HeadCat / Walk The Walk...Talk The Talk
Walk The Walk...Talk The Talk Spielzeit: 27:35
Medium: CD
Label: Niji Entertainment Group, 2011
Stil: Rock'n'Roll, Rockabilly

Review vom 20.07.2011


Moritz Alves
Als im Jahr 2000 das erste Album des Trios Lemmy Kilmister, Slim Jim Phantom und Danny B. Harvey erschien, war die Band eigentlich als lustiges Nebenprojekt der drei Herren gedacht gewesen, und das saugute, tierisch ins Ohr gehende Scheibchen - passenderweise "Lemmy, Slim Jim & Danny B" benannt - galt als einmalige Aktion. Kennengelernt hatten sich die Musiker bei den Aufnahmen für ein Elvis-Tributalbum, und so widmeten sie sich auf ihrem eigenen Opus in Form von hochwertigen Coverversionen denn auch gänzlich dem Rock'n'Roll/Rockabilly der Fünfziger und Sechziger, der allen dreien persönlich ans Herz gewachsen ist.
Besonders Motörhead-Frontwarze Lemmy hatte tierischen Spaß und konnte seinen ursprünglichen Musikgeschmack erstmals so richtig ausleben. Dagegen sind Slim Jim (Stray Cats) und Danny B. (Lonesome Spur, The Rockats) auch sonst mit derartig gelagerten Klängen beschäftigt. Bei Motörhead aber bildet diese Rock'n'Roll-Ursuppe nur die Basis. Denn so laut, roh und ungestüm die Musik seiner Hauptband auch tönt, so sehr liebt Lemmy doch eigentlich den Rock'n'Roll, Rockabilly und Rhythm'n'Blues der Fünfziger und Sechziger. Dies ist die Musik, mit der er aufwuchs, die er als Teenager gehört hat und die er bis heute liebt. In Interviews nennt er immer wieder Little Richard als seinen absoluten Helden.
Das Debütalbum wurde 2006 unter dem griffigen Namen HeadCat (wahlweise auch The Head Cat) als "Fool's Paradise" wiederveröffentlicht. Ein cleverer Schachzug, denn dieses Etikett passt aufgrund der Namensbestandteile der Hauptbands wie die Faust aufs Auge. Und wie der nachträglich hinzugefügte Albumtitel deutlich macht, legte dieses (damals wiederveröffentlichte) Erstlingswerk den Schwerpunkt auf Buddy Holly-Coverversionen - simpel und effektiv produziert und im typischen Retro-Sound gehalten.
Elf (bzw. fünf) Jahre später sieht das etwas anders aus. Der Studio-Nachfolger "Walk The Walk…Talk The Talk" kommt insgesamt einen Ticken elektrischer rüber und enthält deutlich weniger Songs - statt stolzen 18 (bzw. 15) Stücken gibt's dieses Mal leider nur zwölf auf die Ohren - in weniger als einer halben Stunde Spielzeit. Darunter befinden sich mit "American Beat" und "The Eagle Flies On Friday" aber gleich zwei Eigenkompositionen, die gut in den Cover-Reigen reinpassen - mit "Trying To Get To You" ärgerlicherweise aber auch ein Stück, das schon auf dem Debüt zu finden ist. Gibt es nicht genug andere, legendäre Fünfziger-Songs (beispielsweise vom Lemmy-Idol Little Richard), die man stattdessen hätte verwenden können, anstatt diese ärgerliche Aufwärmmasche zu fahren?!
In musikalischer Hinsicht bietet "Walk The Walk…Talk The Talk" natürlich keinerlei Überraschungen. Es rockt genau so unbedarft, frisch und fröhlich aus den Boxen wie das Debüt, und hält gnadenlos die Retro-Fahne hoch. Durch die elektrischere, irgendwie lautere Soundausrichtung fehlt dem Ganzen meiner Meinung nach allerdings ein wenig der Charme, den das großartige Debüt ausgemacht hat. Akustikgitarren sind heute nämlich nicht mehr dabei.
Aber auch die Songauswahl war vor elf (bzw. fünf) Jahren besser, stärker, packender - auch wenn sie jetzt vielfältiger zu sein scheint. Heuer hat man die ganzen Buddy Holly-Klassiker schon verbraten, und daher wohl in Erinnerung ans Debüt wenigstens die Elvis-Nummer "Trying To Get To You" wieder aufgewärmt. Darüber hinaus gibt's das großartige "Say Mama" von Gene Vincent, das wunderbare "I Ain't Never" von Webb Pierce oder den derbe rockenden Klassiker "Shakin' All Over" von Johnny Kidd zu hören. Außerdem hat man Chuck Berry ("Let It Rock"), Eddie Cochran ("Something Else"), den Beatles ("You Can't Do That") oder Robert Johnson (dessen "Crossroads" klingt hier aber viel eher wie die geniale Cream-Version) Tribut gezollt. Die beiden Eigengewächse - braucht/erwartet der Fan so etwas von einer Combo wie HeadCat überhaupt? - fügen sich klanglich gesehen mühelos in die Auswahl ein, gerade der Opener "American Beat" klingt aber wie ein softer Motörhead-Track - Lemmy kann wohl einfach nicht aus seiner Haut. Dagegen ist "The Eagle Flies On Friday" ein wunderschöner, reduzierter Blues geworden, der es in sich hat.
Fazit: Wer sich mit HeadCat anlässlich des derzeitigen Hypes erstmals beschäftigen will, dem empfehle ich, sich den Erstling des Trios zuzulegen. Möglichst aber in der "Lemmy, Slim Jim & Danny B"-Version, wurde die "Fool's Paradise"-Neuauflage doch unverständlicherweise um drei Songs gekürzt. Natürlich ist auch "Walk The Walk…Talk The Talk" überhaupt kein schlechtes Album und wird bei HeadCat-Maniacs und Rock'n'Roll-Freaks zweifellos offene Türen einrennen, aber an das Debüt kommt das neue Album einfach nicht ran.
Line-up:
Lemmy Kilmister (bass, vocals)
Slim Jim Phantom (drums)
Danny B. Harvey (guitars, piano)
Tracklist
01:American Beat (1:43)
02:Say Mama (2:02)
03:I Ain't Never (1:53)
04:Bad Boy (1:58)
05:Shakin' All Over (2:33)
06:Let It Rock (2:07)
07:Something Else (2:04)
08:The Eagle Flies On Friday (3:22)
09:Trying To Get To You (2:24)
10:You Can't Do That (2:28)
11:It'll Be Me (1:58)
12:Crossroads (3:03)
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