Gov't Mule
2013/12/31 New Years Eve, New York
2013/12/31 New Years Eve, New York Spielzeit: 225:00
Medium: Download
Stil: Jam Rock

Review vom 10.03.2014


Jürgen Hauß
Alle Jahre wieder kommt nicht nur das Christuskind, sondern treten auch die Jam-Rocker von Gov't Mule im Beacon Theatre in New York auf, um dort gemeinsam mit ihren Fans den Jahreswechsel zu begehen.
Und beinahe ebenso regelmäßig sind diese Konzerte mit einem musikalischen 'Schmankerl' verbunden. War es vor zwei Jahren das Nachspielen des kompletten Mad Dogs & Englishmen-Albums von Joe Cocker, stand für die Neujahrsnacht 2013/2014 ein Set an, das - im zweiten Teil des gesamten Konzerts - komplett aus Songs aus dem Repertoire der seeligen Doors - und zudem unter Mitwirkung von Robby Krieger, dem Gitarristen jener Band - bestand.
Doors-Fan bin ich seit frühester Jugend (und noch zu Lebzeiten des charismatischen Leadsängers Jim Morrison), Mule-Fan erst seit wenigen Jahren, dafür aber mindestens genauso intensiv, so dass die Ankündigung einer Kombination aus Beidem sich für mich genial anhörte. Das Konzert gibt es - wie für Mule-Konzerte mittlerweile die Regel - über die Homepage der Band problemlos als kostenpflichtigen, jedoch angesichts des derzeitigen Wechselkurses recht günstigen Download. Die dort verfügbaren kurzen Song-Schnipsel gaben mir bereits einen Vorgeschmack, was mich erwarten würde, jedoch nur ansatzweise einen Hinweis auf die Genialität, die dahinter steckte. Und ab jetzt gebe ich jeglichen Versuch einer dem Rezensenten gebotenen Objektivität auf, da er sowieso kläglich scheitern würde.
Die Idee für dieses Neujahrskonzert war der Band um Warren Haynes gekommen, nachdem sie im vergangenen Jahr Ende Oktober bereits zwei ähnliche Konzerte in Los Angeles und in Oakland gespielt hatten; nach eigenen Angaben der Band auf ihrer Homepage folgte man damit einem Wunsch der Fans - vorbildlich!
Über den ersten Teil des Konzerts möchte ich eigentlich nicht viel sagen, war es doch wie stets ein Querschnitt durch das gesamte Repertoire der Band; bemerkenswert ist allenfalls, dass mit "No Reward" und "Funny Little Tragedy" nur zwei Songs aus ihrem aktuellen Album Shout!, das ja im selben Jahr erst erschienen war, vertreten waren.
Traditionell endet das Jahr mit einem gemeinsamen Herunterzählen des Jahres und Begrüßen des neuen Jahres, und umgehend setzt das jedem Doors-Fan nur allzu bekannte Intro zu "Break On Through (To The Other Side)" ein, ein treffend gewählter Opener beim Durchbruch zum neuen Jahr!
Genial ist jedenfalls die Authenzität, die dem Hörer geboten wird: Schlagzeug und vor allem Keyboard klingen so, wie man es von The Doors gewohnt war. Leider kann ich auf den im Netz verfügbaren Videoclips nicht erkennen, ob Danny Louis eine original Vox Continental Combo Organ, wie sie einst von Ray Manzarek gespielt wurde, hier einsetzt oder auf einem anderen Instrument diesen einmaligen Klang erzeugt. Und selbst der Gesang von Warren Haynes weist deutliche Ähnlichkeiten zu Jim Morrison auf. Wer also ohne Vorwarnung sich die Musik anhört, kann - jedenfalls über weite Strecken des Konzerts hinweg - dem Irrtum erliegen, einer bislang unbekannten Live-Aufnahme der Doors beizuwohnen, und zwar einer wirklich guten!
Selbiges gilt für das folgende "Peace Frog". Warren Haynes beschränkt sich hier Gitarren-mäßig auf den Part der Rhythmus-Gitarre, während er die Solo-Gitarre verständlicherweise Robby Krieger überlässt, warum die Kopie nehmen, wenn man das Original haben kann?! Robby Krieger gibt in einer Art Sprechgesang ein paar Verse dazu: diesbezüglich ist meine Bewertung umgekehrt.
Den Rausschmeißer bildet - angesichts des Titels natürlich zu Recht - das in weiten Teilen recht psychodelisch dargebotene "When The Music's Over" (auf Videos kann man sehen, dass im Hintergrund entsprechende Videosequenzen über die Leinwand flimmern). Eingeleitet von einer kurzen Orgel-Improvisation, wird der Song in einer Länge von rd. 17 Minuten präsentiert, womit auch typische Doors-Interpretationen übertroffen werden.
Und dazwischen? Immerhin umfasst das ganze zweite Set des Konzerts einschließlich der beiden 'Encores' insgesamt 16 Songs und dauert exakt zwei Stunden (das erste Set - s.o. - dauerte auch bereits eindreiviertel Stunden!). Die unten aufgeführte Tracklist zeigt einen Querschnitt durch die bekanntesten Doors-Songs. Eine Ausnahme bildet insofern allenfalls der Willie Dixon-Klassiker "Little Red Rooster", der m.W. auf keiner Studio-Scheibe der Band eingespielt wurde. Dafür wurde er aber des Öfteren konzertant präsentiert und hat auf diesem Wege Eingang in diverse Live-Aufnahmen/Bootlegs gefunden (Robby Krieger stellt vorliegend in der Ankündigung des Stückes selbst ironisch die Frage, ob eine Doors-Interpretation des selben schon einmal veröffentlicht wurde). Hier singt ausschließlich Robby Krieger (einschließlich eines Hunde-Gebells zum Ende hin!). Umgekehrt fehlt dafür in dieser Nacht mit "Who Do You Love" ein Lied aus dem Doors-Repertoire, das schon häufiger von Gov't Mule bei Live-Konzerten gespielt wurde. Der Grund dürfte aber sein, dass es sich hierbei um keinen von den Doors selbst komponierten Song, sondern um einen
Bo Diddley-Klassiker handelt.
Jedenfalls macht es vor diesem Hintergrund keinen Sinn, jeden einzelnen Track vorliegend zu sezieren. Alle Nummern sind nahezu authentisch dargeboten, einschließlich wohl gesetzter Pausen oder auch 'Schrei-Einlagen', die einem Jim Morrison würdig gewesen wären. Anders klingen diese lediglich in den Passagen, in denen die Anwesenheit zweier toller Gitarristen dazu genutzt wird, dass diese sich wechselseitig duettieren, wie beispielsweise bei "Love Her Madly". Von daher ist es nachvollziehbar, wenn sich Robby Krieger gerade am Ende dieses Songs (und damit bereits recht früh im Rahmen dieses Sets) bei den Jungs von Gov't Mule dafür bedankt, dass sie die Songs extra für ihn eingeübt hätten - und natürlich für das Publikum - und dies mit der Hoffnung verbindet, dass man diese auch zukünftig spielen wird; nun ja, man wird sehen bzw. hören.
Zum Schluss versuche ich doch noch einmal, eine gewisse Objektivität an den Tag zu legen. Der erste Teil dieses zweiten Sets des Konzerts enthält 'normale' Interpretationen allgemein bekannter Doors-Klassiker, d.h. insbesondere, diese dauern im Schnitt etwa vier Minuten, was den Originalen sehr nahe kommt. Auch die zweite Hälfte besteht überwiegend aus Doors-Klassikern. Doch hier werden die Tracks mit durchschnittlich 10:45 Minuten deutlich länger interpretiert. Hier schlägt insbesondere der Jam-Rock à la Gov't Mule durch. Okay: "The End" wie auch insbesondere "When The Music's Over" wurden auch zu seeligen Doors-Zeiten 'gejammt', aber derart exzessiv wie vorliegend habe ich sie selten vernommen. Für deren 'Jam'-Charakter typisch ist beispielsweise, dass bei der fast 11-minütigen Version von "Light My Fire" zwischendurch "Eleanor Rigby" von den Beatles, bei "Riders On The Storm" (auch fast zehn Minuten lang und - natürlich - mit herrlicher Regen-Atmosphäre dargeboten) hingegen "Ghost Riders In The Sky" eingespielt wird - so etwas habe ich bei The Doors nie erlebt.
Und noch etwas ist positiv zu bemerken: Das Orgel-lastige Spiel der Doors gibt vorliegend Danny Louis die Möglichkeit, sein Können etwas mehr in den Vordergrund zu stellen, als dies im Rahmen seiner 'Haus-Band' ansonsten möglich ist - und das ist gut so! Dass er zudem bei "People Are Strange" die Gelegenheit erhält, seine Fähigkeiten an der Trompete zu beweisen, ist ebenfalls positiv zu bewerten, hat der Rezensent doch an anderer Stelle moniert, dass Danny Louis zwar eine Posaune auf der Bühne präsentierte, diese aber nicht zum Einsatz kam. Demgegenüber hält sich Matt Abts bemerkenswert zurück. Er bekommt - während des gesamten Konzerts - keine Gelegenheit für ein sonst für ihn übliches langes Drum-Solo und bleibt damit trotz des sehr transparenten, weil Becken-lastigen Schlagzeugspiels ähnlich im Hintergrund wie einst John Densmore; es klingt, als wäre er bei diesem in die Schule gegangen.
Mein abschließendes, natürlich subjektives, Resümee: Natürlich kann man vorliegend Gov't Mule abwertend als 'Cover-Band' einer der besten Bands ihrer Zeit bezeichnen; man muss dann allerdings konzedieren, dass sie diese Rolle nahezu perfekt spielt. Für mich bedeutet die Tatsache, dass sich eine der besten Jam-Rock-Bands der heutigen Zeit derart umfänglich dem Repertoire der Doors widmet, lediglich eine Verbeugung vor dieser Band. Wenn sie dies aber auf derartig hohem, sprich: dem Original derart angenähertem, Niveau bewerkstelligt und sich dennoch nicht davor scheut, für das eigene Spiel typische Stil-Elemente einfließen zu lassen, kann ich nur sagen: Chapeau!
Line-up:
Warren Haynes (guitar, vocals)
Matt Abts (drums)
Danny Louis (keyboards)
Jorgen Carlsson (bass)

Special Guest:
Robby Krieger (guitar, vocals)
Tracklist
Set 1:
01:Loud Whisper Jam (3:30)
02:Silent Scream (Pt. 2) (5:10)
03:World Gone Wild (6:18)
04:Temporary Saint (5:21)
05:Trane (8:15)
06:Wine And Blood (6:12)
07:Brand New Angel (9:59)
08:Forevermore (4:18)
09:I'm A Ram (7:07)
10:Love Me Do (1:58)
11:I'm A Ram (3:43)
12:No Reward (6:26)
13:Like Flies (7:24)
14:Time To Confess (10:04)
15:Thorazine Shuffle (12:07)
16:Funny Little Tragedy (4:10)
17:Thorazine Shuffle (Reprise) (1:27)
18:New Years Countdown (0:42)

Set 2:
01:Break On Through (To The Other Side) (3:33)
02:Peace Frog (4:50)
03:People Are Strange (3:09)
04:My Eyes Have Seen You (3:44)
05:Love Her Madly (5:03)
06:Wild Child (4:16)
07:Hello, I Love You (4:01)
08:Love Me Two Times (4:16)
09:Been Down So Long (6:07)
10:Little Red Rooster (7:51)
11:Light My Fire (10:55)
12:The End (14:02)
13:Riders On The Storm (9:40)
14:L.A. Woman (11:09)
15:Roadhouse Blues (8:23)
16:When The Music's Over (18:12
Externe Links: