Ich sag's ja, die Einzelkämpfer mit der Gitarre und sozialkritischen Texten kommen wieder!
Natürlich waren sie nie weg. Aber über einen kleineren Fankreis, der mit großen Augen und Ohren in alternativen Clubs, bzw. mit den im Booklet abgedruckten Texten vor den Lautsprechern saß, kamen sie lange kaum noch hinaus. Der Rootsmusic- und Americana-Boom, der aus dem gelobten Rockmusikland zu uns herüberschwappt, hat sie auch wieder mit angespült. Allerdings ist die junge Generation am Puls der Zeit, inhaltlich, wie soundmäßig. Die singt nicht mehr (nur) einsam am Brunnen vor dem Tore oder vor dreißig Leuten auf der Kleinkunstbühne, sondern mit einer Mannschaft von hervorragenden Musikern im Studio und verkauft sich dann auch mitunter erfolgreich als Indie-Rocker.
Dazu gehört der interessante Morgan Finlay, der aus Vancouver stammt und abwechselnd in Toronto und Berlin lebt. Sein Deutschland-Debüt (? - es sind wenig Informationen erhältlich) ist jedenfalls voll überzeugend. Der Mann schreibt eingängige Songs, die mit dem richtigen Kick präsentiert werden, die ordentlich Biss haben und knackig im SmartArt-Studio von Peter Murray (der gleichzeitig auch die Bassparts einspielte) in Moosburg produziert wurden. Da gibt's weder latente Weinerlichkeit, noch Betroffenheitsgedudel. Die ansprechenden Lyrics werden immer mit einem satten Rock-Appeal präsentiert, die die alten Knochen in Schwung bringen.
Variable Arrangements mit zahlreichen gut eingesetzten Begleitinstrumenten machen "Shifting Through The Breakers" zum Ohrenschmaus. Der Eröffnungssong lässt zunächst noch auf den 'klassischen' Singer/Songwriter tippen, ein langsamer, leicht melancholischer Track zur gezupften Gitarre, untermalt mit den lieblichen Tönen einer Viola. Die hier noch leicht brüchige Stimme klingt gut. Doch dann wird's schnell rhythmischer, poppiger und der Gesang kräftiger, das trägt. An die kammermusikalisch-experimentellen Zeiten der Beatles erinnert "Night At The Mercury" mit leicht psychedelischem Touch. "Sound Of Industrie" steigert die atmosphärische Dichte weiter, schon ein beachtlicher Kracher, der verdächtige Hitqualitäten hat (aber wohl auch nie entdeckt wird). Der mit Flüsterchor im Refrain unterstützte Song "Killing Time" stünde seinem berühmten Landsmann Bruce Cockburn (auch derzeit in der Mache) bestens zu Gesicht.
Dagegen wirkt das in einwandfreiem Deutsch, aber mit deutlichem Akzent, nur zur Gitarre gesungene "Bei Dir sein" etwas hölzern, bekommt aber einen Sympathie-Punkt. Im eigenen Idiom zurück, klingt das gleich wieder runder, "I Meant To Get You Back" überzeugt mit feiner akustischer Instrumentierung und Chor-Refrain. Bei "Mourir d'envie" versucht er sich in Französisch, der federnde und sich langsam steigernde Groove lässt die sprachmelodischen Ecken vergessen.
Finale grande. "Take The Edge Off" könnte nicht nur wegen der nun kehligen Stimme von den Red Hot Chillis stammen. Mit hartem Stranglers-Bassriff schließt sich "Mescaline" an, um dann dem sanften "Blessing and Burning" mit Fiedel-Zwischenspiel den Ausklang zu überlassen. Rundum ein gelungenes Album, das in seiner relativ kurzen Spielzeit viel Qualität und Abwechslung bietet. Die Texte und einiges mehr sind zwar abgedruckt, aber mit solch mickriger Schrift und im fortlaufenden Fließtext, dass wohl nur Miniaturisten sich die Mühe des ernsthaften Lesen machen wollen. Aber das soll der einzige Kritikpunkt an dieser insgesamt starken Produktion sein. Wem das unlängst besprochene Markus Rill-Album
zusagt, der hat hier gleich das nächste Werk ähnlicher Machart und Güte.
Morgan Finlay ist grade wieder auf Deutschland-Tour, allerdings wohl nur traditionell mit eigener Gitarrenbegleitung ohne Band.
Tracklist |
01:(in)Security
02:Merge
03:Night At The Mercuri
04:Sound Of Industry
05:Bei Dir sein
06:I Meant To Get You Back
07:Mourir d'envie
08:Take the Edge Off
09:Mescaline
10:Blessing And Burning
|
|
Externe Links:
|