Das letzte Konzert, bei dem ich die Hamburg Blues Band live auf der Bühne gesehen hatte, fand im Jahr 2007 in der KuBa-Halle in Wolfenbüttel statt. Inzwischen hatte sich bei der Gruppe um Gerd Lange Einiges getan. Leadgitarrist Alex Conti hatte die Band verlassen und wurde durch den Keyboarder Adrian Askew (Ex- Atlantis, Lake) ersetzt. Außerdem wurde das aktuelle Album Mad Dog Blues fertig gestellt, auf dem neben sechs brandneuen Studio-Tracks auch 'The Voice' alias Chris Farlowe mit einigen Live-Aufnahmen vertreten ist, der bis in die Gegenwart hinein zum festen Line-up der Hamburg Blues Band gehört und dadurch jeden Gig der Truppe veredelt.
Obwohl die Jungs in der Zwischenzeit des Öfteren unter RockTimes-Beobachtung standen, waren das jede Menge Gründe für mich, auch selbst mal wieder einen Blick auf den aktuellen Zustand der Gruppe zu werfen. Und dazu war dieser Gig in dem niedersächsischen Kultschuppen schlechthin die beste Gelegenheit. Keine Ahnung, warum ich die Hamburg Blues Band noch nie in der Bluesgarage gesehen habe, aber das ist ja auch nicht von Bedeutung. Jedenfalls war ich sehr gespannt, wie sich die Band vor diesem sachkundigen Publikum präsentieren würde, denn in Isernhagen muss man schon richtig Leistung bringen, um die doch ziemlich verwöhnten und kritischen Leute zu überzeugen.
Kurz nach 21.00 Uhr begann das, wie üblich zweiteilige Konzert mit der 'Stammbesetzung', also noch ohne den Colosseum-Shouter Chris Farlowe. Doch auch Gerd Lange ist durchaus in der Lage, die starke Musik der HBB perfekt rüber zu bringen, schließlich hat er auf allen Alben der Band bewiesen, dass er über eine hervorragende Stimme verfügt, die er je nach Bedarf, mal leise und gefühlvoll, oder aber auch kräftig röhrend einsetzen kann.
So war auch ein grippaler Effekt kein Hinderungsgrund für den Shouter, das erste Set routiniert und gekonnt mit den beiden Band-Klassikern "Rockin' Chair" und "Make My Day" zu eröffnen. Sichtlich gut gelaunt und aufgeräumt fetzte die Truppe gleich so richtig los. Ohne jegliche Aufwärmphase griff 'Clem' Clempson in die Saiten und entlockte seiner Klampfe sofort die herrlichsten Töne, während die Achse Wallbaum/Becker von Anfang an für den notwendigen Druck sorgte und gleich Vollgas gab.
Und Adrian Askew? Wie vermutet, sind seine Keyboards eine echte Bereicherung für den Gruppensound. Schon bei den beiden folgenden Songs "Trouble Man" und "Bad To The Bone" vom aktuellen Album konnte er sich voll einbringen. Außerdem ergänzte er sich so perfekt mit 'Clem' Clempsons Gitarre, dass man meinen könnte, die Zwei würden schon ewig zusammen spielen. Na ja, das zeichnet absolute Profis eben aus. Diese immer wieder eingestreuten 'Zwiegespräche' von Orgel und Klampfe waren während des gesamten Konzertes wahre Highlights. So gab es einen musikalisch sehr abwechslungsreichen ersten Teil auf die Ohren, bei dem sich alte und neue Songs permanent abwechselten. Dabei wurde schnell klar, wie gut sich die taufrischen Kompositionen in die Setlist einpassten.
Nach einer dreißigminütigen Pause war er dann da. Eine der besten englischen Blues- und Soulstimmen betrat die Bühne. Chris Farlowe wurde schon bevor er auch nur einen einzigen Ton von sich gegeben hatte, mit stürmischem Applaus begrüßt. Und auch er schien bester Laune zu sein. Sofort stimmte die Kommunikation mit dem Publikum, das er binnen Sekunden auf seine Seite gezogen hatte.
Obwohl er körperlich nicht gerade in einen Jungbrunnen gefallen schien, erzeugte der fast 69-Jährige von Anfang an stimmlich ein wahres Gänsehaut-Feeling. Diese Intensität und das gleichzeitige klare Timbre sind einfach kaum zu toppen und das nun schon über Jahrzehnte, denn schließlich hat 'The Voice' in den siebziger Jahren eine Band wie Colosseum mit seiner Röhre ganz nach oben in der Rockmusik-Liga geführt. Selbst seine berühmten 'Jodel-Attacken' beherrscht er immer noch nahezu perfekt. Klar, dass er das ebenfalls ausgiebig in Zusammenarbeit mit 'Clem' Clempson auslebte. Well done, Chris!
So gab es einen ganz starken Querschnitt seiner bekanntesten Songs der letzten Zeit. Aber Farlowe bot auch einige sehr interessante Gesangsduette mit Gerd Lange, wie beim Song "Shaky Ground". Auch drei Titel aus seiner aktuellen Solo-CD "Hotel Eingang" waren mit im Programm enthalten und wurden von den anwesenden Leuten prima angenommen.
Die Highlights des Abends aber waren wieder einmal seine beiden zeitlosen Überflieger schlechthin. So tobte der ganze Laden beim letzten Song der regulären Show, denn nun wurde "All Or Nothing" angestimmt. Sofort sang das Publikum den Refrain des Steve Marriott-Songs aus voller Kehle mit, was von der Band natürlich auch intensiv ausgekostet wurde. Und wenn ich ehrlich bin, dann muss ich zugeben: Ich liebe diesen Titel, auch wenn ich ihn schon hundert Mal gehört habe!
Ähnlich verhielt sich die Sache beim zweiten Hit, der diesmal als allerletzter Song des Abends gebracht wurde. "Out Of Time" beendete einen knapp zweistündigen Gig, der mich erneut voll überzeugen konnte. Die Hamburg Blues Band ist durch Hinzunahme der Keyboards noch variabler geworden. Adrian Askew hat sich hervorragend in die Band integriert und verstärkt auch noch die Backgroundvocals. 'Clem' Clempson hat jetzt auch wesentlich mehr Freiheiten, sein Gitarrenspiel voll zu entfalten, wobei sich mir bei der Erinnerung an seine Slide-Einlagen selbst einen Tag nach dem Konzert immer noch die Nackenhaare aufstellen. Dieser Mann ist wirklich unglaublich gut. Und wer einen Chris Farlowe in seinen Reihen hat, der hat ohnehin schon gewonnen.
Was mir speziell bei diesem Gig angenehm auffiel, war die wahnsinnige Spielfreude der Band. Das war sicherlich nicht unbedingt zu erwarten, denn schließlich kam die Gruppe nonstop direkt aus Österreich und traf erst gegen 18.00 Uhr in Isernhagen ein. Aber die Chemie scheint einfach zu stimmen, denn wenn man beobachtet, wie Chris so seine Späßchen mit seinen Kollegen treibt, dann muss man annehmen, dass hier eine tiefe Einheit entstanden ist. Farlowe ließ aber auch keine Gelegenheit aus, seine Mitmusiker zu foppen, sodass man immer wieder lauthals lachende Männer auf der Bühne sehen konnte. Dieses Konzert hat allen Beteiligten so richtig Spaß gemacht!
Line-up:
Chris Farlowe (lead vocals)
David 'Clem'Clempson (lead- & slide guitar, vocals)
Gerd Lange (vocals, rhythm guitar)
Adrian Askew (keyboards, vocals)
Michael 'Bexy' Becker (bass, vocals)
Hans Wallbaum (drums)
Setlist |
Set 1:
Rockin' Chair
Make My Day
Trouble Man
Bad To The Bone
Can't Last Forever
It Ain't Right
Into The Night
Hold Back
Set 2:
Crazy 'Bout My Baby
Lonesome Road
Don't Wanna Sing The Blues
Fog On The Highway
Shaky Ground
Don't Wanna Love You
Hard To Get Along With
Sing The Blues For You
Easy As That
All Or Nothing
Zugabe:
Got What I Want
Out Of Time
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Externer Link:
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