"Built To Last": Was für ein Albumtitel angesichts der Tatsache, dass dies die letzte Studioplatte der Band ist.
Grateful Dead - Live oder Studio? Das ist keine Frage, denn obwohl sie mit "American Beauty" und "Workingman's Dead" zwei ultimative Studio-Meisterwerke abgeliefert haben, waren sie zweifelsohne eine Live-Band und für ihre abertausende Events (denn diese Shows waren weit mehr als 'nur' Konzerte) berühmt.
Die beiden erwähnten CDs sollte man übrigens im Regal haben, da sie Standard-Rockklassiker sind. Obwohl es auch in Deutschland eine eingeschworene Fangemeinde gibt, muss man sagen, dass Grateful Dead hier nie auch nur annähernd den Status hatten wie in ihrer Heimat.
Wer schon einmal in den Staaten war, wird bestätigen, dass kein Tag vergeht, an dem nicht mindestens einmal ein Song von ihnen im Radio gespielt wird. "Truckin'", "Candy Man", "Ripple" usw. sind in den USA das, was bei unseren Sendern "Lady In Black", "Smoke On The Water" oder "Sweet Home Alabama" sind: Tägliches Futter für die Ohren beim Radio einschalten.
Allerdings mit dem feinen Unterschied, dass im Land der unbegrenzten Möglichkeiten neben Grateful Dead von den genannten Bands auch Sachen wie "Salisbury", "Living Wreck" und "Mr. Banker" zu hören sind. Kein Wunder in einem Land, in dem auch über Sechzigjährige beim BBQ die Dead, Guess Who oder Südsaatenbands hören. Noch dazu sind diese Leute nicht musikborniert, denn auf den Volksfesten haben sie mindestens genau so viel Spaß bei 'German Humpta-Music', Sauerkraut und Bier. Undenkbar hierzulande, wo sogar Classicrock-Sender meinen, der Rockfan kenne nur "Locomotive Breath" und wüsste "Aqualung" z.B. nicht zu schätzen. → ( hier nachzulesen.)
Keine Ahnung, Dummheit, Arroganz... was auch immer, auf jeden Fall ein Sendeprogramm an der selbst proklamierten Klientel vorbei.
Zurück zum Thema. "Built To Last" sollte, wie In The Dark unter Live-Bedingungen (ohne Publikum) aufgenommen werden. Aber es wollte nicht klappen, jeder Musiker spielte seinen Part nach Vorgaben im stillen Kämmerchen alleine ein und später wurde alles zusammengemixt. Eine seltsame Arbeitsweise, gerade für diese Band.
Wie auch immer, an den kommerziellen Erfolg des Vorgängers reichte die Scheibe nicht heran, was mich überhaupt nicht stört, da ich diese Formation lieber in der 'nicht-kommerziellen Ecke' sehe. Wunderbare Dead-Tunes ("Foolish Heart", "Just A Little Light") eröffnen das Album. Der Titeltrack dagegen ist mir zu sehr 'Eighties', wobei ich allerdings die Refrainmelodie als sehr gelungen bezeichne.
Auch bei "Victim Of The Crime" sind mir die Keys zu sehr mainstream. Der Track 'wächst' aber bei permanentem Hören und man kann sich herrlich 'reinschaukeln'. "We Can Run" klingt etwas nach spacigem Bowie und dann kommt endlich 'meine Nummer' dieser CD: "Standing On The Moon". Eine Antikriegsballade mit starkem Text. Wenn man Worte, wie die folgenden hört, kann man sich die Situation in fast beängstigender Deutlichkeit vorstellen:
»Standing on the moon
With nothing left to do
A lovely view of heaven
But I'd rather be with you - be with you«
"Picasso Moon" und "I Will Take You Home"... na ja, sag ich mal und gehe nicht näher darauf ein. Auch Grateful Dead litten wohl unter dem musikalischen Zeitgeist der Achtziger.
Ganz anders, lebendiger möchte ich sagen, die Bonusversionen von "Foolish Heart" und "Blow Away": Live eben. Auch Rodney Crowells "California Earthquake (Whole Lotta Shakin' Goin' On)" tut den Ohren gut. Nicht dass das jetzt jemand falsch versteht - die CD ist als Platte der Endachtziger nicht schlecht.
Aber es steht Grateful Dead auf dem Cover und anhand des Repertoires der Band liegt die Messlatte hoch. Der Fan muss diese HDCD-Version natürlich auch haben. Keine Frage!
Wir werden nie erfahren, was studiomäßig noch hätte passieren können, denn Jerry Garcia starb vor 11 Jahren und seitdem ist Grateful Dead Geschichte.
Das Erbe in Form von Songmaterial ist, gerade was die Live-Shows angeht, als gigantisch zu bezeichnen und ich bin nicht sicher, ob es auf diesem Planeten jemanden gibt, der alles Verfügbare schon einmal gehört hat.
Dank Rhino gibt es einiges in perfekter HDCD-Qualität. "Built To Last" ist die letzte CD der Reihe. Ich hoffe sehr, dass ich ein 'vorläufig' nachschieben darf.....
Line-up:
Jerry Garcia (g,v)
Bob Weir (g,v)
Brent Mydland (key, v)
Phil Lesh (b)
Bill Kreutzmann (d)
Mickey Hart (d)
Spielzeit: 79:59, Medium: CD, Rhino, 2006, (1989), Jam Rock
1:Foolish Heart 2:Just A Little Light 3:Built To Last 4:Blow Away 5:Victim Of The Crime 6:We Can Run 7:Standing On The Moon 8:Picasso Moon 9: I Will Take You Home
Bonus Tracks:
10:Foolish Heart (Live) 11:Blow Away (Live) 12:California Earthquake (Whole Lotta Shakin' Goin' On) (Live)
Ulli Heiser, 26.07.2006
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