Wenn man sich etwas intensiver mit der Hamburg Blues Band beschäftigt, so wird man feststellen, dass sie des Öfteren etwas länger brauchen, bis ein neuer Tonträger das Licht der Welt erblickt.
Gut Ding will eben Weile haben, und bisher hat sich das Warten auch immer gelohnt, was sich besonders bei dem hervorragenden Live-Album der Gruppe zeigte, mit dem der Band ein wirkliches Highlight, sowohl vom Sound her als auch von der musikalischen Qualität gelungen ist. Warum also von guten alten Gewohnheiten abweichen?
Doch bei der aktuellen CD "Mad Dog Blues" gab es nun wirklich triftige Gründe für die Verzögerung des Veröffentlichungstermins. Schließlich mussten die Gitarren-Parts von Alex Conti (Ex-Curly Curve, Ex-Rosebud, Ex-Rockship), die teilweise schon im Kasten waren, nach seinem plötzlichen Ausstieg noch einmal ganz neu eingespielt werden, um auch Line-up-mäßig auf dem Laufenden zu bleiben. Und wer die Perfektionisten der Hamburg Blues Band kennt, der kann sich lebhaft vorstellen, dass diese Veränderungen nicht von einer Minute zur anderen erledigt werden konnten.
Was ist nun nach den Besetzungswechseln neu bei der HBB? Was hat sich verändert, nachdem Clem Clempson ( Colosseum, Ex- Humble Pie) alleine für die Leadgitarre zuständig ist und auch Adrian Askew ( Lake, Ex- Atlantis) an den Tasten mit dabei ist?
Zum Ersten ist natürlich festzustellen, dass die Qualität der Musik nach wie vor auf einem sehr hohen Level steht, was aber eigentlich bei diesen Hochkarätern vollkommen klar war. Und trotzdem ist Einiges anders geworden. Durch die Keyboards hat die HBB jetzt wesentlich mehr Spielraum um sich auszudrücken, zumal Adrian sich nicht nur begleitend einbringt, sondern auch oftmals solistisch an Orgel und Piano in Erscheinung tritt. Daraus entwickelten sich wesentlich differenziertere Songs, die der Band sehr gut zu Gesicht stehen. Da Clem Clempson auch öfter mal den Flaschenhals überstreift, decken die sechs neuen Titel einen wesentlich größeren musikalischen Bereich ab, als die älteren Aufnahmen. Neben Funk-Einlagen und Boogie-Rhythmen sind manchmal sogar zarte Southern Rock-Anleihen zu hören, wie "It Ain't Right", bei dem Clempson am Mikrofon zu hören ist, belegt. Da sind der Band in Sachen Songwriting einige wirklich gute Würfe gelungen. Für die Texte war übrigens wieder Pete Brown verantwortlich, der schon vor vierzig Jahren die Lyrics für zahlreiche Cream-Klassiker schrieb.
Die eigentliche Überraschung auf dem Album ist für mich allerdings "Into The Night", denn diese sehr ruhige Ballade entwickelte sich vom ersten Anhören an zu meinem persönlichen Anspieltipp, bei dem die ausdrucksstarken Vocals von Gert Lange ein richtiges Highlight sind und durch ein wunderschönes Gitarrensolo perfekt ergänzt werden. Dieser für die Hamburg Blues Band eigentlich ziemlich untypische Song setzte sich sofort in den Gehörgängen fest und lässt mich einfach nicht mehr los. Ganz großes Kino!
Den Rest der CD bilden, auch das ist ja schon gute alte Tradition, einige Songs, die die Hamburg Blues Band zusammen mit Gästen eingespielt hat. So ist diesmal die unvergleichliche Maggie Bell (Ex- Stone The Crows) mit ihrem Free-Cover "Wishing Well" dabei, das schon seit Jahren zu ihrem festen Bühnenprogramm gehört. Und genau hier hätte ich mir gewünscht, mal eine neue Komposition auf die Ohren zu bekommen. Natürlich ist der Titel ein absoluter Klassiker, den es allerdings in unzähligen Versionen der schottischen Rocklady gibt. Da wäre etwas Neues vielleicht mal ganz angebracht gewesen.
Genau das Gleiche gilt auch für den zweiten Gast. Colosseum und Ex- Atomic Rooster-Shouter Chris Farlowe ist ja bekanntlich schon seit geraumer Zeit zusammen mit der HBB sehr erfolgreich auf Tour und sorgt dabei mit seiner unnachahmlichen Stimme immer wieder für tolle Konzerte. Und dennoch hätte ich mir für diese CD auch einige neue Stücke gewünscht, wie es auf dem "Touch"-Album mit Mike Harrison ( Spooky Tooth) schon mal praktiziert wurde.
Die hier verwendeten Live-Aufnahmen von der aktuellen Tour (mitgeschnitten im KFZ/Marburg, Quasimodo/Berlin und im Ulmer Zelt) sind zwar alle erste Sahne und belegen deutlich, wie gut die Musiker miteinander harmonieren. Natürlich kann man sich solche Perlen wie "All Or Nothing" und "Sing The Blues For You" immer wieder anhören, aber sie gibt es ebenfalls schon auf zig anderen Farlowe-Live-Alben. Auch hier wären ein paar frisch geschriebene Titel sicherlich sehr interessant gewesen.
Aber das ist meine ganz persönliche Meinung. Als Fazit bleibt festzuhalten, dass der Hamburg Blues Band mit "Mad Dog Blues" erneut ein tolles Album gelungen ist, das die ganze Klasse der Gruppe zeigt. Diese Band steht nach wie vor für Qualität der Marke 'Made in Germany' und ist auch in der neuen Besetzung ein absoluter Top-Act!
Line-up:
Gert Lange (lead vocals, rhythm guitar)
Clem Clempson (lead guitar, backing vocals, lead vocals - #6)
Adrian Askew (Hammond B3, Moog, electric piano, backing vocals)
Hans Wallbaum (drums, backing vocals)
Michael Becker (bass, backing vocals)
Chris Farlowe (lead vocals - #8,10,11,12)
Maggie Bell (lead vocals - #3)
Tracklist |
01:Bad To The Bone (5:15)
02:Can't Last Forever (4:17)
03:Wishing Well (3:28)
04:Into The Night (4:16)
05:Birds Go Crazy (4:54)
06:It Ain't Right (4:50)
07:Weird (3:34)
08:Easy As That (4:47)
09:Trouble Man (4:47)
10:Don't Wanna Sing The Blues (4:10)
11:Sing The Blues For You (7:51)
12:All Or Nothing (5:46)
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