Schlägt man in diesen Tagen die einschlägige Fachpresse auf, wird man feststellen, dass von einer Band Namens Gov't Mule immer wieder zu lesen ist. Das hängt wahrscheinlich mit der Europatour zusammen, auf der sie sich zur Zeit befindet. Könnte aber auch sein, dass der musikalische Stil der Truppe immer mehr an Bedeutung in unseren Breitengraden gewinnt, was ich mir eher wünschen würde. Die Rede ist vom Jamrock. Ausgedehnte Soli und pure Spielfreude sind die Attitüden dieses Musikstils. Gov't Mule gehören zu den Vertretern dieser Richtung. Workaholic Warren Haynes ist Gitarrist und Kopf der Band. Workaholic deshalb, weil er auch noch bei den Allman Brothers und bei der Grateful Dead Nachfolgeband The Dead spielt.
Das aktuelle Album "Deja Voodoo" ist ihr viertes Studioalbum und laut Warren Haynes ein Neuanfang nach dem Tod von Allen Woody, der Gov't Mule als Bassist und Mitgründer maßgeblich beeinflusst hat. Für Allen Woody ist jetzt Andy Hess eingestiegen. Ferner hat man sich einen festen Keyboarder, Danny Louis, zugelegt.
"Deja Voodoo" erschien in den USA schon im September 2004. Wir Europäer mussten den März 2005 abwarten, bis das Album bei uns veröffentlicht wurde. Dafür gibt es auf der "European Edition" aber noch eine zweite CD dazu, auf die die Amerikaner verzichten mussten. Die zweite Scheibe besteht aus fünf Songs, die live aufgenommen wurden.
Die CD ist ein Paradebeispiel für ein hochwertiges Produkt. In dem sechzehnseitigen Booklet sind alle Texte enthalten und der Sound ist mit das Beste was man heute so zu hören bekommt. Ferner wurde die Spiellänge des ersten Silberlings mit satten 75 Minuten voll ausgenutzt. Leider schwächelt da die Live-CD mit ca. 39 Minuten etwas. Aber auch hier ist der Sound recht ordentlich, wenn auch nicht so gut wie der von der Studio-Scheibe.
Anspieltipps zu empfehlen ist wirklich schwer, da alle Tracks als Highlight gewertet werden können. "Bad Man Walking" treibt den Song mit seinen Riffs nach vorne und groovt mächtig. Das E-Piano setzt gekonnt Akzente. Kurze Orgelsoli lockern alles auf. "About To Rage" empfiehlt sich durch den ausdruckstarken Gesang von Warren Haynes und den schönen Keyboard-Lines. Dies ist eins von den ruhigeren Stücken, mit sehr viel Ausdruckskraft gespielt und natürlich gesungen. Da lebt jeder Ton, eine klasse Bluesrock Nummer. "Little Toy Brain" ist eine wunderschöne Rockballade, sehr gefühlvoll gesungen und einer meiner Lieblingssongs auf der CD. Wo nimmt der Mann nur diese Emotionen her?
"Slackjaw Jezebel" wird von einem pumpenden, treibenden Bass bestimmt, das Orgelsolo ist sehr melodisch und passt wie die so genannte Faust aufs Auge. Die Band wirkt wie eine Einheit, das Zusammenspiel ist hervorragend. Die Drums laufen ohne viele Schnörkel durch den Song, immer sauber auf den Punkt. Die Gitarrenriffs prägen sich sehr gut ein und bleiben im Kopf hängen.
Bei "Lola Leave Your Light On" sind ganz klare Anleihen von Led Zeppelin zu hören. Diese Gitarren-Riffs klingen so vertraut. Die Drums setzen die passenden Akzente und das E-Piano wechselt sich mit der Orgel immer wieder ab. Das ist Rock vom feinsten und macht einem Rockfan wie mir richtig Freude.
Bei "Mr. Man" geht es noch mal so richtig nach vorne, die Band macht mächtig Druck. Mr. Haynes zelebriert einige hervorragende Gitarrensoli. Das Orgelsolo klingt ein wenig als wäre es von den Doors. Das balladeske "My Separate Reality" ist wieder sehr ausdrucksstark, so dass einem die Nackenhaare hochgehen.
Die Live CD, übrigens am 22.10.04 in Chicago aufgenommen, stimmt mich etwas traurig. Nicht weil es an der Scheibe etwas auszusetzen gäbe, sondern weil sie mich schmerzlich daran erinnert, das ich das Konzert in Hamburg am vergangenen Sonntag nicht sehen konnte. Gov't Mule live auf der Bühne zu erleben muss wohl ein unvergessliches Ereignis sein. Ich hoffe nur, dass ich irgendwann in nächster Zeit mal das Vergnügen haben werde.
"Slackjaw Jezebel" eröffnet die Live-Scheibe, mit dem gleichen Druck wie auf der Studio CD. Es gibt sogar noch ein extra Gitarrensolo am Schluss des Songs. Übergangslos geht's zur nächsten Nummer "Thorazine Shuffle" über, das von dem Album "Dose" stammt. Bass und Schlagzeug grooven das Stück ein. Es gibt ein ausgedehntes Gitarrensolo und ein sehr schönes E-Piano Solo, wiederum gefolgt von einem Gitarrensolo mit Wahwah Effekt - man steigert sich am Schluss in ekstatische Höhen. Auch "About To Rage" wurde um einige Gitarrensoli erweitert. Das macht den Reiz einer Livescheibe aus.
Zum Abschluss gibt es noch eine Nummer von dem Album The Deep End Vol.1. "Beautifully Broken" ist ein etwas ruhigeres Stück, mit sehr schönen Gitarreneinlagen sowie dieser gefühlvollen Warren Haynes Stimme.
Fazit: Ein Album ohne Schwächen. Hervorragender Sound, hervorragende Songs von hervorragenden Musikern gespielt. Ein absolutes Spitzenalbum, das durchaus als Botschafter für eine Musikrichtung, die vom Aussterben bedroht ist, fungieren kann. Gov't Mule haben mit diesem Rundling einen neuen Fan gewonnen. Mir hat The Deepest End, Live schon sehr gut gefallen, aber "Deja Voodoo" hat mich restlos überzeugt.
Spielzeit: CD 1 - 75:52 Min. CD 2 - 39:03 Min, Medium: Doppel-CD, ATO Records, 2005
CD 1:
1:Bad Man Walking 2:About To Rage 3:Perfect Shelter 4:Little Toy Brain 5:Slackjaw Jezebel 6:Wine And Blood 7:Lola Leave Your Light On 8:Silent Scream 9:No Celebration 10:Mr. Man 11:My Separate Reality 12:New World Blues
CD 2:
1:Slackjaw Jezebel 2:Thorazine Shuffle 3:About To Rage 4:Perfect Shelter 5:Beautifully Broken
Michael (Mike) Schröder, 14.04.2005
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