Houston liegt in Norditalien! Oder so ungefähr ... zumindest kommt diese Band (nicht zu verwechseln mit der AOR-Truppe Houston!) aus Piacenza. Erkennt man nicht am Bandnamen, höchstens vielleicht am Akzent von Sänger Niko Savinelli ... zumindest bei genauerem Hinhören und Mitlesen der Lyrics. Äußerlich - mit Tattoos und Schminke und Metallpartikeln versehen - erinnern Houston an einen Mix aus Sleaze- und Gothic Rock. Musikalisch sieht's ein bisschen anders aus.
Den Sleaze streichen wir mal wieder (fürs Erste); mit Gothic können wir aber gleich was anfangen - die düsteren und eindringlichen, meist klagenden Atmosphären können dem Genre zugeordnet werden. Ansonsten passiert auf dem zweiten Album der Band ziemlich viel Alternative Rock und Modern Metal. Aber was ist 'Modern Metal'? Naja, 'as untrue as can be', um es negativ auszudrücken. Experimentell, forsch, perfektionistisch und kantenfrei produziert mit allerlei Effekten ... klingt schon neutraler.
Houston machen aber keinen 'Nu Metal' oder wie das Zeug heißt (gibt es das eigentlich noch?). Hier wird weder gerappt noch sinnfrei-postpubertär geschrammelt. Es klingt vielmehr nach düsterem Metal mit tief gestimmten Gitarren, sehr emotional, mit einem Hang zu wehmütigen und beklemmenden bis lautstark und sehr energisch klagenden Atmosphären. Und die kommen überwiegend mit einem kräftigen Breitwand-Bombast daher.
Zahlreiche Effekte, Industrial-lastige Drives und Gitarren, die schon mal bis ins Quietschen übersteuert sind, sorgen für einen nahezu steril-düster-harten Gesamtsound. Der passt prima ins Konzept, denn die Texte drehen sich um Gefühle von Entfremdung, innerer Gefangenheit und Anspannung - ein bedrohlicher Touch ist allgegenwärtig. Fast könnte man meinen, die Stücke zeichneten ein bedrückendes Zukunftsszenario, aber es ist nicht viel Zukunft dabei, es geht um das Hier & Jetzt.
Houston zeichnen sich vor allem durch drei Dinge aus. Erstens ein hoher Härtefaktor inklusive reichlich Double Bass. Zweitens viele experimentelle Passagen: Strophen mit elektronischen Effekten, Flüstergesang mit 'gespenstischem' Effekt etc. Und drittens sehr melodische Refrains - da haben sie wirklich einige Teile am Start, die sehr ordentlich ins Ohr gehen! Kombiniert bedeutet das auch viel Abwechslung - die Songs haben dank diverser Drives recht ansprechende Spannungskurven.
Letztlich erinnern Houston etwas an Alternative-Gruppen à la Billy Talent, aber auch an modern und 'unklassisch' klingende Metalbands wie Disturbed, gerade auch durch diverse Shout-Einlagen in den Chorussen mit einer ordentlichen Fäuste-in-die-Luft-Attitüde. Und irgendwie ist der Sound auch gar nicht so weit weg von Meister Ozzy anno zwo-elf auf Scream. Und genau da liegt natürlich auch der Hund begraben: Wer mit modernen Experimenten nix anfangen kann, sollte von Houston die Finger lassen.
Alle anderen dürfen der Italo-Combo mal ein Ohr leihen, denn das, was sie da machen, das machen sie mit jugendlicher Power und gutem handwerklichen Können. Anspieltipps sind die Heavy-Hymne "Planet Terror", der brachiale Rumpler "Black Rose" oder auch die sehnsüchtige Powerballade "Mechanical Breath", die wirklich sehr eindringlich besagte Trostlosigkeit ausdrückt. Die Eindrücke dieser Stücke wiederholen sich dann im Laufe des Albums etwas.
Und letztlich gibt es dann sogar doch noch Sleaze-Einschläge, nämlich bei "Sick, Sex, Six" oder auch "My Swedish Baby Looks Like A Star". Die kommen mir allerdings etwas zu rotzig rüber. Diese moderne Adaption der 80er-Einflüsse missfällt mir schon bei neueren Skid Row-Alben. Sie haben ein bisschen zu viel gewollt. Insgesamt bleibt "Mechanical Sunshine" dennoch ein interessantes Album einer jungen Band mit Potenzial, die sich aber noch ein bisschen entscheiden muss, was sie denn nun eigentlich will.
Line-up:
Niccolo Savinelli (lead vocals)
Phil (guitar)
Gaby Facchini (bass)
Giovanni Savinelli (drums)
Tracklist |
01:Shine Of The Rusty Gear
02:Planet Terror
03:Anghell Clown
04:Let Me Shout
05:Mechanical Breath
06:Black Rose
07:One Day
08:Generation 09
09:Velvet Pressure
10:Truth About Me
11:Sick, Sex, Six
12:My Swedish Baby Looks Like A Star
13:Cold
14:Dragula
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