Hamburg Blues Band Live On The Edge Tour 2006 29. September 2006 Wolfenbüttel, KuBa-Halle Stil: Blues Rock Artikel vom 04.10.2006 Jürgen Bauerochse

Als ich mir den diesjährigen Konzerttermin der Hamburg Blues Band notierte, musste ich erst mal recherchieren, wann ich die Truppe zuletzt live gesehen habe. Donnerwetter, auch schon wieder über 4 Jahre her. Kann das überhaupt sein? Das kam mir noch gar nicht so lange vor. Des Rätsels Lösung war dann aber ganz einfach. Durch die vielfältigen Aktivitäten von Michael 'Bexy' Becker und Alex Conti sind die beiden Musiker bei mir eigentlich immer irgendwie präsent, nicht zuletzt durch zwei Auftritte von Lake und dem Erscheinen der Live-CD
Live On The Edge Of A Knife von der Hamburg Blues Band, auch von mir für Rocktimes rezensiert.

Es wurde also echt mal wieder Zeit für eine Stippvisite. Die Band hatte ja ziemlich schwierige Zeiten zu überstehen. Zunächst musste der Tod von Dick Heckstall Smith im Dezember 2004 verkraftet werden, der mit Sicherheit eine große Lücke bei den Fans, wie auch bei der Gruppe selbst, hinterlassen hat. Dann ist auch die Zusammenarbeit mit Mike Harrison vorbei. Auch das bestimmt ein herber Verlust, zumal mit dem ex-Spooky Tooth-Shouter das hervorragende Album "Touch" eingespielt wurde. Also nicht gerade ideale Voraussetzungen für eine erfolgreiche Tour.

Doch nichts deutete auf irgendwelche Anspannungen innerhalb der Band hin. Schon gleich am Eingang der KuBa-Halle lief mir ein relaxter Hans Wallbaum in die Arme und versicherte lächelnd, dass es »heute richtig zur Sache gehen« würde. Na also, das hörte sich ja schon mal ganz gut an. Zur gleichen Zeit läuft auf der Bühne die letzte Feinabstimmung der beiden Axemen Alex Conti und Gerd Lange. Alles muss perfekt klingen, und, um es vorweg zu nehmen, das wird es auch. Nach ein paar Minuten ist auch das erledigt und ein breit grinsender Alex verlässt den Saal, nicht ohne mich mit einem »Sieh an, die Presse ist ja auch wieder da« hochgenommen zu haben. Ja, so sind sie nun mal, diese Rockmusiker!

Diese gute Stimmung blieb auch den ganzen Abend erhalten. Der Band merkte man die pure Spielfreude während der gesamten Zeit an. Auch das Publikum war gut drauf und honorierte jede einzelne Soloeinlage mit stürmischem Zwischenapplaus. Alle hatten ihren Spaß in dieser relaxten Atmosphäre. So dauerte es auch nicht lange bis sich immer mehr Mädels vor der Bühne versammelten und, übrigens sehr zur Freude der Musiker, zu tanzen begannen. Na ja, wer sieht so was denn nicht gerne, besonders wenn man die Dreißig schon etwas länger überschritten hat!

Bedingt durch die aktuelle Besetzung besteht die 'Live On The Edge'-Tour, die sich bis in den Februar des nächsten Jahres hinziehen wird, natürlich vorwiegend aus den Songs der beiden Studio-Alben "Real Stuff" (1996) und "Rollin" (1999), bei denen Gerd Lange komplett den Leadgesang inne hatte. Aber auch diese Scheiben haben da jede Menge gute Musik zu bieten, und das zeigte die Hamburg Blues Band auch in diesem zweiteiligen Set.

Von den ersten Tönen an war die Gruppe hellwach, und es dauerte nicht lange bis Alex Conti seine ersten Fingerübungen einleitete. Ohne jede sichtbare Anstrengung lockte er die unglaublichsten Töne aus seinem Instrument heraus, als sei es die natürlichste Sache der Welt. Dieser Mann war und ist eben einer der besten Gitarristen Deutschlands. Auch seine Einlagen am Wah-Wah Pedal kamen ganz stark rüber, egal ob er sie leise und zart oder auch mal mit voller Power einsetzte. Großartig!

Gerd Lange war ebenfalls gut drauf und setzte seine ausdrucksstarke Stimme perfekt in Szene. Bei den leisen Parts verstärkte er sie immer wieder durch zusätzlichen Hall und Echo, was einen ganz besonderen Klang erzeugte. Kein Wunder also, dass die langsameren Nummern, wie "Make Love Strong" besonderen Anklang beim Publikum fanden. Übertroffen wurden sie eigentlich nur noch von den straffen Losgehnummern "Real Stuff", "Love Me Or Leave Me" und natürlich dem "Rattlesnake Shake". Dieser alte Fleetwood Mac-Klassiker ist für mich noch immer der beste Song, den die Hamburg Blues Band je aufgenommen hat. Klasse auch die lang ausgedehnte Version von "On My Way Home", schon immer einer der Highlights bei den Konzerten der HBB. Da passte einfach alles, auch wenn Gerd Lange textlich aus dem "Shake" schon mal einen "Rattlesnake Blues" machte, was auf der Bühne für weiteres Gelächter sorgte.

Obwohl ich die Setliste nicht vorliegen habe, bin ich mir ziemlich sicher, dass alle wichtigen Stücke der ersten beiden Alben gebracht wurden. Mit "Hold Back" gab es auch einen Titel vom "Touch"-Album, der allerdings ohne die Stimme von Mike Harrison etwas ungewohnt klang, musikalisch jedoch hervorragend rüber kam. Ihre ganze Vielseitigkeit zeigte die Hamburg Blues Band, als sie im zweiten Teil des Konzertes gelegentlich in Funkgefilde abdriftete und auch dem guten alten Rock'n'Roll der fünfziger Jahre ihren Tribut zollte.

Alles kam an diesem Abend absolut perfekt, und so war es klar, dass dieses Set nicht ohne Zugaben zu Ende gehen würde. So gab es als allerletzten Song mit "Into The Night" noch eine Ballade auf die Ohren, die einem eine Gänsehaut nach der anderen über den Rücken jagte. Dieser wunderbare Titel ist für das nächste Album vorgesehen, und darauf freue ich mich jetzt schon.

Überhaupt darf man gespannt auf das kommende Jahr sein, denn dann wird es eine Zusammenarbeit der Hamburg Blues Band mit dem Colosseum-Sänger Chris Farlowe geben. Auch für diese Konstellation ist eine CD mit anschließender Tour geplant. Ich hoffe, dass sich dieser Tross dann auch in meiner Nähe sehen lässt, denn da gibt es bestimmt wieder richtig gute Musik zu hören. Die Chance dazu besteht sicherlich, denn sowohl die HBB als auch Chris Farlowe gehören zu den regelmäßigen Gästen in der KuBa-Halle zu Wolfenbüttel.

Also gar keine Frage. RockTimes wird auch dann wieder mit von der Partie sein. Versprochen!