Spike Flynn / Rough Landing
Rough Landing Spielzeit: 51:57
Medium: CD
Label: Eigenproduktion, 2014
Stil: Singer/Songwriter, Roots

Review vom 15.09.2014


Markus Kerren
Zum Abschluss des Debütalbums It's Alright des Australiers Spike Flynn (das übrigens durch eine Tipp-Grafik zu besonderen Ehren kam) schrieb ich damals: »Der gute Spike arbeitet zurzeit übrigens bereits am Nachfolger, der wohl in den ersten Monaten des nächsten Jahres erscheinen soll. Ich freu' mich schon drauf.« Oooookay, das war Ende 2010! Ein bisschen länger als geplant hat es also doch gedauert, was aber nicht wirklich stören sollte, wenn man erneut mit der gleichen Qualität verwöhnt wird. Aber genau das ist der Punkt, über den ich lange nicht so richtig einig mit mir selbst werden konnte.
Um gleich mal mit der Tür ins Haus zu fallen: Der gute Spike hat hier dreizehn im Prinzip richtig gute Roots-/Alternative Country-/Singer/Songwriter-Stücke am Start, denen es lediglich an einem bestimmten 'Etwas' mangelt und die bezüglich eines anderen 'Etwas' eine deutliche Spur zu viel abbekommen haben. Es mangelt deutlich an Eigenständigkeit (da ist die Stimme so ziemlich das einzige) und was über die Maßen zu viel vorhanden ist, sind die starken Querverweise auf andere Musiker. Das steckt ein kleines bisschen Townes Van Zandt drin, ein kleines bisschen
Tom Waits, auch ein Stückchen Bob Dylan. Wonach Mr. Flynn aber am meisten klingt, sind die Kollegen Guy Clark und Kris Kristofferson.
Und das betrifft leider nicht nur das Songwriting, sondern auch die Gesangsmelodien, inklusive einiger Textzitate. Auch dass die - mal mehr, mal weniger vorhandenen - Jazz-Anteile des ersten Albums nicht mehr zu hören sind, ist sehr schade. "Rough Landing" klingt sehr nach den USA, sehr nach Texas, sehr nach den bereits genannten Country Outlaws der Mittsiebziger. Das muss zwar beileibe kein Kritikpunkt sein, beraubt den Australier aber eines guten Stücks seiner selbst, seiner Eigenständigkeit und Individualität. Spike Flynn mag ein Liebhaber dieses Stils und dieser Musiker sein, ihn selbst vermisst man auf seiner neuen Platte leider aber schon etwas.
Wenn man diesen - natürlich nicht unerheblichen - Punkt mal außen vor lässt, hat die Scheibe tatsächlich richtig gute Tracks zu bieten, die viel Spaß machen können. Beispielsweise ist da das bluesig-groovende "Don't Let Her Sail Away (Into The Night)", das deutlich Country-lastige "Small Town Refugee", das etwas zu schwülstige "All You Lonesome Hobos", das von der Gitarre sehr stark an Guy Clarks "Randall Knife" erinnernde "Hero's Mask" oder auch der Rausschmeißer des 'eigentlichen' Albums, "Trust", mit tollem Mandolinen- und Banjo-Spiel, einem weiteren typischen Clark-Refrain, vielen guten Melodien und Gefühlen.
Unter den Highlights des Rezensenten befindet sich unter anderem der Opener "Fate And Freedom", bei dem gleich mal die richtige Grundstimmung gesetzt wird. Schön flott wird hier mit sowohl rauer wie auch weiser Stimme eine Geschichte aus dem Leben erzählt, wie sie sich wahrscheinlich tausendfach ereignet hat, aber immer noch spannend anzuhören ist. Und dann ist da auch noch das großartige "Ragin' Against The Wind", ein groovender Rocker mit angezogener Handbremse, der im Stil von "Leopard Skin Pillbox Hat" (Dylan) um die Ecke gebogen kommt.
Letzten Endes ist es zwar so, dass Spike Flynn auch auf "Rough Landing" eine ganze Reihe richtig guter Songs am Start hat, aber nur sehr selten mit Eigenständigkeit glänzen kann. Viel zu oft poppen direkte Vergleiche mit den oben bereits erwähnten Kollegen im Kopf des Hörers auf. Und genau diesen Punkt habe ich bezüglich dem Vorgänger "It's Alright" doch sehr anders, sprich in deutlich geringerem Ausmaß, in Erinnerung.
Somit ist diese neue Scheibe zwar auch eine gute, aber nicht wirklich überragende geworden.Wer den Australier bereits kennt und mag, der wird aber auch mit dieser knappen Stunde Musik seine Freude haben.
Line-up:
Spike Flynn (guitars, harmonica, lead vocals)
Andrew Claremont (fiddle, mandolin, banjo)
Tony Green (acoustic & electric guitars, electric bass)
Ritchie Lockwood (drums)
Wendy Griffiths (double bass)
Andrew McCue (electric piano)
Donna Amini (harmony & background vocals)
Tracklist
01:Fate And Freedom
02:Small Town Refugee
03:Trying To Get Home Blues
04:Frozen Words (Neon Lit Cafe No. 2)
05:Ragin' Against The Wind
06:All You Lonesome Hobos
07:Time I Was Leaving
08:Uralla Blues
09:Don't Let Her Sail Away (Into The Night)
10:Re-incarnation Train Whistle Blues
11:Hero's Mask
12:Trust
13:Thank God I'm Straight (bonus track)
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