Als regelmäßiger 'tff'-Besucher kennt man natürlich diverse skandinavische Folk-Musikerinnen, die die heimische Tradition weiterführen. Altes und neues Instrumentarium, solo oder in Combos, mit oder ohne Gesang - fast immer klingt es nach alten nordischen Sagen, nach lichten, lebensfrohen Sommern und endlos erscheinenden Wintern voller Melancholie und stillem Tod. Es geht ein seltsamer Reiz von diesen Frauen aus, die immer ein wenig wie aus der Anderswelt stammend, sinnenbetörend spielen und singen.
Drei nordische Waldnymphen
Im Huldrelokkk, dem 'Lockruf der Waldnymphen', haben sich drei aus verschiedenen Ländern zusammengefunden, deren erste gemeinsame Produktion "Trolldans" nun vorliegt. Die in Norwegen geborene jetzige Berlinerin Kerstin Blodig gehört zu den profundesten Vertreterinnen nordischer und keltischer Musik, die seit Jahren in Mittel- und Nordeuropa mit diversen Bands und Projekten (z.B. Kelpie, Norland Wind) bekannt ist. Auch ihre schwedische Kollegin Mia Gunberg Ådin steht als Vertreterin der Folklore ihrer Heimat Bohuslän schon seit drei Jahrzehnten in verschiedenen Formationen (z.B. Hemållt, Woodbine) auf der Bühne. Beide wurden mit verschiedenen Musik- und Kulturpreisen ausgezeichnet. Dritte im Bunde ist die junge Liv Vester Larsen aus Dänemark, die eben ihr Studium in Skandinavischer Volksmusik abgeschlossen hat. Sie ist noch in verschiedenen Jugendorchestern aktiv. Drei hervorragende Sängerinnen, drei ebensolche Instrumentalistinnen, die sich einander bestens ergänzen. Die beiden Geigen von Gunberg Ådin und Larsen bilden zusammen mit der Gitarre von Blodig die Basis für die Stimmen, das Album wurde quasi "live im Studio" in Berlin bei Jörg Surrey aufgenommen.
Sinnenbetörende Stimmen
Rascheln, Wispern, ein helles Lachen - bereits mit den ersten Tönen dieses Album fühlt man sich wie im verwunschenen Wald mitten unter den Nymphen, die auf einer Lichtung ihren Tanz aufführen. Ein schwungvoller, vielversprechender Auftakt mit dem Titelsong dieses Debüts, der den dafür empfänglichen Hörer sofort gefangen nimmt. Die drei fantastischen Stimmen harmonieren wundervoll und das wird beim zweiten Song noch deutlicher, der zunächst fast drei Minuten a capella beginnt und im zweiten Teil instrumental fortgesetzt wird. Bei der dänischen Ballade "Kirstin" hören wir sie erneut pur, nun jedoch als mehrstimmigen Chor - ein betörender Klang! Danach stehen die drei Frauen abwechselnd im Fokus, wer die jeweilige Gesangs-Solistin ist, lässt sich jedoch aus dem ansonsten vorbildlichen Booklet nicht entnehmen. "Vaggvisa Fran Älvdalen" ist wohl die schwedische Version als Schlaflied von "Dat du min Liebste bist", zur Zupfgitarrenbegleitung gesungen. "De To Söstre" mutet dramatisch an, mit einem irren Geigensolo im Mittelteil. Aus Norwegen kommt "En Sang Til Deg/Sexpolskan", dem die einem Modell aus dem 17. Jahrhundert nachgebaute Fiedel von Mia Gunberg Ådin den besonderen Touch gibt. Beim nachfolgenden "Reven/Polska Efter Byss-Kalle" ertönt wieder der süchtig machende Sirenenchor, im Mittelteil von einem Stampfrhythmus betont und dann in ein Tanzlied übergehend. Verletzlich im Gesang und zart in der Begleitung hören wir "Den Störste Darlighet", einen Song über eine unerfüllte, schmerzliche Liebe.
Die Folk-Platte des Jahres!
"Dronningens Contillion" - nach verhaltenem Beginn geht die Post mit den beiden Geigen ab - fast schon ein wilder keltischer Jig, bei dem auch wieder die irren Lockrufe ('Lokk' oder 'Kulning') zu hören sind. Von Gotland stammt das nur mit dezenter Perkussion unterlegte, fröhliche "Det Stod En Jungfru Vid En Brunn", das in den norwegischen Tanzsongs "Huldrehalling" und "Lars Linkerifot" seine Fortsetzung findet. Mit dem schwedischen Frühlingslied "Äggavisan" verabschieden sich die drei wunderbaren Musikerinnen auf ihrem gemeinsamen Plattendebüt, das ein Highlight der nordischen Folkmusik darstellt und zu den schönsten Folk-Platten des Jahres zählt. So muss Tradition heute klingen, kompetent interpretiert und modern gespielt! Fast alle Stücke sind mehrteilig aufgebaut, die Arrangements sind luftig, haben aber auch Groove und wurden von Kerstin Blodig hervorragend produziert - große Klasse in allen Bereichen. Besser als "Trolldans" kann eigentlich nur Huldrelokkk live sein - beides ein absolutes Muss für echte Folkies - und eine schwere Empfehlung für das nächste 'tff'!
Wie gesagt, auch das Booklet lässt (fast) keine Wünsche offen, alle Texte sind im Original und in englischer Übersetzung enthalten, versehen mit kurzen Anmerkungen der Musikerinnen; unterlegt mit stimmungsvollen Fotos von den 'Waldnymphen', ihren Instrumenten und nordischen Landschaften. Der Sound macht den Genuss dieses Albums vollkommen. Bliebt nur zu hoffen, dass man sich den Namen Huldrelokkk merken kann …
Line-up:
Kerstin Blodig (N/D) (vocals, guitar, bodhrán, bouzouki)
Mia Gunberg Ådin (SE): (vocals, fiddle, nykkelharpa)
Liv Vester Larsen (DK): (vocals, fiddle, percussion)
Guest:
Urs Fuchs (double bass)
Tracklist |
01:Trolldans
02:Halling Etter Thorvald Tronsgard
03:Kirstin
04:Vaggvisa Fran Älvdalen
05:De To Söstre
06:En Sang Til Deg/Sexpolskan
07:Reven/Polska Efter Byss-Kalle
08:Den Störste Darlighet
09:Dronningens Contillion
10:Det Stod En Jungfru Vid En Brunn
11:Huldrehalling
12:Lars Linkerifot
13:Äggavisan
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