»Wenn man mal ein paar Jahre nix zu tun hat...« - so fing das Review zum ersten Flaming Row-Album an. Das war 2011. Und wieder macht es den Eindruck, als hättte sich Kreativling und Haupttäter Martin Schnella jahrelang mit nichts anderem beschäftigt als Flaming Row, Flaming Row und Flaming Row. "Mirage - A Portrayal Of Figures" ist ebenfalls ein 80-Minuten-Brett geworden, randvoll mit Prog-Oper und etlichen agierenden Musikern. Der Kern ist immer noch beisammen, außer Martin Schnella sind das Marek Arnold (Keyboard, Saxofon, Klarinette), Niklas Kahl (Schlagzeug) und Sängerin Kiri Geile. Hinzu kommen acht Gastsänger, darunter Leute wie Ted Leonard ( Spock's Beard, Enchant), Simon Moskon ( Cryptex) und Gary Wehrkamp ( Shadow Gallery - jawohl, hier auch als Lead-Sänger). An den Instrumenten wirken neben anderen auch Kristoffer Gildenlöw (Ex- Pain of Salvation), Diegao Tejeida ( Haken), Jimmy Keegan, Dave Meros (beide Spock's Beard) sowie Arjen A. Lucassen ( Ayreon) mit.
Nach dem ... wie sollen wir es nennen - geheimnisvollen Familiendrama von "Elinoire" hat man mit dem Nachfolger ein apokalyptisches Sci-Fi-Epos begonnen: Die Menschheit, die sich ohnehin gerade im 3. Weltkrieg selbst zu Grunde richtet, soll auch noch laut höchstem interstellaren Magistratsbeschluss komplett eliminiert werden. "Mirage - A Portrayal Of Figures" ist der Beginn einer Trilogie. Und schon dieser erste Teil verlangt dem Hörer ziemlich viel Geduld ab; das muss man ganz klar so sagen. Auf nur acht Tracks hat man viel, viel musikalischen Inhalt verteilt, der alles andere als leicht verdaulich ist. Zugegeben: Niemand aus der Zielgruppe - und da dürften vor allem Ayreon- und Avantasia-Jünger angesprochen werden - hat Lust auf eine Aneinanderreihung von Stücken im simplen Strophen-Bridge-Chorus-Muster. Aber mit der Verfolgung des Gegenteils gehen Flaming Row ganz schön weit.
Alles auf "Mirage - A Portrayal Of Figures" ist ziemlich episch angelegt; überall mischen viele Stimmen in ihren Rollen mit. Allenthalben werden neue Fässer aufgemacht, bevor der Hörer den Inhalt des vorherigen so richtig verdauen konnte. Die bombastischen Höhepunkte sind so zahlreich, dass sich auch nach dem dritten, vierten kompletten Durchhören eine Gesamtdramaturgie nicht so recht herauskristallisieren will. Und auch wenige musikalische Themen sind so stark und markant, dass sie Wiederholungsgefahr ausstrahlen. Dabei fängt der richtig starke Opener mit der Einführung einer hymnischen Hookline an, die man vielleicht in der Folge etwas öfter hätte bemühen müssen. Es geht wirklich klasse los, mit ruhiger Folk-Atmosphäre, ineinander verwobenen Stimmen, rhythmisch raffiniert riffendem Retro Prog inklusive großartiger Parallelläufe à la Spock's Beard (hat was von "Snow"). Melodic Metal meets Hard Rock - Mittelalter-Metal, ein Ragtime-Part, ein Saxofonsolo ...
... alles cool; der Liebhaber des gepflegt-abgedrehten Prog-Wahnsinns quittiert das mit einem genüsslichen Grinsen. Dann kommt wieder die fette, chorale Hookline. Doch statt sich dem Ende des Tracks zu nähern, holt man nochmal aus, hängt ein paar Minuten dran, verkompliziert in Form diverser Textrezitationen noch mal den Weg Richtung (sehr feinem, dramatischem) Finale und verliert sich zwischenzeitlich auch in instrumentaler Kleinteiligkeit. 16 Minuten und 15 Sekunden - und wir reden nicht vom ausschweifenden Höhepunkt der kompletten Geschichte, sondern gerade mal vom Start. Schwer zu verfolgen ist auch der noch längere Schlusstrack; anstrengend unter anderem auch das wild arrangierte "Memento Mori". Handwerklich sind Flaming Row klasse - seit dem wunderbaren "Elinoire" hat man ja schließlich nix verlernt. Doch es ist mitunter schwer, den musikalischen Ideen zu folgen, die sich überdies ein wenig zu oft an bereits erwähnten Ayreon und Avantasia orientieren.
Dabei überzeugen Flaming Row in zahlreichen Momentaufnahmen - "Burning Sky" ist beispielsweise eine kompakte Power-Perle mit wuchtig-einprägsamer Synthie-Hookline. Die lyrisch-verklärte Stimmung in "Pictures" samt kleiner Besonderheiten wie Jens Kommnicks Irischem Dudelsack ist ebenso anziehend wie die spätere Hinwendung zum Bombast. Und die Bassfiguren in "Journey To The Afterlife" sind Kunstwerke zum Einrahmen und Aufhängen. Aber die Magie des Debütalbums will nur all zu selten aufkommen. Am Stück gehört ist "Mirage - A Portrayal Of Figures" eine ganz schöne Herausforderung. Weniger wäre mehr gewesen. Insbesondere die langen Dinger wollen nicht so recht zünden. Und somit ist das Album "Mirage - A Portrayal Of Figures" eine kleine Enttäuschung auf hohem Niveau mit viel zu langer Spielzeit.
Line-up:
Martin Schnella (guitars, bass, keyboards, vocals, percussion, lute, mandolin)
Kiri Geile (vocals)
Marek Arnold (keyboards, saxophone, clarinet, recorders)
Niklas Kahl (drums)
Voices:
Magali Luyten
Ted Leonard
Johan Hallgren
Anne Trautmann
Simon Moskon
Gary Wehrkamp
Brendt Allman
Brian Ashland
Michael Lowin
Melanie Mau
Lars Begerow
Anja Hampe
Oliver Schönborn
Musicians:
Jimmy Keegan (drums)
Leo Margarit (drums)
Lars Lehmann (bass)
Dave Meros (bass)
Kristoffer Gildenlöw (bass)
Jens Kommnickk (cello, violin, uilleann pipes, low & tin whistles)
Diego Tejeda (keyboard)
Tobi Reiss (piano)
Gary Wehrkamp (keyboard and guitar solo)
Brendt Allman (guitar solo)
Ole Rausch (guitar solo)
Arjen A. Lucassen (guitar solo)
Eric Brenton (violin, viola)
Nathan Brenton (cello)
Gero Drnek (orchestration)
Hauke Daniel Nies (bongos, marching drums, cajon)
Stephan Wegner (rhythm guitar)
Tracklist |
01:Mirage - A Portrayal Of Figures - Part 1 (16:15)
02:Aim L45 (7:05)
03:Burning Sky (6:23)
04:Journey To The Afterlife (12:04)
05:Alcatraz (4:04)
06:Memento Mori (5:49)
07:Pictures (9:28)
08:In Appearance - A Portrayal Of Figures - Part 2
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