Zurück zu den Wurzeln ... Focus covert Focus. Welchen musikalischen Nennwert hat so etwas denn? Aus meiner Sicht gibt "Golden Oldies" den Aktien der Band einen deutlichen Schub nach oben, auch wenn nicht alle Songs des vorliegenden Album als alt zu bezeichnen sind.
"Neurotica" (2002) und "Aya Yippie Hippie Yee" (2006) haben bei weitem noch nicht so viele Jahresringe unter der Rinde, wie die anderen Stücke der niederländischen Prog Rock-Formation.
Ganz gleich wie, ob sich eine solche Runderneuerung wie "Golden Oldies" lohnt, muss jeder interessierte Musikfan für sich entscheiden. Die ewig Gestrigen sollten dem Album trotzdem ein Ohr gönnen und nicht über den Sinn oder Unsinn einer solchen Veröffentlichung diskutieren. Diese Zeit kann man viel besser in das Hören der neun Kompositionen investieren. Natürlich war damals ein Jan Akkerman mit von der Partie und ähnlich wie bei anderen Rock-Bands der Sechziger- oder Siebzigerjahre lässt sich die Zeit nicht zurückdrehen.
Wie dem auch sei, die beiden Focus-Urgesteine Thijs van Leer sowie Pierre van der Linden, Mitte bis Ende ihrer Sechzigerjahre, haben es im Verbund mit Menno Grootjes beziehungsweise Bobby Jacobs immer noch drauf. Damit ist sowohl die gelungene Interpretation auf "Golden Oldies" als auch ein Album ohne Rückblick wie X gemeint.
Also, der alte Wein in neuen Schläuchen kommt verdammt gut rüber. Man ist hin her gerissen von den mit feiner Hand aktuell strukturierten Stücken, ohne ihnen den Boden unter den Füßen wegzuziehen. Die Kombination aus Gestern und Heute haut sehr gut hin. Das Quartett fügt Neues hinzu und verändert Bekanntes ganz geschickt.
Obwohl einem die Lieder wie nicht entfernter Ohrenschmalz in den Gehörgängen liegen, kann man sich auch an den Ausgaben Marke 2014 erfreuen. Die Jodelei in "Hocus Pocus" bringt Thijs van Leer immer noch sehr gekonnt und findet noch weitere Varianten dieser Stimmband-Akkrobatik. Hokuspokus und schon hüpfen die Hormone vor Freude im Dreieck.
Die "Sylvia", eingebettet zwischen "Focus 1" sowie "Focus 3 & 2", lockt ihren Lover jetzt mit einem heiß-funkigen Intro zum Liebesspiel alter Schule. In "House Of The King" verschiebt man das Arrangement der Ursprungs-Nummer, verzichtet auf die 1969-er-Handclaps und setzt jetzt viel mehr auf eine E-Gitarre an Stellen, wo man sie eben nicht vermutet, ohne die Akustische ruhen zu lassen.
Das balladeske, mit klassischen Anteilen versehene "Focus 1" macht auch im neuen Gewand Laune und bei dem neuen-alten "Neurotica" werden dem Prog Rock Flügel verpasst. Man kann es drehen oder wenden wie man will, irgendwie hat es Focus geschafft, die Oldies gar nicht so wie Oldies klingen zu lassen und ihnen doch den Wiederekennungswert zu lassen.
Mit dem sechseinhalbminütigen "Brother" hat die Platte eine verklärt-sentimentalen Dynamik-Abgang von den nicht vorhandenen niederländischen Almen ins Tal der emotionalen Grachten. Bemerkenswert dürfte die Erkenntnis sein, dass Thijs van Leer immer noch sehr gut bei Stimme ist. Über seine flinken Finger auf den schwarzen und weißen Tasten der Hammond muss man sich nicht wundern.
Focus' "Golden Oldies" sind echte 'golden goodies'. Im Herbst entert Focus in unseren Breitengraden die Bühnen und wird definitiv einige dieser Songs, vielleicht noch weiter angereichert, präsentieren.
Line-up:
Thijs van Leer (Hammond organ, flute, vocoder, vocals)
Menno Gootjes (guitars)
Bobby Jacobs (bass)
Pierre van der Linden (drums)
Tracklist |
01:Hocus Pocus (6:51)
02:Tommy (4:16)
03:House Of The King (3:20)
04:Focus 1 (6:58)
05:Sylvia (5:29)
06:Focus 3 & 2 (7:35)
07:Aya Yippie Hippie Yee (5:30)
08:Neurotica (3:40)
09:Brother (6:30)
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