Gerade erst habe ich mich noch einer aktuellen Veröffentlichung der Bluesrocker von Savoy Brown - der Doppel-CD Train To Nowhere - gewidmet, da stoße ich auf die fast neue CD "Last Train Home" der britischen Band Foghat. Warum ich dieses erwähne? Nun, Foghat sind Anfang der siebziger Jahre des vorigen Jahrhunderts entstanden, nachdem ihre Gründungsmitglieder 'Lonesome' Dave Peverett, Tony Stevens sowie Roger Earl sich zuvor gerade von Savoy Brown getrennt hatten, um sich mehr dem Rock zuzuwenden. Und deshalb wird die Band bis heute als Rockband - auf der deutschen Seite von Wikipedia gar als Hard Rock-Band - bezeichnet. Doch was vorliegend aus den Lautsprechern kommt, kann ich - jedenfalls überwiegend - nur schwerlich einem dieser beiden Musikstile zuordnen; vielmehr sind klassischer Blues bzw. Blues Rock angesagt. Und vielleicht ist gar der Titel des Albums insoweit als Metapher zu verstehen, dass die 'alten Herren' - Roger Earl ist immerhin schon 64 Jahre alt - noch die letzte Gelegenheit ergriffen haben, musikalisch wieder in die Ecke zurückzukehren, aus der sie seinerzeit gekommen sind.
Die Entwicklung der Band hat der geschätzte Jürgen Bauerochse in seinem Review über die Foghat-CD Live II kurz dargestellt, so dass ich darauf verweisen möchte. Spätestens mit dem vorliegenden Album erfolgt jedenfalls eine Rückbesinnung der Band, von deren Gründungsmitgliedern allein noch - bzw. wieder - Roger Earl mit dabei ist, zu ihren Wurzeln des Blues Rocks à la Savoy Brown. 'Lonesome' Dave Peverett ist bereits vor mittlerweile 10 Jahren gestorben, und die vorliegende CD will Roger Earl als Reverenz an den langjährigen Partner verstanden wissen.
Ob der geneigte Foghat-Fan der letzten Jahre, der die Band als Hard Rock-Musiker wahrgenommen hat, diese Rückkehr gutheißt, mag dahingestellt sein. Ich erlaube mir, die vorliegende Scheibe unvoreingenommen anhand dessen, als was ich sie schwerpunktmäßig wahrnehme, zu bewerten.
Die Band besteht heute aus - so die Eigendarstellung auf ihrer Homepage - aus dem Gründungsmitglied Roger Earl sowie Bryan Bassett, Charlie Huhn und dem Bassisten Craig MacGregor. Dieser ist aber auf der vorliegenden Scheibe gar nicht dabei, sondern wird hier von Jeff Howell (früher eine kurze Zeit Mitglied der Southern Rock-Band Outlaws sowie bereits Ende der achtziger Jahre eine Zeitlang Mitglied von Foghat) ersetzt. Ihn sowie die beiden weiteren Mitstreiter Lefty 'Sugar Lips' Lefkowitz (ein nicht-professioneller Musiker, aber guter Kumpel der Band) und Roger's Bruder Colin Earl (Ex- Mungo Jerry!) muss man daher wohl eher als Gastmusiker auflisten, was ihre Leistung vorliegend allerdings nicht schmälern soll.
Die CD startet indes - trotz durchaus bluesigen Intros - doch auf eine Art, die durchaus an Hard Rock-Bands erinnert: Der Lead-Sänger Charlie Huhn, der auch schon für Gary Moore und Ted Nugent gesungen hat, schreit seinen Part in hohen Tönen heraus, wie es auch beispielsweise von Foreigner o.ä. hätte erwartet werden können, und das virtuose Gitarrensolo lässt schon für den weiteren Verlauf einiges Gutes erwarten. Doch nach etwa vier Minuten Spielzeit 'kippt' der Song in einen angenehmen Bluesrock ab und gibt quasi die weitere Richtung vor. Ab diesem Moment spielen auch Lefkowitz und Colin Earl mit.
Klaren Blues Rock bietet "Needle & Spoon", eine schon über 40 Jahre alte Komposition des seinerzeitigen Sängers von Savoy Brown, Chris Youlden. Schön, dass man sich des alten Materials erinnert hat; die flotte Interpretation klingt allerdings recht frisch und hat so gar nichts mehr mit dem Original zu tun.
Mit "So Many Roads, So Many Trains" folgt die erste 'richtige' Fremdkomposition. Ob sie aber tatsächlich - wie angegeben - von Otis Rush stammt, oder aber von Paul Marshall, der als Komponist bei der Version von Joe Bonamassa (an die die vorliegende Interpretation zudem stark erinnert) angegeben ist, vermag ich nicht aufzuklären, schmälert aber auch nicht den Spaß an dem ruhigen Slow-Blues.
Der Titelsong der Scheibe "Last Train Home" ist eine Gemeinschaftsproduktion der aktuellen Foghat-Besetzung; ein klassischer Bluesrock, der sehr durch die prägnante Stimme von Charlie Huhn geprägt ist. Allerdings gehört er auch zu den härteren Titeln der Scheibe, bei dem die Band ihre jüngere Vergangenheit nur schwer verleugnen kann.
Die folgenden beiden Stücke stammen aus der Feder von Elmore James. Zunächst der Klassiker "Shake Your Money Maker", als flotter Rock'n'Roll dargeboten, bei dem Foghat zudem wiederum von Roger Earl's Bruder, Colin Earl, am Klavier sowie Lefty 'Sugar Lips' Lefkowitz an der Harmonica begleitet werden. Und anschließend der Slow-Blues "It Hurts Me Too", der Bryan Bassett ausgiebig Gelegenheit für markante Gitarren-Soli bietet. Doch auch hier sind wieder deutliche Piano-Klänge zu hören - nicht schlecht für den Ex-Pianisten von Mungo Jerry ("In The Summertime"), von dem sein damaliger 'Chef' Ray Dorset im Nachhinein behauptet, dass er nur eine Tonart spielen könnte.
Mit der alten Chuck Willis-Komposition "Feel So Bad" covern sich Foghat wiederum quasi selbst, denn den Track haben sie bereits vor über dreißig Jahren aufgenommen; der Generationenunterschied ist allerdings kaum wahrnehmbar.
Mit dem "Louisiana Blues" schließt sich wiederum der Kreis zu dem eingangs erwähnten Album von Savoy Brown, auf dem dieser Muddy Waters-Song äußerst psychedelisch interpretiert wird. Doch um wie viel klassischer ist die vorliegende Version! Insbesondere Lefkowitz' Harp gibt der Nummer einen urwüchsigen Stil. Das macht schon Spaß.
Als klassischer Boogie kommt gemäß seinem Titel der "495 Boogie" daher. Klasse, wie Colin Earl - ganz im Stile eines Jerry Lee Lewis - das Piano bearbeitet. Sage noch einer (s.o.), der könne nicht Klavier spielen! Shame on you! Ebenfalls im Vordergrund spielend Lefty 'Sugar Lips' Lefkowitz an der Harmonica, halten sich die eigentlichen Foghat-Members mehr im Hintergrund und stellen quasi die Begleitband ihrer Gäste dar.
In demselben Tempo treibt Roger Earl mit regelmäßigen Drumschlägen seine Mitmusiker in dem Doppelsong "Rollin' & Tumblin'/You Need Love" an. Lediglich unterbrochen durch einige wenige Breaks gehen die beiden Lieder quasi ineinander über; Earl zieht denselben Rhythmus konsequent durch. Sonst kenne ich allerdings solche Doppel-Nummern eher von Liveauftritten, wo es jedenfalls eher Sinn macht als auf einer Studioscheibe.
Abgeschlossen wird die CD mit zwei Songs von und mit Eddie Kirkland, dem einzigen 'offiziellen' Gastmusiker. Dieser schon über 80-jährige (die Biographien gehen da etwas auseinander, sind aber insoweit übereinstimmend) aus Jamaika stammende Blueser ist ein absoluter Könner des 12-Takters, dem Foghat hier offensichtlich gerne die Bühne überlassen. Ihr Beitrag geht wiederum kaum mehr über den einer Begleitband hinaus, dennoch ist das Ganze ein stimmiges Finale der vorliegenden Scheibe.
Wer mit der aktuellen Foghat-CD Hard Rock erwartet hat, wird sicherlich enttäuscht bis entrüstet sein; wer ein schönes Blues/Blues Rock-Album hören möchte, ist hier sicherlich richtig.
Line-up:
Roger Earl (drums, background vocals)
Charlie Huhn (lead vocals, rhythm & lead guitar)
Bryan Bassett (lead & slide guitar, background vocals)
Jeff Howell (bass, background vocals)
Colin Earl (keyboards)
Lefty 'Sugar Lips' Lefkowitz (harmonica)
Special Guest:
Eddie 'Bluesman' Kirkland (vocals, guitar - #11,12)
Tracklist |
01:Born For The Road (5:00)
02:Needle & Spoon (3:46)
03:So Many Roads, So Many Trains (4:50)
04:Last Train Home (4:23)
05:Shake Your Money Maker (4:39)
06:It Hurts Me Too (5:59)
07:Feel So Bad (4:40)
08:Louisiana Blues (4:44)
09:495 Boogie (3:56)
10:Rollin'& Tumblin'/ You Need Love (8:12)
11:In My Dreams (5:42)
12:Good Good Day (4:31)
|
|
Externe Links:
|