Glincolti / Same
Same Spielzeit: 44:07
Medium: CD
Label: Go Down Records, 2012
Stil: Fusion, Progressive Rock

Review vom 14.08.2012


Joachim 'Joe' Brookes
Bei den Kids ist es immer noch in, Freundschaftsbänder zu flechten. Auf dem Cover des neuen Glincolti-Albums ergibt sich aus der gleichen Anzahl Wollknäuel wie Musiker der Freak-Combo der bunt schillernde Bandname. Dann nennen sie auch noch eine Komposition "Spettinate", was wohl so viel heißt wie 'zerzaust' oder 'ungekämmt'. Die Gruppe mit einem deutlichen Hang zur Improvisation hat in ihren Reihen jetzt den Saxofonisten Alessandro Brunetta, der auch für die coolen Tasten-Einlagen auf dem Album zuständig ist. Er ist eine deutliche Bereicherung des Sounds und bei aller schöpferischen Freiheit, die das Quintett ausgiebig nutzt, verweben sie ganz geschickt Klänge aus dem Prog der Sechziger-/Siebzigerjahre.
"Glincolti" ist nach Visti & Imprevisti erst das zweite Album der italienischen Gruppe. Die dreizehn Stücke sind definitiv kein Ohrenfutter für nebenbei. Dafür gibt es viel zu viele magnetische Wirkungen auf den Hörer. Es geht rasant und ruhig zu, wenn die beiden Gitarren ihrem Ideenreichtum frönen. Die Rhythmusabteilung mit dem Bassisten Andrea Zardo und Groove-Meister Roberts Colbertaldo am Schlagzeug sorgt im Hintergrund für höllische Vielfalt. Ein klasse Team!
"Glincolti" ist wie ein Vergnügungspark zwischen moderner Achterbahn und klassischem Kettenkarussell. Die Kulminationspunkte des Album-Pendels sind Frank Zappa und
Muddy Waters. Die Gitarristen verstehen es, mit ihren Instrumenten die Geschichten zu erzählen. Neben furiosen, im Freistil angesiedelten Exkursen, versteht es die Band immer wieder, besinnliche Phasen einzustreuen. Einerseits setzt die akustische Gitarre mit iberischem Flair hier und da deutliche Kontrapunkte und andererseits kann man sich die Combo auch in schwarzen Anzügen und weißen Hemden vorstellen, wenn sie in Lounge-Manier Milde walten lässt.
Kommt es zum Einsatz des Bottlenecks, heißt das bei Glincolti nicht automatisch, dass es um den Blues geht. Geslidet wird im besten Fusion-Milieu mit Freestyle-Saxofon und fein gewobenen Tastenteppichen. Das Quintett qualifiziert sich auch über den Funk, der in ganz persönlicher Art und Weise präsentiert wird. Man mag es kaum glauben, aber diesen Stil kombiniert die Gruppe mit Gitarren beziehungsweise Saxofon im Twin-Sound. Doch, das geht und kommt auch noch gut an.
"Glincolti" dreht ordentlich an der Stimmungsschraube und somit ist stets für gute Laune vor den Lautsprechern gesorgt. Selbst vor einem Schwenk ins Country-Gefilde macht man nicht Halt. Der ist zwar nur kurz, hat typische Gincolti-Prägung und ein Sechssaiter klingt verdammt nach Danny Gatton. Irgendwie ist es wohl bei der Angabe der Instrumente im Line-up untergegangen, dass irgendjemand eine sehr gute Harp spielen kann. Dann kommt mit Derek Trucks-Gitarrenklängen sowie dem Metallröhrchen Blues-Feeling auf. Toll!
Großen Gefallen findet man auch am Rock, wenn der Wah Wah-gesteuerte Bass seine Bahnen zieht und sich die Band bis Oberkante Unterlippe im Retrospektiven suhlt. Hammer! Die Freistilmusiker haben immer den Genre-Shaker aktiviert und heraus kommen Song-Drinks, die richtig gut schmecken. Wenn Enrico Gabrielli die Querflöte spielt, dann ist Prog aus den besten, vergangenen Jahrzehnten angesagt.
"Glincolti" ist so bunt, wie die Wollknäuel auf dem Coverbild und die Fäden sortieren sich in den dreizehn Tracks zu einem herrlichen Gemisch aus musikalischen Attraktionen. Glincolti kennt kein Schwarz oder Weiß. Auch graue Zwischentöne gibt es nicht. Ohne ein Wort auf der Platte zu hören, macht das Album nicht sprachlos. Aber trotzdem ist diese Scheibe eine Empfehlung an alle, die instrumentale Musik und im weitesten Sinn Fusion mögen. Es lohnt sich, ein Freundschaftsband für Glincolti zu knüpfen.
Line-up:
Alessandro Tedesco (guitar)
Alberto Piccolo (guitar, slide guitar)
Alessandro Brunetta (saxophone, keyboards)
Andrea Zardo (bass)
Roberts Colbertaldo (drums, percussion)

Guests:
Enrico Gabrielli (flute, organ, percussion)
Frederico 'Jek' Iacono (guitar)
Tracklist
01:Relitto Fantasma (2:11)
02:Spettinati (2:57)
03:E Il Gatto Tornò Mentre I Topi Stavano Ballando (3:31)
04:Ruggine Sul Porto Degli Sbarchi (3:38)
05:Hutchinson (3:17)
06:Sud America (4:53)
07:Colpetti (6:00)
08:Apatia Metropolitana (3:25)
09:Perdiamo Colpi (1:26)
10:Cavalli Di Razza (2:26)
11:Un Permeriggio Da Naturalista (3:05)
12:Condetta Zero (2:20)
13:Vita Su Altri Pianeti (4:56)
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