Hundred Seventy-Split / The Road
The Road Spielzeit: 72:41 (CD 1), 46:39 (CD 2)
Medium: Do-CD
Label: Corner House Records, 2015
Stil: Blues Rock

Review vom 11.02.2015


Jochen v. Arnim
Über die Entstehungsgeschichte von Hundred Seventy-Split (HSS) muss man ja mittlerweile kein Wort mehr verlieren. Die Umstände, die zur 'Loslösung' Leo Lyons' und Joe Goochs von
Ten Years After geführt haben, sind hinreichend bekannt. Wer da allerdings noch ein wenig der Nachhilfe bedarf, der möge sich die entsprechenden Rezensionen zur Special Edition, zum Langrillen-Debüt The World Won't Stop, diversen Live-Berichten oder zur brandaktuellen Studioscheibe HSS einverleiben, dann bleiben keine Fragen mehr offen.
Als gefühlt unermüdlich tourendes Trio mussten die Jungs von HSS zwangsläufig früher oder später mit einer ordentlichen Live-Dokumentation vor den Tag kommen. Und dieser Tag ist nun tatsächlich und endgültig da: "The Road" heißt das gute Stück und es handelt sich dabei um einen ganz feinen Doppeldecker. Zwei Scheiben teilen sich insgesamt satte zwei Stunden Musik, d. h. wir haben es hier mit einem richtig guten Konzert zu tun.
Aufgenommen wurde das Ganze allerdings nicht während einer einzelnen Show, sondern man hat quasi das Beste aus der im Oktober/November 2014 stattfindenden Tour durch Deutschland und Polen zusammengeschnitten. Das Berliner Quasimodo war dabei ebenso Schauplatz wie der Blues Club in Stettin oder das Bürgerhaus in Dudenhofen.
Lyons, Gooch und Sawyer beginnen 'ihr Set' mit dem für einen Opener bei einem Blues Rock-Konzert am prädestiniertesten Stück, "Where The Blues Began" und neben der extrem songdienlichen Arbeit des Schlagzeugers wird sofort klar, was bei HSS Sache ist: feinstes Gitarrenspiel und wummernder Bass. Lyons hämmert sich in seiner unverwechselbaren Art durch die tiefen Töne, wie er es schon weiland 1969 bei Woodstock so eindrücklich tat. Gooch beweist einmal mehr, dass er nicht ohne triftigen Grund ab 2003 bei Leos früherer Formation TYA an der Gitarre stand und singen durfte.
"Pork Pie Hat" ist dann auch an zweiter Stelle direkt vom neuen Album, "HSS", und wer es noch nicht kennt, der merkt sofort, wie gut sich das Stück inmitten der 'älteren' Sachen macht. Und um Drummer Sawyer gegenüber ein Zeichen zu setzen (ich behaupte das jetzt einfach mal), flicht die Band bereits sehr früh auf dem Doppelalbum als erstes Solo das des Trommlers ein. Feiner Zug!
Natürlich geht kein HSS-Gig ohne die schier endlos anmutenden Jam-Phasen ab und wir bekommen besonders bei den längeren Stücken ausreichende Gelegenheit, uns genussvoll zurückzulehnen und den tollen Soli zu lauschen. "Gonna Dance On Your Tombstone", ebenfalls von "HSS", oder auch das immer wieder tolle "Going Home" vom Debüt eignen sich hervorragend dafür. Brilliant sind auch die Tribute an den leider zu früh verstorbenen Meister der sechs Saiten, Alvin Lee.
Hierfür hat sich das Trio "Fifty Thousand Miles Beneath My Brain" und "Love Like A Man" ausgesucht. Stücke, die man zwar auch bei TYA naturgemäß immer wieder mal gehört hat, aber das soll die Qualität dieser Verneigung nicht ansatzweise schmälern. Später kommt dann noch der Uralt-Klassiker, mit dem die Ur-Band bei Woodstock Furore machte und der in keiner halbwegs gut sortierten Plattensammlung fehlen darf: "I'm Going Home" (nicht mit der HSS-Komposition "Going Home" zu verwechseln).
Aber die drei Blues-Rocker nehmen auch andere Kollegen mit in ihr Live-Repertoire auf, so das unerreichte "Good Morning Little Schoolgirl" von John Lee 'Sonny Boy' Williamson oder "Poison" von Bert Jansch oder ein sehr cooles "Tennessee Plates" von John Hiatt. Das macht insgesamt ein extrem authentisches Bild einer typischen Live-Show von Hundred Seventy-Split aus. Nicht nur die eigenen Stücke werden großartig dargeboten, auch die Hommagen an berühmte Kollegen kommen ausgesprochen gut und sehr gefühlsbetont durch die Speaker in des Hörers Ohr.
Bereits einige Male habe ich an dieser Stelle betont, wie sehr ich auf gute Live-Alben stehe. Jene Aussage möchte ich hier erneut wiederholen und dabei die Empfehlung für die Leser aussprechen, "The Road" mehr als nur eine einmalige Chance des Hörens zu geben - dieses Album wird zumindest bei mir ganz weit vorne im Regal stehen. Und wer sich selbst ein Bild davon machen möchte, wie wirklich gut das Trio auch live rüberkommt, dem empfehle ich zusätzlich einen Blick in unseren Terminkalender, denn die nächste Tour von Hundred Seventy-Split steht schon bald an.
Line-up:
Joe Gooch (vocals, guitars)
Leo Lyons (bass)
Damon Sawyer (drums)
Tracklist
CD 1:
01:Where The Blues Began
02:Pork Pie Hat
03:Let The River Flow
04:The Smoke
05:Gonna Dance On Your Tombstone
06:Going Home
07:Fifty Thousand Miles Beneath My Brain
08:Love Like A Man
09:The World Won't Stop
10:The Sound Of Goodbye
11:The Devil To Pay
CD 2:
01:Good Morning Little Schoolgirl
02:Poison
03:No Deal
04:Tennessee Plates
05:Do You Wish You Were At Woodstock
06:I'm Going Home
07:Bad Blood
08:King Of The Blues
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