Handelt es sich bei Fish, alias Derek William Dick, um einen alternden Star, der sich zusehends im Sinkflug nach unten bewegt? Oder hat er mit der Idee, Marillions großartiges Album "Misplaced Childhood" noch mal auf die Bühne zu zaubern, einen ganz großen Schachzug vollzogen? War dies die letzte musikalische Rettung des Schotten, der zwar als Solist zweifellos tolle Songs geschrieben hat, sich aber mit seiner treuen Fanschar leider mehr im Dunstkreis der weiterhin existierenden Marillion befindet?
Fragen über Fragen!
Dabei hat sich gerade seine Ex-Band in meinen Augen einen dermaßen 'nölenden' Sänger geholt, dass ich diese Geschichte ab "Season's End" nur noch mit Argwohn betrachten kann. Und das auch, wenn eingefleischte Neo Prog-Fans das Gegenteil behaupten. Kommen wir jedoch zu der vorliegenden Filmaufnahme vom 15.11.2005. Die Bühne steht im Paradiso im holländischen Amsterdam. Ich konnte Fish auf der laufenden Tour noch zweimal live erleben. Die Leinwand, hoch erhoben über der Bühne, war leider nicht vorhanden. Hier auf der DVD kann man dieses nette Begleitspektakel sehen.
Fish wirkt als Sänger erstaunlich frisch. Darüber hinaus kann man attestieren, dass Calum Malcolm beim Sound abmixen sehr gute Arbeit geleistet hat. Die Gesangsstrukturen wirken nur selten überfordernd, ganz anders, als ich es zum Beispiel beim Auftritt in Mainz am 27.04.06 erleben musste. Das könnte natürlich auch eine Formschwankung gewesen sein, wie sich später auf der Loreley feststellen ließ.
Zur Songauswahl bleibt nicht so viel zu sagen. Der Eröffnungssong "Big Wedge" ist inzwischen ein Fish-Klassiker. Mir persönlich gefällt immer noch "Brother 52" von "Sunsets On Empire" am besten. Es rockt, es groovt und es verdeutlicht die Spielfreude von Fish und seiner Begleitband. Allen voran natürlich Frank Usher, der hier mit seiner speziell für ihn designten Gitarre für mächtig Sound sorgt.
Es kommt schon ein wenig Gänsehaut auf, wenn mit "Credo" von "Internal Exile" das Solo-Programm beendet wird und sich "Misplaced Childhood" in seiner gesamten Länge den Weg ins Programm sucht. Was dann folgt, ist inzwischen Nostalgie. Fish und seine musikalischen Freunde spielen ein Album, welches durchaus seinen Kultstatus in der Progszene besitzt. Es ist ein Gang in das Jahr 1985 und der aufmerksame Hörer bzw. Seher wird ganz schnell feststellen, dass diese Platte nichts an ihrem Reiz verloren hat. Früher waren es "Kayleigh" und "Lavender", die von sich besonders reden machten, heute ist es das gesamte Werk.
Der Sound auf der DVD ist sehr annehmbar und da es nicht besonders viele Extra-Features gibt, ist die Menüführung mehr als ausreichend und adäquat programmiert worden. Und mit der englischen Sprache dürften auch die Wenigsten Probleme haben.
Als Bonus gibt es übrigens ein einstündiges Interview, welches Jan Cotton für das 'Classic Rock Magazine' mit Fish führte. Erstaunlich, wie diszipliniert Fish hier Rede und Antwort steht. Aber auf der gesamten Tour konnte man irgendwie mit zunehmenden Zeitablauf feststellen, dass der Mann wieder lockerer geworden ist und hoffentlich einen großen Teil seiner persönlichen Probleme überwunden hat. Der Erfolg gibt ihm zumindest jetzt erst einmal wieder recht.
Line-up:
Fish (Lead Vocals)
Frank Usher (Guitars)
Andy Trill (Guitars)
Tony Turrell (Keyboards)
Steve Vantsis (Bass)
John Tonks (Drums)
Deborah Ffrench (Backing Vocals)
Tracklist |
01:Big Wedge
02:Moving Targets
03:Brother 52
04:Goldfish And Clowns
05:Raingods Dancing
06:Wake Up Call (Make It Happen)
07:Innocent Party
08:Long Cold Day
09:Credo
10:Pseudo Silk Kimono
11:Kayleigh
12:Lavender
13:Bitter Suite
14:Heart Of Lothian
15:Waterhole
16:Lords Of The Backstage
17:Blind Curve
18:Childhoods End?
19:White Feather
20:Incommunicado
21:Market Square Heroes
22:Fugazi
Bonus-Feature:
Backstage Interview
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Externe Links:
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