Heaven And Hell / The Devil You Know
The Devil You Know Spielzeit: 54:02
Medium: CD
Label: Roadrunner Records, 2009
Stil: Heavy Metal


Review vom 26.05.2009


Christoph Segebard
Kinder, dass ich das noch erleben darf! …Ich halte es in Händen, und kann es immer noch nicht so richtig glauben. Das neue Black Sabbath-Album!
1995 war es, als das letzte Studio-Album, "Forbidden", das Licht der Welt erblickte. Dann kam die Reunion mit allen Gründungsmitgliedern - und mit ihr erst riesige Euphorie, dann, mit den Jahren, riesige Ernüchterung.
Aber es war noch nicht aller Tage Abend, und die Frustration hatte auch ihr Gutes: Mein heißgeliebtes Line-up von "Mob Rules" und Dehumanizer tat sich wieder zusammen, getrieben von der Tatenlosigkeit. Für mich als Hardcore-Fan von Black Sabbath und auch Dio wurde ein Traum wahr. …Aber jetzt ist es da: "The Devil You Know". Ja, diesen Teufel kennen wir. …Der Titel ist schonmal eine typische Geezer-Idee.
Und es gibt noch eine: Schon die Zahlen 25 und 41 auf dem Sabbath-Symbol bemerkt? Sie stehen für Matthäus Kapitel 25, Vers 41. Für die nicht ganz so Bibelfesten:
»Dann wird er auch sagen zu denen zur Linken: Geht weg von mir, ihr Verfluchten, in das ewige Feuer, das bereitet ist dem Teufel und seinen Engeln!«
Nachdem wir das registriert und uns über das heiße Cover gefreut haben, können wir nun mit dem Musikalischen beginnen - Zeit, die rosarote Brille abzunehmen! Ich möchte zumindest versuchen, objektiv zu sein - in diesem Fall wird es mir hoffentlich niemand krumm nehmen, wenn ich ein wenig parteiisch bin.
Tony Iommi klingt nach wie vor wie 5 Gitarristen auf einmal. Seine Gitarrenwände klingen ein klein wenig polierter als die drei neuen Songs auf "The Dio Years" - machtvoll, prachtvoll, majestätisch. Ein tolles Gefühl, sich diesen gigantischen Riffs wieder ergeben zu können. Zudem lässt er sich heuer nicht lumpen, was Soli angeht, und streut ab und an auch mal ein kleines Versatzstückchen ein, was die Struktur immer ein wenig auflockert und einfach stets willkommen ist, weil es nie langweilig wird, ihm beim Solieren zuzuhören. Teilweise spielt er so entfesselt, dass man heulen könnte vor Glück.
Geezer hat Spaß; wie die ganze Band. Herrlich! Er ist auf dem ganzen Album gut zu hören, was bei ihm einfach immer ein fettes Plus bedeutet. Die Art dieser Band, Songs zu schreiben, lässt ihm, wie schon in den 80ern, viele freie Räume - kleine Spielplätze zum Austoben, dass es die reine Freude ist. …Besonders toll: die Produkion, die größtenteils von der Band selbst übernommen wurde und super gelungen ist. Sie ermöglicht sogar, die kleinen Geräusche zu hören, die sein Bass beim harten Anschlagen macht. Er mag derjenige sein, der sich auf diesem Album mit seinem Instrument am meisten austoben kann.
Vinny geht ab wie immer. Nichts Spektakuläres gibt es - das ist klar, aber er ist wahrscheinlich der Einzige, der dem donnernden Gespann Iommi/Butler seine Regeln aufzwingen kann. Kraftvoll, präzise wie ein Uhrwerk, immer den richtigen Fill auf Lager. Er fügt auf dezente, weil fast unauffällige Art und Weise dieses starke, strenge Element zum Sound von Heaven & Hell hinzu, das einfach dazu gehört.
Ich möchte erwähnen, dass es in diesem Moment, da ich von Ronnie James Dio zu schreiben beginne, vor meinem Fenster zu blitzen und donnern beginnt.
Mit Recht, denn das kann man nicht oft genug sagen: Wie alt er auch immer sein mag - er klingt viel jünger. Nicht mehr so voller unbändiger Power wie früher - etwas melodischer, sauberer. Er hat sich jedoch seit "Magica" nicht verändert; höchstens zum Guten. Ein Abbauen sucht man vergebens. Viele schöne zweistimmige Harmonien findet man auf diesen zehn Songs, die aber keineswegs von seinem fehlenden Stimmumfang ablenken sollen - es fiel bei Dio noch nie besonders auf, aber auch auf diesem Album sind einige verdammt hohe Noten. Die Freude, ihm zuzuhören, ist bei mir ebenso ungebrochen: Dio in Bestform hören wir hier, so einfach ist das.
Die Auswahl, was für Songs man aufs Album nimmt, ist hervorragend. Langsam geht es los, und langsam geht es weiter, bis langsam der Mid-Tempo-Bereich in Angriff genommen wird. Alles Andere als zu langsam ist dieses Album unterm Strich, entgegen früherer Befürchtungen, sondern in der Tat goldrichtig gepaced.
Und so viel Spaß und Losgelöstheit man den vier Helden auch anmerkt: Gleichermaßen hört man, wieviel Arbeit und Herzblut in "The Devil You Know" gesteckt wurde. Da ist jeder Song liebevoll ausgearbeitet, greift alles wohlüberlegt ineinander. Das bringt uns zu einer weiteren Qualität - das Album ist ein echter 'Grower'; man lernt es erst nach mehreren Durchläufen wirklich zu schätzen. Immer besser gefallen die teils bärenstarken Songs, immer mehr kleine Kniffe erkennt man. Und es ist keine Dio-Iommi-Mixtur geworden, kein Dio-Solo mit Tony an der Gitarre, sondern eine echte Bandleistung mit Input von allen Mitgliedern.
Geezer Butler hat im Vorfeld gesagt, dass sie immer noch beim ersten Song wären, wenn sie dieses Album mit Ozzy aufgenommen hätten; was den Einen oder Anderen vielleicht zum Schmunzeln bringt oder Genugtuung verschafft - den größten Teil des Frusts löst aber die Musik selbst, denn sie sagt mehr als tausend Worte. Diese Freude, dieser Drang sind unbezahlbar und das eigentliche Geschenk für den, der zwischen Zeilen und Noten liest.
Tja - wir haben hier also ein Debütalbum der etwas anderen Art. Und das vielleicht größte Lob kommt jetzt: Es ist ein wenig anders, und reiht sich dennoch nahtlos in die Abfolge ein. "Heaven And Hell", "Mob Rules", "Dehumanizer", "The Devil You Know". Liest sich gut, denn nach genug Durchläufen für eine detaillierte Meinung fällt mir hier gar kein Einschnitt, kein Bruch mehr auf, der die Werke voneinander trennt. All die Jahre sind vergessen - ich möchte es nur noch genießen. …Und das geht auch ganz ohne rosarote Brille, mein Wort drauf.
Line-up:
Ronnie James Dio (vocals)
Tony Iommi (guitar)
Geezer Butler (bass)
Vinny Appice (drums)
Tracklist
01:Atom And Evil
02:Fear
03:Bible Black
04:Double The Pain
05:Rock And Roll Angel
06:The Turn Of The Screw
07:Eating The Cannibals
08:Follow The Tears
09:Neverwhere
10:Breaking Into Heaven
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