Gregor Hilden / In Phase
In Phase Spielzeit: 57:29
Medium: CD
Label: Acoustic Music Records, 2015
Stil: Blues

Review vom 23.01.2015


Joachim 'Joe' Brookes
Klangwellen, die sich in identischen Phasen ausdrücken, allerdings einen unterschiedlichen Schwingungsgrad, unterschiedliche Intensität haben, summieren sich zu einer entsprechend größeren Amplitude. Physikalisch-emotionslose Mathematik und Messungen können allerdings durchaus in eine Beziehung zum Album "In Phase" gebracht werden. Die vorliegende Platte ist eine fast einstündige Dokumentation von Gregor Hildens Blues. Beim Hörer werden die Emotionen Song für Song addiert und die dreizehn Summanden ergeben eine verdammt große Summe. Auf dem Instrumentalalbum haben die klanglich ausgedrückten Gefühle eine beträchtliche Spannweite. Man darf dem Protagonisten und seinen Begleitmusikern zu einer Veröffentlichung gratulieren, die, ohne andere Produktionen des Münsteraners in den Schatten stellen zu wollen, Dimensionen von Golden Voice Blues hat.
Im Line-up von "In Phase" befinden sich zwei hervorragende Keyboarder mit unterschiedlicher Tonkoloratur. Einerseits ist es der Keyboarder Thomas Hufschmidt und andererseits Horst Bergmeyer an der Hammond B3-Orgel. Die exzellente Rhythmusabteilung, bestehend aus dem Bassisten Martin Engelien und Dieter Steinmann am Schlagzeug runden den höchst kompetenten Eindruck der Scheibe ab.
Gregor Hilden ist individuell, mit seinem Sprachrohr, der Gitarre, hat er einen großen Wiedererkennungsfaktor und er schreibt Songs mit einer ausdrucksstarken Feder. Zehn seiner Kompositionen geben "In Phase" einen unverwechselbaren Charakter. Die drei Coversongs von Ralph MacDonald, Kenny Burrell sowie Peter Green und mit Gregor Hilden & Co.-Versiegelung zeigen, welche Dimensionen ihr musikalisches Feld hat.
Ein sehr interessantes Wiederhören gibt es mit "Rock-Zabern", einer Nummer, die man im akustischen Outfit von den The Vineyard Sessions her kennt. Neben Gregor Hilden wirkten dort noch Richie Arndt & The Bluenatics und Timo Gross mit. Jetzt hat "Rock-Zabern" sozusagen ein elektrisch-elektrifizierendes Gewand bekommen. Funkig rockt es aus den Gitarrenlautsprechern, der Bass kennt nur die Bewegung nach vorne und die Keyboardklänge werden hier in den Vordergrund gesetzt. Jazzig perlen die Sounds und dieses Stück ist ebenfalls ein Beispiel dafür, dass Thomas Hufschmidt sowie Horst Bergmeyer nicht nur als flächendeckende Sound-Kreateure ins Fox Music Studio, Telgte gekommen sind. Freiräume werden geschaffen und ideenreich genutzt.
"Mr. Magic" ... ein Songtitel nach Maß, ein Lied, das zündet, ein Track, an dem der 2011 verstorbene Komponist und Schlagzeuger Ralph MacDonald seine Freude haben wird. Freude hat auch der Hörer, denn wie selbstverständlich hat die Nummer den Zauber, mit dem man die Leute vor den heimischen Lautsprechern in seinen Bann zieht.
"In Phase" ist so etwas wie die Vermessung der Seele. Der Blues ist dabei das Maßband der Emotionen. "Springtime" ist eine Traumlandschaft mit einer pastellfarbenen Palette an Tönen. "Naylor's Blues" ist das akzentuierte Bekenntnis eines Slow Blues, das sich als Highlight des Albums entpuppt. Ein Primus inter Pares. Kenny Burrells "Chitlins Con Carne" hat in den Händen von Gregor Hilden & Partner gleichzeitig Leichtigkeit und Tiefe. Ein tolle Interpretation.
Auf "Golden Voice Blues" gab es als Abschlusslied "Greg's Boogie". Hier ist es "Greg's Funk", der für mächtig viel Dynamik sorgt. Solo-Läufe treffen auf knackige Riffs und zwischendrin verknüpfen die Tasten-Sounds den Stil mit dem Jazz. Klasse!
"*'63"" ist ein herrliches Solo-Stück des Protagonisten und darf mit seiner balladesken Atmosphäre aus meiner Sicht durchaus als Kontrast-Auftakt für das rockende, von Peter Green komponierte "Fleetwood Mac" angesehen werden. Gratulation dazu, nicht einen der wohlbekannten
Fleetwood Mac-Standards ausgesucht zu haben. Dieter Steinmann sowie Martin Engelien sind nicht nur hier der treibende Band-Motor. In mehreren Blitzlichtern setzen sich beide Musiker solistisch in Szene.
Den "Farewell Blues" darf man im weitesten Sinn hoffentlich nicht wörtlich nehmen, denn Farewell hat immer etwas mit Abschied zu tun. Im engeren Sinn ist es natürlich ein nachdenklich ausgelegtes Abschiedslied für dieses Album.
Gregor Hilden ist mit "In Phase" genau das gelungen, was die naturwissenschaftliche Lehre emotionslos zum Ausdruck bringt. Allerdings sind die dreizehn Songs ein ganzer Berg von Gefühlen, die sich dem Hörer in beeindruckend-instrumentaler Art und Weise öffnen.
Line-up:
Gregor Hilden (electric guitars, acoustic guitars)
Thomas Hufschmidt (keyboards)
Horst Bergmeyer (Hammond B3 organ)
Martin Engelien (bass)
Dieter Steinmann (drums)
Tracklist
01:Mr. Magic (5:45)
02:In Phase (4:10)
03:On Flow (4:14)
04:Rock-Zabern (5:09)
05:Desert Song (4:41)
06:Springtime (4:31)
07:Blues From The Outer Side (4:46)
08:Chitlins Con Carne (4:42)
09:Naylor's Blues (5:30)
10:Greg's Funk (3:08)
11:*'63" (1:33)
12:Fleetwood Mac (3:57)
13:Farewell Blues (4:48)
(all songs written by Gregor Hilden except #1 by Ralph MacDonald, #8 by Kenny Burrell, #12 by Peter Green)
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