten herausholte, war schon klasse. Genauso konnte sein Partner Jürgen Schnieders überzeugen, der mit Akustikgitarre und kräftiger Stimme die Basis lieferte. Die Songauswahl ging über das übliche Bluesrepertoire hinaus, auch die Rock-Titel kamen in ihren Versionen sehr ansprechend rüber. Erst nach zwei verdienten Zugaben wurden die Beiden vom gut mitgehenden Publikum von der Bühne gelassen.
Big J & Harpface     ;    Big J & Harpface
Dynamite DazeAuf Dynamite Daze freute ich mich schon seit Wochen, die erste Begegnung mit dieser verrückten Truppe, die auf ihren Alben schon so heiß ist. Vorab gab's auch schon mal ein paar Mails mit 'Dirty Didi', dem sympathischen Frontman der Band. Und die präsentierte sich dann auch wie erwartet: Abgefahren, mit satter Blues-Power, musikalisch absolut topp und cool bis in die grauen Bartstoppeln. Die Band aus dem Badischen hat eine ganz eigene Kiste des Blues Rock aufgemacht und präsentierte in Schmölz offiziell ihre neue CD Scarecrows On Rampage (dicke Empfehlung meinerseits!). Dynamite DazeDas hatte wenig mit der herkömmlichen amerikanischen Blaupause zu tun - Sänger/Harpplayer Didi, Gitarrist Martin 'Professor' Czemmel, der aus Schottland stammende Drummer-Veteran Colin Jamieson und der italienische Basser Andrea Luigi Tognoli verwandelten das inzwischen gut gefüllte Zelt in ein Tollhaus. Die Stimme vom Didi ist unglaublich, vor allem, wenn man ihn zuvor in der Normallage reden gehört hat. Aber sobald er das Mikro ansetzt, ist da der Leibhaftige aus den Höllenschlünden am Werk.  rofessorDie knarzigen Stimmbänder sind eins - sein exzellentes, schweißtreibendes Harpspiel ein anderes. Im Gegensatz zu 90 Prozent der Kollegen verwendet er spezielle Instrumente mit Stahlzungen und bläst die auch nicht über die dumpfe 'Fahrradlampe' ins Publikum. Seine Harp klingt modern, hell und beißt sich in die Gehörgänge. Anderthalb Stunden deftigen Blues Rock von einer Truppe, in der Jeder ein Ass ist - ein absolutes Highlight der bisherigen Schmölzer Blues Tage, seit ich dabei bin!
Dynamite Daze      Dynamite Daze      Dynamite Daze
Dynamite Daze     ;    Dynamite Daze
Schweinerock und 'Allons Danser'
PoachersMit den Poachers aus dem Kronacher Raum trat die obligatorische einheimische Band in Dreierbesetzung dann zum Abschluss des zweiten Abends ins Rampenlicht. Für Gitarrist 'Reverend Mainz' nichts Neues, die Fans kennen ihn sonst als Bassisten der Restless Cats , die lange Wegbegleiter der SBT sind. Ihre Art, den Rock'n'Roll aus den Lautsprechern zu prügeln, stieß bei den Fans der etwas differenzierten Töne nicht unbedingt auf offene Ohren. Aber so ist das halt in Schmölz - zum Schluss wird noch einmal Party gemacht und dafür sind keine Feingeister erforderlich. Die Poachers ließen es ordentlich krachen und zumindest den einheimischen jüngeren Fans gefiel's. »Blues ist bunt«!, klar, kommt drauf an, was man drunter versteht …
Poachers         Poachers
FansBei bestem Spätsommerwetter fanden sich am Sonntag auch wieder viele Fans zum obligatorischen und eintrittsfreien Blues-Frühschoppen am Schloss ein. Zur Straßenmusik der nochmals angetretenen Big J & Harpface kamen ländliche Klänge aus dem Süden der USA: Die Berliner Band Colinda spielte die Musik der französischstämmigen 'Arcadians' aus Louisiana, Cajun und Zydeco. Bei Braten und Klößen und dem Bier aus der nahen Fränkischen Schweiz ließ es sich zu dieser wieder ganz anderen Art von Musik bestens aushalten, wie man sich wohl problemlos vorstellen kann.
»Laissez les bons temps rouler« - das geht auch ganz locker in Schmölz!
Externe Links: