Noch völlig bedröhnt von der Schlacht des Vorabends durfte ich schon wieder meine Siebensachen packen und mich in den grenznahen Kultpalast Rock Temple im benachbarten Kerkrade aufmachen. Gleich drei Acts hatte Ludy Wetzel, Herr und Meister über diese heiligen Hallen, für diesen Samstagabend gebucht. Neben den Headlinern aus Franken standen noch die Support-Acts von Gun Barrel und In Legend auf der Liste. Nach dem Besprechen der aktuellen Scheibe der Happy Metal-Truppe war es fast schon ein Muss für mich gewesen, eine der nächsten Live-Shows zu sehen. Von Gun Barrel kannte ich nur wenig, zwar sehr Gutes, aber noch mit anderem Sänger. Daher kamen mir die hier gerade recht am selben Abend. In Legend sind besonders auch durch ihre 'gitarrenfreie Zone' bekannt, spielen sie doch anstelle von sechsaitigen Instrumenten E-Pianos.
Recht pünktlich um kurz vor acht Uhr brach die Hölle los im Tempel: Gun Barrel bestiegen als erste Band die Bühne und machten direkt fantastisch Dampf. Der neue Sänger Patrick Sühl ließ keinen Zweifel daran, dass er auf die Bühne und ans Mikro gehört. Mit im Gepäck hatten sie ihre neue Scheibe, die unter dem mehr als passenden Titel "Brace For Impact" dieser Tage in die Läden kommen wird, und einige ausgewählte Songs davon präsentierten sie natürlich auch vor dem dicht gedrängten Publikum. Der Auftritt versprach von Anfang an, eine kurzweilige Show zu werden. Neben dem wirklich gekonnten stimmlichen Aspekt, trugen die vier Jungs aus Köln ihr Set so überzeugend vor, dass man sie kaum von der Bühne lassen wollte. Gitarrist und Gründungsmitglied Rolf Tanzius legte einen coolen Lauf nach dem anderen auf seiner Jackson hin, unterlegt vom ständigen Gewummer des Bassisten Tomcat Kintgen. Im Hintergrund vermöbelte Toni Pinciroli sein Schlagzeug und man merkte allen Vieren an, dass sie mit mächtig Spaß bei der Sache sind. Alte wie auch neue Stücke kamen gleichermaßen gut an und ihre Mischung aus klassischem Metal, dreckigem Rock'n'Roll und Hard Rock gibt ihnen den Geruch einer richtig geilen Live-Band. A la bonne heure, meine Herren!
Leider kollidierte der Beginn des Auftritts von In Legend mit einem weiteren Termin, so dass ich erst gegen Ende der Show dazukam und dann auch noch weit im Abseits an der Bar einen Platz fand. Während der Umbaupause hatte ich schon mitbekommen, dass noch mehr, meist jüngeres Publikum nach vorne gedrängt war und so gab es kein Durchkommen, um vielleicht noch ein oder zwei gute Fotos zu schießen. Schade, denn das Setup auf der Bühne mit diesem einer Dampforgel ähnelnden Piano des Frontmanns Bastian Emig machte schon etwas her. Dazu kamen dann noch die selbstgebaute sogenannte Keytar von Daniel Schmidle (normalerweise würde man ihn Lead Gitarristen nennen) und diese unwahrscheinlich langen Haare des Bassisten Daniel Wicke für eine eindrückliche Show. Hand-hammered Piano-Craft nennen sie ihr musikalisches Machwerk und es ist durchaus beeindruckend gewesen, was da so an Rock ohne dünne Saiten produziert werden kann. Auf jeden Fall werde ich die nächstbeste Chance nutzen, diese Truppe noch einmal in vollem Umfang genießen zu dürfen.
Zeit für die Headliner des Abends, die uns ihren Happy Metal näherbringen wollten. Nicht zum ersten Mal im Rock Temple, hatten sie neben einer ganzen Horde deutscher Fans auch eine gehörige Anzahl aus den Niederlanden und Belgien angezogen. Dazu kamen einige Franzosen sowie ein Grüppchen Engländer, das extra für ein paar Konzerte auf den Kontinent geflogen war. Alles wartete auf viel Spaß und laute Mucke. Und direkt die erste Überraschung gab es beim Betreten der Bühne, denn eines der Gesichter, namentlich das des Bassisten passte nicht zum aktuellen Line-up. Sänger Chris Bay löste das Rätsel dann auch im Verlauf des Abends auf. Samy Saemann, der normalerweise den Tieftöner bedient, befand sich in Vaterschaftsurlaub und hat für diese Tour seinen Platz dem Gründungsmitglied Ilker Ersin überlassen - es blieb somit alles in der Familie.
Freedom Call hatten sich auf diese "Journey To The Crimson Dawn-Tour " begeben, um den Fans ihr o. a. neues Album live vorzustellen und dementsprechend voll war die Setlist dann auch mit den brandaktuellen Songs. Ein geschätztes Drittel neuer Songs war darunter und die Reaktionen des Publikums ließen keinen Zweifel daran, dass diese den älteren Sachen in Nichts nachstehen. Egal, ob es das hammerharte "66 Warriors" oder das aus der Feder des Gitarristen Lars Rettkowitz stammende schnelle "Age Of The Phoenix" war, das gleichzeitig auch der Opener der CD ist, kaum eine Textzeile konnte nicht mitgesungen werden. Natürlich waren jedoch die wirklichen Kracher des Abends die alten Stücke und so wunderte es wenig, dass Band und Menge zu "Babylon" wie ein Mann durch die Bude hüpften. Auch die Ansagen Chris Bays, teilweise auf Englisch, hauptsächlich aber auf Deutsch wurden mit viel Beifall quittiert, natürlich auch der Trinkspruch »Prost Ihr Säcke - Prost Du Sack!«
Über zwei Stunden äußerst unterhaltsamen Metals, inklusive eines schönen Drumsolos von Klaus Sperling (auch Nitrogods) gingen dann mit der Zugabe in Form von der alten Hymne "Freedom Call" sowie des letzten Songs "Metal Invasion" standesgemäß zu Ende und wie im Rock Temple so üblich, ließen sich die äußerst sympathischen Musiker aller Bands anschließend noch für einige Zeit auf ein Bierchen oder ein Schwätzchen im Barbereich und der Merch-Ecke sehen.
Bilder vom Konzert
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