RockTimes: Wir begrüßen die Märchenerzähler Colin, Mirko und Sascha von der Recklinghäuser Metal Band Fairytale. Mal sehen, was sie zu berichten haben.
Ich fange ganz gerne mit dem Bandnamen an und will dies auch hier tun.
Wie kommt man als Heavy Metal Band dazu, sich Fairytale zu nennen?
Irgendwie dachte ich spontan eher an Prog Rock oder Classic Rock - insbesondere als ich die Fee im Logo gesehen habe.
Verblüffenderweise (was mir zu diesem Zeitpunkt gar nicht bewusst war) gibt es tatsächlich eine Prog Rock-Band aus Bonn, die sich ebenfalls Fairytale nennt.
War Euch das bekannt?
Mirko:Wir waren uns schon immer sicher, dass wir nicht die einzige insbesondere Rock- oder Metalband mit diesem Namen sind. Von der Band aus Bonn haben wir allerdings erst kurz nach der Veröffentlichung von Rise Of The Twilight Lord erfahren. Ein Veranstalter von einem der Konzerte, auf denen wir zu dieser Zeit aufgetreten sind, hat sogar auf den Plakaten deren Schriftzug verwendet statt unseren.
Sascha: Kamen die wirklich aus Bonn, ich hatte gedacht, die würden aus Süddeutschland kommen … auf jeden Fall haben die Jungs schon mal in unser altes Guestbook geschrieben, was ich ganz cool fand.
Colin:Dass wir Fairytale heißen, hat mit dem 95er Gamma Ray-Album "Land Of The Free" zu tun und dem darauf zu findenden Song "Fairytale". Ich dachte damals, dass das ein ganz cooler Bandname wäre. Wir waren damals eine Schülerband mit dem Namen. Als ich 2000 dann eine neue Band zusammenstellte, kam mir der Name wieder in den Sinn und so haben wir ihn beibehalten. Dass es andere Bands mit dem gleichen Namen gibt oder gab, war uns auch schon damals klar. Eine der anderen Bands hat sogar mal vorgeschlagen, ein Festival zu organisieren, wo nur Bands mit dem Namen "Fairytale" spielen sollten. Die Idee fand' ich ziemlich cool, verwirklicht wurde das Projekt aber leider nie.
RockTimes: Was soll eigentlich das Motiv auf dem Cover darstellen?
Sascha:Das Motiv stellt den 'Twilight Lord' namens Cathender dar, der auf die Hauptstadt der Fantasy-Welt 'Iceland' herabblickt...
Colin:…die er sich gerne unter den Nagel reißen würde, der Schelm.
RockTimes: Wer ist der "Twilight Lord"?
Sascha: Er ist in etwa vergleichbar mit Sauron aus dem "Herrn der Ringe", also der ultimative Bösewicht der 'Iceland'-Geschichte. Aber genau kann das eigentlich nur Colin beantworten, da von ihm die Grundidee und die ersten 'Iceland'-Texte stammen.
Colin: Ja, im Prinzip ist es so wie Sascha gesagt hat. Es ist diese klischeemäßige Gut gegen Böse-Story. Der "Twilight Lord" ist halt der typische Bösewicht mit schwerer Kindheit, der nun seinen ganzen Frust bei den netten Bewohnern von 'Iceland' abladen muss. Momentan sieht es so aus, als ob er gewinnt, da seine garstigen Horden gerade das Land überrennen. Wir greifen die Thematik aber nicht bei jedem Song auf, das wäre zu langweilig. Auf der aktuellen Scheibe befinden sich fünf Songs, die mit dem Fantasieland 'Iceland' zu tun haben, der Rest behandelt auch andere Themen. Auch auf unserer Debüt-EP "Book Of Fairytales" haben nicht alle Nummern 'Iceland'-Lyrics gehabt. Das ist eher ein loses Konzept, das dann und wann wieder hervorgeholt wird.
RockTimes: Wie waren bisher die Reaktionen auf die Scheibe? Hat sich vielleicht schon ein Label gemeldet? Findet Ihr das überhaupt erstrebenswert oder wollt Ihr lieber unabhängig sein?
Mirko: Zu unserer Freude waren die bisherigen Reaktionen - sowohl von Käufern der Scheibe als auch von der Presse - überwiegend positiv.
Sascha: Unabhängigkeit ist schon eine feine Sache, andrerseits könnte einem ein Label etwas Arbeit abnehmen und sich vielleicht auch um Vertrieb und Gigs etc. kümmern … ich kenne mich allerdings nicht so gut mit all diesen Sachen aus …
Was die Reaktionen angeht: ich habe bisher nur nette Worte, Lob und konstruktive Kritik zur Scheibe erhalten, und die Reviews sind bisher auch alle im oberen Drittel angesiedelt, was uns natürlich total freut und anspornt, neue Songs nachzuschieben.
Colin: Klar freuen wir uns darüber, dass die Arbeit, die wir in die Scheibe gesteckt haben auch anerkannt und honoriert wird. Damit haben wir in der Form auch nicht gerechnet und wir freuen uns sehr, dass den Leuten die Platte gefällt. Viel wichtiger als ein positives Echo in der Presse ist aber, dass die Leute, die zu unseren Konzerten kommen, Spaß haben und gerne mit uns feiern. In erster Linie sind Fairytale nämlich eine Live-Band.
RockTimes: Wurde die traditionelle Ausrichtung eher begrüßt oder als 'altbacken' bezeichnet?
Mirko: Viele Hörer der Scheibe haben sich über den 'oldschooligen' Musikstil gefreut. Als nicht zeitgemäß oder gar 'von vorgestern' wurden wir bisher noch nicht bezeichnet. Es wird nur regelmäßig in den Reviews darauf hingewiesen, dass wir nicht wirklich etwas Neues machen.
Sascha: Ich würde sagen mehr begrüßt. Ich finde es aber auch geil, dass momentan der traditionelle Metal wieder mehr im Kommen ist und in der Szene neben alten Säcken wie uns auch junger Nachwuchs die Matte zu Twin-Guitars, hohen Screams und Mitgröhl-Refrains schwingt, haha.
RockTimes: Wolltet Ihr Euch bewusst vom aktuellen Sound/Stil abheben und etwas Retro-mäßiges erschaffen für diejenigen, die das vermissen oder ist das von selbst 'aus dem Bauch heraus' passiert?
Sascha: Auch wenn es momentan gut abgeht, was junge Bands angeht, die den guten alten Heavy Metal zelebrieren ( Bullet, Enforcer, White Wizzard, …) ist es bei uns so, dass wir alle schon seit zig Jahren Metal-Fans sind und einfach das zocken, worauf wir Bock haben, deswegen findet man bei uns auch ein paar Thrash-Riffs und ab und zu sogar ein paar Death-Metal-Growls. Der kleinste gemeinsame Nenner ist bei uns allerdings der klassische Heavy Metal, weil er so schön eingängig ist und auch live gut abgeht, haha.
Colin: Ich stimme Sascha da prinzipiell zu. Wir spielen das, worauf wir Bock haben. Wenn die Maiden-Leads sich dann mit Death-Metal-Growls in der Bay Area auf ein Bierchen treffen, passt das schon. Wir planen im Vorfeld eigentlich nicht so wirklich, wie ein Song zu klingen hat. Die einzelnen Parts müssen natürlich miteinander harmonieren und auch zu den Lyrics passen. Von daher würde ich schon sagen, dass bei uns sehr viel aus dem Bauch heraus passiert.
RockTimes: Seht Ihr Euch als Bestandteil einer 80er-Revival-Welle, von der immer mal wieder gerne berichtet wird? Existiert eine solche überhaupt oder ist das nur ein Medienhype? Oder denkt Ihr über solche Sachen gar nicht nach und macht einfach die Musik, die Euch Spaß macht?
Mirko: Ich weiß nichts von einer solchen Welle. Klar gibt es viele junge Bands, wie wir ja auch, die den Stil aus dieser Zeit übernehmen und auch zahlreiche alte Bands, die ihrem Stil bis heute treu geblieben sind. Natürlich gibt es immer das große Medienecho und das ganze Pro und Contra wenn Bands wie Accept oder aktuell Running Wild Ihre Reunion ankündigen. Trotzdem bin ich nicht der Meinung, dass der Heavy Metal der 80er in jüngerer Zeit so einen Hype erfahren hat wie Folk oder Pagan Metal oder gar Metalcore.
Sascha: Ich denke nicht, dass es nur ein Medienhype ist. Der Metal ist ja so vielseitig, da gibt es immer mal wieder Zeiten, in denen die eine oder andere Spielart populärer ist. Aber wie ich schon sagte, zocken wir eigentlich nur das, worauf wir alle am meisten Bock haben. Fairytale gibt es seit 10 Jahren. Zwei Songs auf dem Debüt sind auch ungefähr so alt ("The Dragon", "Witching Hour") und funktionieren trotzdem gut neben den neuen Songs. Ich freue mich aber trotzdem, dass momentan ein erhöhtes Interesse an 80er Metal besteht, und vielleicht hilft uns das als Band ja schon ein bisschen, auch wenn wir nicht auf Teufel-komm-raus auf der Welle reiten wollen.
RockTimes: Würdet Ihr gerne in den 80ern leben und wenn ja warum?
Denkt Ihr, damals war vieles besser oder eher heute (z.B. durch die Kommunikationsmöglichkeiten im Internet)?
Sascha: Teils, teils. Als Kind habe ich die Zeit ja mitbekommen und bin immer noch großer Fan vieler kultiger 80er-Sachen: C64, amerikanische Serien/Cartoons, Filme, …
Ich wünsche mir manchmal, damals 18 gewesen zu sein, als "Number Of The Beast", Don't Break The Oath oder Kill 'em All grade rausgekommen waren. Das war bestimmt damals schon noch mehr etwas Besonderes/Neues, als es heute ist, wo alles global vernetzt ist und es so unglaublich viele Bands gibt, dass man schon den Überblick verliert. Andererseits bin ich schon ein Technik/Internetfan, und wollte all das nicht mehr missen.
Colin: In den 80ern habe ich für Vinyl deutlich weniger Kohle auf den Tisch legen müssen, als heute. Von daher eindeutiges Votum für die 'gute alte Zeit', hahaha.
RockTimes: Haben Euch irgendwelche Bands beim Songschreiben beeinflusst? Gibt es welche, die Ihr als (musikalische) Vorbilder bezeichnen würdet?
Sascha: Ich habe jetzt beim Songschreiben nicht wirklich großen Einfluss gehabt, aber ich würde sagen, dass wir schon von Bands wie Maiden, Metallica, Running Wild, Accept, Blind Guardian, Gamma Ray, etc. beeinflusst wurden. Wenn man diese Musik liebt, ist es glaube ich normal, dass man die eine oder andere Band aus unseren Songs heraushört.
Colin: Ich denke auch, dass man die Einflüsse schon heraushört. Ich finde das aber nicht so tragisch. Wenn man sich mit Musik auseinander setzt, beeinflusst sie einen doch auch automatisch in irgendeiner Form. Sonst braucht man doch gar keine Musik hören.
RockTimes: Was hat Euch außerhalb der Musik noch beeinflusst?
Sascha: Vor allem Filme und Bücher und eine generelle Vorliebe für Fantasy/Science-Fiction-Stories.
RockTimes: Da ihr Fantasy-Texte habt, kommt natürlich jetzt die Frage: Was sind Eure Lieblingsbücher und Filme?
Sascha: Das ist bei mir immer schwierig. Ich habe so viele Bücher, Filme und Serien, die ich mag, daher nur eine kleine Auswahl:
Bücher: "A Different Kingdom" von Paul Kearney, "The Lord Of The Rings" von Tolkien,"A Song of Ice and Fire" von George R.R. Martin, Stephen King's "The Dark Tower", usw.
Filme: "Matrix","Brügge sehen und sterben", "Clerks", "12 Monkeys"," LotR", "Pan's Labyrinth", "Prinzessin Mononoke", "Unbreakable", "Fisch namens Wanda" …
Serien: "Battlestar Galactica" (die neue Serie) /"Gargoyles" / "Simpsons" / "Southpark" /"24" ….
Colin: Ich glaube Tolkien gehört irgendwie zur metallischen Grundausstattung, hahaha. Ich habe auch verschiedene Ausgaben von "Der Herr der Ringe" zu Hause. Allerdings habe ich das Buch seit der Verfilmung nicht mehr gelesen. Eigentlich ist das mit Büchern genauso wie mit Musik. Wenn der Inhalt stimmt, lege ich mich nicht auf ein Genre fest. Ich lese allerdings gerne Mankell, Pratchett, Adler-Olsen, Poe, Lovecraft, Fitzek oder auch Shakespeare oder Oscar Wilde, etc. Was Filme und Serien angeht, gibt es da natürlich eine ebenso lange Liste. Ganz weit vorne liegen aber sicherlich Sachen wie "Braveheart", "Battlestar Galactica" (ebenfalls die neue Serie), "Dexter", "Im Auftrag des Teufels", "Der Pate", "Eine schrecklich nette Familie" und "Die Sopranos" um nur einige zu nennen.
Mirko: Ich zähle auf jeden Fall die Werke von Tolkien zu meinen Lieblingsbüchern.
RockTimes: Seid ihr vielleicht sogar Rollen- oder TableTop-Spieler?
Mirko: Pen And Paper-Rollenspiele oder ähnliches haben mich aber noch nie interessiert. Ich fand das immer nur albern.
Sascha: Ich habe mal "DSA" und "Cyberpunk" gezockt. Was ich seit 1993 bis heute zocke ist aber "Magic The Gathering", eines der besten Spiele der Welt.
Colin: Ich spiele eigentlich nicht sonderlich viel. Dazu fehlen mir die Zeit und die Muße. Da hat die Pflege meiner CD- und Plattensammlung eindeutig Priorität und das Schreiben neuer Songs auch. Ich kann den Reiz daran aber durchaus nachvollziehen.
RockTimes: Gibt es sonst noch etwas, das ihr den Lesern mitteilen wollt?
Sascha: Geht euren eigenen Weg und habt Spaß an dem, was ihr tut! Heavy Metal bedeutet nun mal, das Leben zu genießen und eine gute Zeit zu haben, zumindest für mich.
Colin: Besucht unsere Konzerte, habt Spaß mit der Band, trinkt ein Bier mit uns und checkt unsere CDs an. Ansonsten hat Sascha Recht: Genießt das Leben und lebt Heavy Metal!
RockTimes: Ansonsten bedanke ich mich, wünsche eine gute Heimreise ins Märchenland und noch viel sagenhaften Erfolg.
Colin: Wir haben für das Interview zu danken und wünschen Dir ebenfalls alles Gute!
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