Henrik Freischlader Band / 09.04.2010, Kulturkraftwerk, Goslar
Henrik Freischlader Henrik Freischlader Band
Kulturkraftwerk, Goslar
09. April 2010
Stil: Blues Rock


Artikel vom 15.04.2010


Jürgen Bauerochse
Henrik FreischladerEndlich mal wieder ein Konzertabend bei mir vor der Haustür. Dass die alte Kaiserstadt Goslar nicht gerade zu den bevorzugten Orten für Auftritte im Bereich Rock und Blues gehört, wird durch die Tatsache belegt, dass hier in den letzten fünf Jahren ganze vier(!) Gigs über die Bühne gingen. Was für eine gewaltige Quote. Wo sind die Zeiten geblieben, als vor der altehrwürdigen Kaiserpfalz Leute wie BAP, Joe Cocker und Alex Oriental Experience vor Tausenden von Besuchern ihre musikalischen Visitenkarten abgaben und die Harzer Rockfans in Scharen auf die Beine brachten?
Henrik FreischladerNa gut, diese Entwicklung ist für mich zwar absolut unverständlich, aber ändern kann ich es leider auch nicht. Selbstverständlich war dagegen, dass die RockTimes-Redaktion unbedingt dabei sein würde, wenn sich ein Mann wie Henrik Freischlader in die Provinz verirrt, um seine komplett neu formierte Band am Nordrand des Mittelgebirges vorzustellen. Allerdings hatte ich dabei kein besonders gutes Gefühl, denn schon bei den Konzerten von den Yardbirds und
Memo Gonzalez wurde ich mit den 'Besonderheiten' des Goslarer Publikums konfrontiert, das sich ein ums andere Mal als irgendwie fehl am Platze erwies. Und auch an diesem Abend wird über die Zuhörer noch zu reden sein. Doch davon später mehr.
Henrik FreischladerZunächst einmal überraschte mich die Mitteilung, dass das Kulturkraftwerk komplett ausverkauft war. Das war ja mal was ganz Neues. Okay, Henrik Freischlader war schon im Dezember 2007 hier aufgetreten und auch zwischenzeitlich immer wieder durch seine zahlreichen Aktivitäten in den Schlagzeilen, aber das es für einen Sold-Out-Gig in Goslar reichen würde, das hatte ich nun wirklich nicht erwartet. Sollte an diesem Abend tatsächlich mal richtig die Post abgehen? Die Voraussetzungen dafür waren jedenfalls gegeben.
Henrik FreischladerKurz vor Konzertbeginn war der Saal dann tatsächlich sehr gut gefüllt, obwohl ich unter 'ausverkauft' etwas ganz anderes verstehe. Man konnte sich in allen Bereichen des Raumes noch sehr gut bewegen, und zur Bühne hin wurde ein mindestens fünf Meter breiter 'Sicherheitsabstand' eingehalten. Gut für die Fotografen, aber auch ein Zeichen von unerfahrenen Konzertgängern. Aber natürlich müssen die Veranstalter die gültigen Sicherheitsbedingungen einhalten, denn dazu sind sie ja schließlich da. Kurz gesagt, das Kulturkraftwerk war sehr gut besucht, ohne dass es zu großen Drängeleien kam.
Voice2BassGanz pünktlich um 20.00 Uhr durfte das Goslarer Duo Voice2Bass den Abend eröffnen, und die Anwesenden mit ihrer Minimal-Musik, bestehend aus Bassgitarre und Gesang für ca. 15 Minuten anwärmen. Die beiden Musiker wurden mit höflichem Applaus belohnt, aber das Publikum war auf härtere Töne programmiert und wartete natürlich auf die neue Henrik Freischlader Band, die inzwischen zu einem Quartett angewachsen ist und sich dadurch mehr musikalische Variationsmöglichkeiten geschaffen hat. Auch ich hatte die Gruppe in dieser Besetzung noch nicht gesehen und war natürlich auch auf die Songs des neuen Albums Recorded By Martin Meinschäfer gespannt, auf dem Henrik allerdings alle Instrumente im Alleingang eingespielt hatte.
Henrik FreischladerÜbrigens saß der im CD-Titel erwähnte Martin auch bei diesem Konzert an den Reglern und sorgte für den perfekten Sound. Der aktuelle Silberling stand auch im Mittelpunkt des ersten Teils des Auftritts. In diesen 70 Minuten zeigte sich, dass die Henrik Freischlader Band ihr musikalisches Spektrum verändert hat. Der harte und kompromisslose Bluesrock ist einem etwas mainstreamigeren Rock gewichen, bei dem sich Henrik zugunsten der Band zurücknimmt und so speziell Moritz Fuhrhop an der Orgel mehr Entfaltungsmöglichkeiten bietet. Zudem gibt es nun auch einige ruhigere Songs auf die Ohren, die früher in dieser Form fast undenkbar waren. Klar, so ist die Band natürlich für eine größere Fan-Schar interessant, aber die Power der Vergangenheit geht etwas verloren. So auch in diesem ersten Teil. Der Funke wollte noch nicht so recht ins Publikum überspringen.
Henrik FreischladerDas mag sicher auch an den für meinen Geschmack zu langen Mitsingphasen gelegen haben, die doch sehr dürftig klangen. Doch mit solchen Sachen war nach der Pause endgültig Schluss. Jetzt ging es richtig zur Sache. Die Songs wurden länger, der Blues stand im Vordergrund und nun kannte auch Henrik keine Verwandten mehr. Jetzt ließ er seine Gitarre unnachahmlich sprechen. Dabei waren die Slow Blues-Stücke für mich wieder mal die Highlights. Jetzt fetzten die alten Songs aus der Anlage, dass es eine Freude war. Ganz stark kam "Disappointed Women" und auch "The Blues" öffnete alle Poren beim Publikum. Das war die Henrik Freischlader Band, wie ich sie hören will.
Henrik FreischladerEigentlich wurde es nur noch ein einziges Mal ruhiger auf der Bühne, und zwar als der Peter Green-Klassiker "I Loved Another Woman" angestimmt wurde. Klasse, wie Henrik den großartigen Stil des Fleetwood Mac-Gründers interpretiert. Diesen Song kann man sich einfach nicht überhören.
Ein weiteres Highlight war das siebenminütige Schlagzeugsolo von Hardy Fischötter, bei dem der Drummer nicht wahllos brutal auf seine Schießbude eindrosch, sondern den Ablauf ruhig und besonnen bestimmte. In A Gadda Da Vida ließ grüßen.
Henrik FreischladerDER Höhepunkt des Konzertes aber war einmal mehr ein Jimi Hendrix-Cover. Diesmal war es "Foxy Lady", das von Henrik Freischlader perfekt verwurstet wurde. Ich habe den Titel schon einige Male live erleben dürfen, aber mit so einer Intensität, wie sie der Wupperthaler Gitarrist an den Tag legte, noch nie. Diese Zwölf-Minuten-Version wird mir noch lange in Erinnerung bleiben. Das war ganz großes Kino!
Und so kommen wir wieder zum Goslarer Publikum. Nachdem sich schon einige Zeit früher, während des zweiten Teils des Konzertes die Reihen unter den Zuhörern erheblich lichteten, wurde es nun bei dieser Sound-Orgie noch schlimmer. Ausgerechnet beim besten Song des Abends verschwanden die Leute nach draußen. Ganz davon abgesehen, dass dieses Verhalten respektlos und unhöflich gegenüber den Musikern ist, zeugt es auch von großer musikalischer Ahnungslosigkeit. Mehr kann ich dazu einfach nicht sagen…!
Henrik FreischladerGlücklicherweise betraf das aber nur einen Teil des Publikums. Der verbliebene Rest konnte noch einen letzten Song erleben, denn nun kam Nick. Ich habe keine Ahnung, wer der kleine Kerl eigentlich ist, auf dem Cover der aktuellen CD ist er aber auch abgebildet. Jedenfalls schnappte er sich eine Klampfe und schon lief die letzte Zugabe des Abends. "You Shook Me All Night Long" knallte es aus den Boxen und Nick zog alle Register eines großen Gitarristen, einschließlich eines Kniefalls auf der Bühne. Großartig!
So ging ein fast dreistündiges Konzert sehr schwungvoll zu Ende, bei dem eine spielfreudige Henrik Freischlader Band einen ganz starken Eindruck hinterließ. Diese Jungs sind wirklich top!
Wir bedanken uns ganz herzlich bei Ute Niewisch vom Kulturkraftwerk für die problemlose Akkreditierung.
Line-up:
Henrik Freischlader (guitar, vocals)
Theofilos Fotladis (bass)
Hardy Fischötter (drums)
Moritz Fuhrhop (organ)
Externer Link: