Als Redakteur eines Musikmagazines ist es u. a ureigenste Aufgabe, die Leser über neue Veröffentlichungen zu informieren. Ob einem die besprochene Platte nun gefällt ist eigentlich unerheblich, denn darauf den Fokus zu legen bedeutet, im Lager der Konsumenten besser aufgehoben zu sein. Aber so wie ein heißer Sommertag einem verregneten überlegen ist, ist es auch bei dem Redakteursdasein: Wenn die Platte gefällt, macht die Arbeit noch mehr Spaß.
Auch bei uns ist es schon ab und an so, dass die Metaller Freudentränen vergießen und so ihre Kutten zum Rosten bringen, den Country-Rockern die berühmte tear ins beer fällt und auch die Blueser, ansonsten ja fast nur altes Fleisch gewohnt, vor Freude die Knochen schütteln, wenn der junge und oft weibliche Bluesnachwuchs durch die Lande zieht. Will sagen, es gibt auch Momente, in denen die Lieblingsband zum Besprechen auf den Tisch kommt. In meinem Fall kommt das mit vorliegender Gruppe sehr selten vor. Auch weil die Band, um die es geht, wahrscheinlich keine wie auch immer geartete Promotion braucht. Die Fanbase ist da, ist riesig (immer noch) und es gibt genug Archive, bei denen man Nachschub saugen kann, wenn der Output der Band im Regal noch keine vierstellige Zahl erreicht hat.
Tradition ist meistens etwas Gutes und so auch hier, denn jedes Jahr (bis 1991) gaben Grateful Dead im kalifornischen Oakland Coliseum ihre berühmte "New Year's Eve"-Show und vorliegende, aus dem Jahre 1987, gilt als die beste. Das kann ich nicht verifizieren, will es aber mal so stehen lassen. Das Konzert wurde in Radio und TV übertragen und dieser Radio-Mitschnitt ist nun auf CD gepresst und dreht sich in meinem Player.
Ob das komplette Konzert übertragen wurde, weiß ich nicht. Auf CD ist knapp die Hälfte der Show, allerdings nicht in der Reihenfolge der Original-Setlist. Wahrscheinlich hat man so ausgewählt, wie man es für gut befunden hat. Ich hätte manche Stücke hier weggelassen und andere dazugenommen, aber im Prinzip ist die Wahl nicht schlecht.
Gerade die ersten vier Nummern lassen mich mit der Zunge schnalzen. "Bertha", "Little Red Rooster" (ich hab diesen Dixon-Song wahrscheinlich noch in keiner besseren Interpretation gehört - die B3 ist einfach klasse ...), "When Push Comes To Shove" und "Bird Song" - die Band zeigt in den vier Songs vier ihrer spielerischen Facetten. Und dann: Terrapin Station, ein Meisterwerk. An diesen Track sollte sich mal eine Prog-Band wagen, bietet diese Komposition doch so einiges, was mit Prog-Mitteln und 'großer Besetzung' für Furore sorgen könnte. "Terrapin Station" ist für mich einfach eine Jahrhundertnummer, wenn auch musikalisch nicht unbedingt typisch für die Band. Punkt.
Auch die ersten vier Tracks der zweiten CD sind Glanzstücke und man muss sie nicht vorstellen. Überhaupt sind Grateful Dead eine der Bands, die man entweder voll und ganz aufsaugt, oder man lässt es. Aber, wo Licht ist, da ist auch Schatten. Dass das Konzert nicht in Gänze zu hören ist, ist ok. Dauerte schließlich etwa viereinhalb Stunden (GD spielten übrigens auch am 28.12. und am 30.12. im gleichen Venue. Drei Shows in vier Tagen. Normal für diese Band, auch die Länge der Shows). Besser wäre gewesen, man hätte CD Nummer zwei mit Material dieser Tage 'gefüllt'. Die verwendeten Bonustracks sehe ich dagegen als echte Füller. Mag sein, sie sind historisch interessant, aber wenige Minuten aus z. B. der "Letterman-Show" muss nicht sein. Nicht nach den ersten 14 Nummern der Silvesternacht. Auch klanglich fallen diese Bonustracks gewaltig ab.
Aber ich will mitnichten meckern. Der Doppeldecker ist ein feines Stück Musikgeschichte DER Jam-Band schlechthin. Da stört auch kaum das dürftige und Info-lose Booklet. Deadheads sowieso nicht, denn die leben auch äußerst glücklich mit Tapes und fast unerschöpflichen Downloadquellen. Ja selbst der normale Backkatalog dieser Band sorgt für viele Meter im Regal.
"New Year's Eve 1987" ist trotzdem ein Muss für die Gemeinde. Wieder 11 Millimeter mehr ...
Tracklist |
CD 1:
01:Bertha (7:34)
02:Little Red Rooster (8:56)
03:When Push Comes To Shove (4:35)
04:Bird Song (10:12)
05:The Music Never Stopped (7:01)
06:Hell In A Bucket (6:25)
07:Uncle John's Band (10:33)
08:Lady With A Fan (6:22)
09:Terrapin Station (6:39)
10:The Other One (5:32)
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CD 2:
01:Wharf Rat (9:46)
02:Throwing Stones (9:15)
03:Not Fade Away (7:02)
04:Knockin' On Heaven's Door (7:33)
Bonus Tracks:
05:Casey Jones [Saturday Night Live, November 11, 1978] (3:31)
06:I Need A Miracle [Saturday Night Live, November 11, 1978] (3:16)
07:Good Lovin' [Saturday Night Live, November 11, 1978] (3:51)
08:Alabama Getaway [Saturday Night Live, April 5, 1980] (3:53)
09:Saint Of Circumstances [Saturday Night Live, April 5, 1980] (4:44)
10:Monkey And The Engineer [Jerry Garcia & Bob Weir, Letterman, April 13, 1982] (2:10)
11:When I Paint My Masterpiece [Jerry Garcia & Bob Weir, Letterman, September 17, 1987] (3:58)
12:I Second That Emotion [Jerry Garcia & Bob Weir, Letterman, October 13, 1989] (3:45)
13:The Winners [Bob Weir & Rob Wasserman, Letterman, September 27, 1991] (3:25)
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Externe Links:
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